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Die neue Brotzeit

Andreas Vollmar sitzt in der ersten Reihe fußfrei. Zumindest in der Backbranche. Er beschäftigt sich damit, welches Brot wir morgen essen werden und wie sich das Konsumverhalten verändern wird. Vollmar ist Mitglied der Geschäftsführung und Produktentwickler beim Backgrundstoffhersteller Backaldrin aus Asten. Im Gespräch erzählt er, wie man Produktentwickler wird, wie Innovationen entstehen und wie man diese vor der Konkurrenz schützt.

Wie wird man Produktentwickler?

Vollmar_Ich komme aus einer Bäckerfamilie und habe das Handwerk von Grund auf gelernt. Nach der Lehre habe ich über den zweiten Bildungsweg die Hochschulreife absolviert, auf der FH Lebensmitteltechnologie mit Schwerpunkt Getreidetechnologie studiert. Mein Anliegen war es ,bis ins Detail zu verstehen, wie Brotbacken funktioniert. Ich wollte ganz genau wissen, was etwa bei der Teigzubereitung und bei der Brotherstellung passiert. Und vor allem: Wie alle Komponenten beim Backen zusammenspielen. Wenn man diese Sachen einmal verstanden hat, kann man auch Brot, Gebäck und andere Produkte entwickeln.

Was muss man als Produktentwickler mitbringen?

Vollmar_Man muss ein gewisses Backverständnis haben, um einschätzen zu können, ob eine Idee überhaupt realisierbar ist, etwa ob sich ein Rohstoff verarbeiten lässt. Viele Mitarbeiter von mir sind Bäcker oder Bäckermeister, welche die Weiterentwicklung von Produkten sehr gut abschätzen können. Unsere Produkte müssen in der fertigen Backware schlussendlich auch funktionieren, insofern ist das bäckerische Element als Fundament sehr wichtig. Man muss auch die chemischen und physikalischen Zusammenhänge beim Backen erfassen können, um diese Gesichtspunkte mitbeeinflussen zu können. Dafür braucht man als Unternehmen die komplette Bandbreite an Kompetenz – Ernährungswissenschaftler, Lebensmitteltechniker, Lebensmitteltechnologen, Bäcker und Konditoren. Eine gute Produktentwicklung besteht aus einem Gesamtergebnis der einzelnen Teammitglieder. Das kann man nicht alles alleine machen, das ist Teamarbeit.

Wie entstehen Produktinnovationen bei Backaldrin?

Vollmar_Wir halten Augen und Ohren offen und schauen uns den Markt genau an. Da unser Vertriebsteam direkten Kontakt mit den Kunden hat, stimmen wir uns mit diesem immer wieder ab und holen uns Inputs. Weiters sind wir in engem Kontakt mit den Rohstofflieferanten und besuchen Messen, wo man neue Rohstoffe kennenlernt. Zusammengefasst: Wir gehen aufmerksam durch die Welt, um sowohl in der eigenen Branche als auch aus anderen Bereichen Trends aufzuspüren und diese in unserem speziellen Bereich der Brot- und Backwaren umzusetzen. Ein Beispiel dafür ist der aktuelle Trend zur Gesundheit.

Wie zeigt sich der Trend „Gesundheit“ bei der Entwicklung von neuen Backprodukten?

Vollmar_Es gibt ein viel größeres Interesse an Lebensmitteln als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren. Die Leute beschäftigen sich so intensiv mit Lebensmitteln wie noch nie. Das macht unseren Job noch einmal interessanter, weil den Produkten und den Lebensmitteln viel mehr Wertschätzung entgegengebracht wird. Gleichzeitig sind wir aber auch gefordert, noch mehr neue Produkte zu entwickeln.

Wie schützt man seine Innovationen vor der Konkurrenz?

Vollmar_Erstens: Was in der Pipeline für zukünftige Entwicklungen ist, wird natürlich nicht verraten. Zweitens: Unser Know-how ist das Zusammenspiel der einzelnen Rohstoffe und daher werden die Rezepte unter Verschluss gehalten. Teilweise werden auch die Rohstoffe und deren Bezeichnung innerhalb der Firma geheim gehalten. Natürlich probiert die Konkurrenz, gute Produkte zu kopieren. Das beste Beispiel dafür ist der Kornspitz: Seit Jahrzehnten versucht die Konkurrenz immer wieder das Original nachzubauen. Da kann man sich im Endeffekt schwer dagegen wehren.

Gab es auch schon Produktentwicklungen, die gar nicht geklappt haben?

Vollmar_Ein gutes Beispiel dafür ist paradoxerweise unser erfolgreichstes Produkt, der Kornspitz. Vor bereits 30 Jahren gab es Bestrebungen in Richtung Vollkorn, gesunder Ernährung oder Vitaminanreicherung – jedoch nicht mit dem gewünschten Erfolg. Denn diese Entwicklungen haben ein wesentliches Merkmal nicht beachtet: Dass solche Produkte auch schmecken müssen. Daher war das einzige Produkt aus dieser Zeit, das wirklich erfolgreich war, der Kornspitz. Der war seiner Zeit voraus. Es war damals immer das Thema: Was gesund ist, darf eigentlich nicht gut schmecken, etwa so wie bittere Medizin. Bei Backaldrin hat man aber begriffen, dass ein gesundes Produkt auch schmecken muss – der Erfolgslauf des Kornspitz begann.

Der Fachkräftemangel ist in fast allen Branchen gegenwärtig. Wie sieht es im Bereich der Bäcker und der Produktentwickler aus?

Vollmar_Im Bereich der Bäckerei gibt es – wie in der gesamten Branche – Nachwuchsprobleme. Es wird immer schwieriger, Lehrlinge und gute Bäcker zu finden, die auch für gute Produktentwicklung geeignet sind. Deshalb bilden wir Bäcker selbst aus. Ich trage etwa auch an der FH in Wels vor, weil wir dadurch Nachwuchs im Bereich Produktentwicklung und Qualitätsmanagement rekrutieren können. Außerdem bieten wir etwa HTL-Absolventen eine Lehre als Bäcker nach der Matura an. Die bringen das theoretische Wissen schon mit und können dies in einer praktischen Bäckerlehre gleich umsetzen._

Bereits vor 30 Jahren gab es Bestrebungen in Richtung gesunder Ernährung mit den Themen Vollkorn oder Vitaminanreicherung – jedoch nicht mit dem gewünschten Erfolg.

Andreas Vollmar Leiter Entwicklung und Qualität, Backaldrin

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