Textilbranche umkrempeln
Auch in anderen Bereichen arbeitet Lenzing mit der globalen Textilbranche zusammen, um sie nachhaltiger zu gestalten: „Viele große Marken kommen zu uns, ob wir ihnen dabei helfen können“, sagt Doboczky. Jährlich werden weltweit mehr als 100 Millionen Tonnen Fasern zu Textilien verarbeitet. Zwei Drittel davon sind erdölbasierte Fasern wie Polyester oder Polyamid, die letztlich auf Deponien landen oder als Mikroplastik bis zu 500 Jahre in den Ozeanen herumtreiben, bevor sie vollständig abgebaut sind. „Wir arbeiten mit einem nachwachsenden Rohstoff, der aus CO2 und Sonnenlicht entsteht, und machen ästhetische, funktionale und emotionale Produkte, die am Ende ihres Lebenszyklus wieder biologisch abbaubar sind“, unterstreicht Doboczky die Vorzüge der Lenzing-Fasern.
Diese bestätigt auch der Higg Materials Sustainability Index (MSI), der unterschiedliche Materialien auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt vom Rohstoff bis zum fertigen Stoff bewertet: Als Rohmaterial schneiden die Viskose-, Modal- und Lyocellfasern von Lenzing sogar besser ab als Bio-Baumwolle, ganz zu schweigen von konventionell hergestellter Baumwolle, die wegen ihres hohen Pestizid-, Wasser- und Landverbrauchs eine negative Öko-Bilanz aufweist. „Wenn wir es schaffen, dass ein Textilunternehmen statt 100 Prozent Polyester nur 90 Prozent verwendet und zehn Prozent unserer Faser zumischt, leistet es einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz und steigert zugleich den Tragekomfort des Produkts“, argumentiert Doboczky.
Der Druck auf die Modebranche, nachhaltiger zu agieren, werde in Zukunft weiter steigen, glaubt Doboczky. Daher will er als „Role Model“ andere Führungskräfte inspirieren, sich bereits jetzt für die UNO-Nachhaltigkeitsziele einzusetzen, sei es beim Weltwirtschaftsforum in Davos oder bei der Klimakonferenz in Kattowitz. Zugleich richtet sich Lenzing verstärkt an die Endkonsumenten, um Bewusstsein für das Thema zu schaffen. „Viele treffen ihre Kaufentscheidungen nicht auf Basis von Nachhaltigkeit. Und wenn sie es tun, ist es kein einfaches Thema: Was steckt denn jetzt alles an Umweltbelastung in einem Kleidungsstück? Welche Rolle spielen Farbe, Art der Verarbeitung, Transportwege, die Faser? Das muss man erklären. Und das versuchen wir.“
Ein guter Nachbar
An Projekten für die Zukunft herrscht also kein Mangel, denn „Nachhaltigkeit ist eine Entwicklung, die nie ein konkretes Ende erreicht“, meint Doboczky. Mittlerweile sei das Thema Teil der „Unternehmens-DNS“, weil es zum „Wachstums-, Innovations- und Profittreiber“ avanciert ist. „Wir müssen Gewinne machen, aber in einer Balance mit Mensch und Umwelt. Dass wir verantwortungsvoll mit der Umwelt umgehen und dass die Leute, die für uns und mit uns arbeiten, auch etwas davon haben.“ Dabei denkt Doboczky nicht zuletzt an die Menschen der unmittelbaren Umgebung: Ortsansässige, Zugereiste und Touristen in Lenzing würden oft gar nicht mehr merken, „dass hier ein Industrieunternehmen ist, dessen Betriebsgelände eher an die Raffinerie in Schwechat als an ein kleines Werkchen erinnert“. Durch konsequente Reduktion des ökologischen Fußabdrucks ist das Unternehmen zu einem guten Nachbarn geworden, sagt Doboczky: „Und jetzt reißen sich Mitarbeiter und Anrainer um die Karten, die jede Saison fürs Fischen in der Ager vergeben werden.“
Lenzing
Die Lenzing Gruppe mit Sitz in der gleichnamigen Gemeinde im Bezirk Vöcklabruck ist spezialisiert auf holzbasierte Cellulosefasern und -filamente und in einigen Bereichen Weltmarkt- und Innovationsführer. Vor 81 Jahren gegründet, beschäftigt das Unternehmen heute weltweit 6.488 Mitarbeiter (davon 48 Prozent in Österreich) und hat im Geschäftsjahr 2017 insgesamt 2,26 Milliarden Euro umgesetzt.