Sind Unternehmer nicht eigentlich die Bösen? Die freche Frage einer Schülerin bringt Alexandra Saidnader zum Lachen. Soeben hat die 44-Jährige in der NMS Enns die Auszeichnung zur Vorbildunternehmerin der Wirtschaftskammer erhalten und stellt sich dem Kreuzverhör der Schüler. „Chefs sind auch nur Menschen“, antwortet sie der kritischen Schülerin nach kurzem Nachdenken. „Sie brauchen ein menschliches Gespür und Respekt vor dem Gegenüber. Sonst sind sie nicht lange erfolgreich.“
Saidnader muss es wissen: Nach einer Lehre als Bürokauffrau und insgesamt 24 Jahren in ihrem Lehrbetrieb hat sie den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und ihr eigenes Unternehmen gegründet – in derselben Branche, im selben Ort, als direkte Konkurrenz zu ihrem früheren Arbeitgeber. Ein Schritt, den sie fast sieben Jahre danach immer noch als heikel bezeichnet, und eine Entscheidung, die sie heute als eine der besten ihres Lebens betrachtet.
Von Kebap bis Haubenküche
Saidnader GmbH heißt das Unternehmen, das sie 2012 ins Leben gerufen hat. Spezialisiert ist es auf die Planung, Montage und Wartung von Küchen und Einrichtungen in der Gastronomie. Mit zehn Mitarbeitern und einem Kundenstock von etwas mehr als 1.000 Betrieben „vom Pizza-Kebap-Stand bis zum Haubenrestaurant“ erwirtschaftete es im Jahr 2017 einen Umsatz von 2,2 Millionen Euro. Namhafte Kunden sind etwa die Eissalons Surace, die italienische Restaurantkette La Ruffa, die Bäckerei Winkler oder die Arkadenhof Gastronomie GmbH. „Ich bin oft bei meinen Kunden zu Gast und kann dabei immer wieder eigene Kreationen und hervorragende Speisen genießen“, freut sich Saidnader.
Dabei ist sie durch Zufall in der Branche gelandet: Als sie sich im Jahr 1988 zwischen einer Lehre im Einzelhandel, zur technischen Zeichnerin oder zur Bürokauffrau entscheiden musste, habe sie spontan die Firma Lamplmayr gewählt, „weil es der letzte Arbeitgeber war, der zugesagt hat. Ich hatte zwar keine Ahnung von der Branche, aber es hat mich hingezogen, auch weil es eine kleine, nette, familiäre Firma war“.
Mehr als Kaffee Holen
Die überschaubare Größe des Unternehmens hat sich als klarer Gewinn für Saidnader erwiesen: „Natürlich wird man als Lehrling zum Kaffee Holen geschickt, aber das war nicht alles. Ich habe sehr schnell sehr viel machen und überall reinschnuppern dürfen, ob jetzt Rechnungen, Lohnverrechnung, Bestellwesen, Buchhaltung oder Verkauf.“ Schon damals konnte sie diese verschiedenen Einblicke gut nutzen. „In der Berufsschule war ich eine der wenigen, die von allem eine Ahnung gehabt hat. Das Wissen ist enorm, das man in einer kleinen Firma mitbekommt, wenn man offen dafür ist.“
Diese Offenheit für Neues hat sie auch begleitet, als die Lehre in ein Angestelltenverhältnis übergegangen ist: „Mein Aufgabenfeld hat sich immer geändert. Kaum habe ich am Wifi die Bilanzbuchhalterprüfung geschafft, bin ich in den Außendienst gekommen, dann zur Küchenplanung und von dort wiederum auf die Baustellen. Mich hat immer alles interessiert.“ Gewachsen ist dabei nicht nur die Erfahrung, sondern auch die Verantwortung: „Das hat mich immer stolz gemacht, zeugt es doch vom Vertrauen in mich und die Arbeit, die ich leiste.“
Vertrauensbruch und Dankbarkeit
Warum dieses Vertrauen nach vielen Jahren in die Brüche gegangen ist, fällt Saidnader immer noch schwer zu erzählen. „Grundsätzlich war geplant, dass ich die Firma übernehme. Ein Jahr lang haben die Senior-Chefin und ich Gespräche geführt. Die Finanzierung und der Budgetplan waren schon fertig, nur an der Miete vom Gebäude sind wir gescheitert. Es wäre sich anhand des bisherigen Geschäftsverlaufs nicht ausgegangen.“ Enttäuschung schwingt in ihrer Stimme, wenn sie resümiert: „Es ist in Wahrheit nicht um viel gegangen.“
Letztlich hat sie die Reißleine gezogen und die Kündigung eingereicht. „Es war ein Bauchgefühl. Ich habe gar nicht viel über das Risiko nachgedacht, ich wusste nur, ich muss mich verändern.“ Das Konzept für eine eigene Firma hat sie ja schon in der Schublade gehabt, zudem die Kenntnis der Branche und zahlreiche Kontakte. „Ich bin dankbar dafür, dass ich die Möglichkeiten gehabt habe, mir in diesen Jahren das Grundwissen anzueignen. Das hat mir bei der Selbstständigkeit sehr geholfen. Mein Wissen war zwar nicht perfekt, aber ich habe überall ungefähr gewusst, was zu tun ist, und diese Grundkenntnisse ausgebaut.“
Erfolgsfaktor Lehre
Der Wechsel von einem Angestelltenverhältnis zur Firmengründerin ist nicht immer ohne Stolpersteine verlaufen. Zum Beispiel musste die Firma schon nach einem halben Jahr wieder übersiedeln, weil der Vermieter in Konkurs gegangen ist. „Fehler passieren, aber man sollte sie nur einmal machen. Heute wächst und gedeiht die Firma. Wir können laufend investieren, die Qualität verbessern und langsam das Eigenkapital steigern“, zeigt sich Saidnader zufrieden.
Einen Teil des Erfolgs sieht Saidnader im Faktor Lehre: So wie sie selbst hat jeder ihrer zehn Mitarbeiter einen Lehrabschluss. Ab Herbst soll es zwei Lehrplätze im Büro und in der Technik geben. Schon jetzt läuft die Lehrlingssuche an Schulen und im Bekanntenkreis. „Ein Handwerk und eine Lehre werden auch in Zukunft viel wert sein“, ist Saidnader überzeugt. Allerdings würden viele Eltern ihre Kinder in Richtung Matura und Studium drängen: „Für die einen passt die Schule besser, für die anderen die Lehre. Da sollte man der Jugend die Wahlfreiheit lassen.“ Die Lehre bietet viele Vorzüge, ist sich Saidnader sicher: „Da kann ich Theorie und Praxis bestens zusammenspannen und in jungen Jahren viel für den zukünftigen Beruf mitnehmen. Mit 18 oder 19 Jahren habe ich schon meine Position, verdiene mein Geld und kann darauf aufbauen, etwa mich mit Abendkursen weiterbilden.“
So wie sie es gemacht hat. „Ich habe bis heute nicht bereut, wie es gekommen ist, und würde es wieder so machen. Ich habe Spaß an meiner Arbeit. Und das kann ich nur jedem anderen wünschen.“
Karrierestufen
2018 Auszeichnung Vorbildunternehmerin WKOÖ
2012 Gründung Firma Snaidnader
2004 Wifi Bilanzbuchhalterprüfung
2002 Wifi Buchhalterprüfung
1991 Lehrabschluss und Beginn Angestelltenverhältnis
1988 Beginn Lehre Bürokauffrau bei Firma Lamplmayr