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Auf ein Bier mit Magne Setnes

Zum zehnten Mal präsentierte die Brau Union Österreich den Bierkulturbericht – erstmals unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Magne Setnes. Was den gebürtigen Norweger an Österreich überrascht hat, warum alkoholfreie Biere immer wichtiger (und besser) werden und welche Braurezepte sogar für ihn geheim sind, hat uns der 48-Jährige bei dem einen oder anderen Bier verraten.

Worum sich Setnes (Berufs-)Alltag dreht, erkennt man in seinem Büro auf den ersten Blick. Bier, Bier und nochmals Bier. Dutzende Flaschen- und Dosenbiere der verschiedenen Brau Union Österreich-Marken stehen fein säuberlich aufgereiht in zwei gewaltigen Regalen. An der Wand: Tafeln mit Bierwerbung. Auf seinem Schreibtisch: eine Glaskugel mit Bierwelle, dem Logo der Brau Union Österreich. Besonders auffällig ist aber die „Alkoholfreie Zone“ – ein Kartonständer, befüllt mit alkoholfreien Bieren und Radlern. „Diese Ständer werden bald auch in Supermärkten und der Gastronomie zu finden sein“, verrät Setnes. Die Brau Union Österreich will ihre Produkte ohne Alkohol sichtbarer machen, laut Bierkulturbericht 2018 wird dieser Markt wichtiger. Vor einigen Jahren wäre das noch undenkbar gewesen: Immer mehr Menschen greifen zu alkoholfreien Bieren, vier von zehn Befragten gaben an, heute mehr davon zu trinken als früher. „Einerseits ist das auf den aktuellen Gesundheits-Megatrend zurückzuführen, andererseits liegt das auch am Geschmack, der immer besser wird“, sagt Setnes. Früher wurde alkoholfreies Bier mit einem gestoppten Gärungsprozess gebraut. Dabei kommt das Bier nur kurz in Kontakt mit der Hefe. Die Folge ist ein sehr malziges Aroma. Seit etwa zwei Jahren wird ein von der Brau Union Österreich entwickeltes neues Verfahren angewendet, bei dem klassisches Bier gebraut und anschließend der Alkohol entfernt wird. Der Geschmack bleibt. „Mittlerweile sind wir in der Lage, richtig gute alkoholfreie Biere zu brauen“, erzählt Setnes und öffnet zum Beweis zwei Heineken – die Marke des Mutterkonzerns der Brau Union Österreich – mit 0,0 Prozent Alkohol. Der anwesende Fotograf, eigentlich ein überzeugter Gegner von alkoholfreiem Bier, nimmt einen Schluck. „Gar nicht so schlecht“, murmelt er erstaunt. Setnes lacht, diese Vorurteile kennt er nur zu gut. „Teilweise kämpfen Biere ohne Alkohol noch mit einem schlechten Image aus der Vergangenheit, das wird sich aber bald ändern“, prophezeit er. 2019 bringt die Brau Union Österreich einige neue alkoholfreie Produkte auf den Markt – wie etwa den „Gösser NaturRadler 0.0“. Setnes: „Ein spannender Schritt für uns. Wir glauben, dass der Radler dem Segment einen richtigen Push geben kann.“

Leidenschaftliche Diskussionen mit Braumeistern

Trotz allem ist alkoholfreies Bier (noch) ein Nischenprodukt, klassisches Bier bleibt der Hauptmarkt der Brau Union Österreich. 105,4 Liter Bier tranken die Österreicher 2017 im Schnitt, weltweit liegen wir damit auf Platz zwei hinter den Tschechen. Laut Bierkulturbericht sagen mehr als 50 Prozent aller erwachsenen Österreicher, dass Bier „sehr wichtig“ für die österreichische Kultur ist. Setnes ist gebürtiger Norweger, studierte und arbeitete in den Niederlanden für Heineken und als Supply-Chain-Chef für den Konzern in den USA. Nirgends hat er einen ähnlichen hohen Stellenwert des Biers erlebt wie in Österreich. „Bei den verschiedensten Events im Land, während der Festsaison, überall gibt es Bier. Oft sogar als zentralen Bestandteil der Feier, wie etwa beim Bieranstich. So etwas gibt es in den Niederlanden nicht“, sagt Setnes. Auch die enorme Vielfalt am Markt ist einzigartig. 273 Brauereien und mehr als 1.000 Biersorten gibt es im Land, dazu kommen von den weltweit 3.500 diplomierten Biersommeliers etwa 400 aus Österreich. Jede Region hat ihr eigenes, charakteristisches Bier. In den USA hat Setnes erlebt, was passiert, wenn das nicht so ist. „Dort haben die meisten Biere sehr ähnlich geschmeckt und waren geschmacklich auch nicht besonders intensiv. Die Folge war, dass einige Bierliebhaber an der Westküste begonnen haben, ihre eigenen, kräftigeren Biere zu brauen“, sagt Setnes. Mittlerweile ist der Craft-Bier-Trend nach Europa übergeschwappt, hat aber aufgrund der vorhandenen Vielfalt hier eine viel geringere Bedeutung. Für große Unternehmen sei es am österreichischen Markt trotzdem besonders wichtig, darauf zu achten, dass die Produkte jeweils ihren eigenen Charakter haben. Alles andere wäre sonst nicht nur schlecht für das Geschäft, sondern auch langweilig. Setnes: „In den Brauereien werden nicht nur verschiedenste Biere produziert, es gibt auch viele unterschiedliche Meinungen. Besonders die Braumeister haben oft ganz eigene Ideen und Herangehensweisen, wie das beste Bier entsteht.“ Diskussionen mit ihnen seien nicht immer leicht und würden sehr schnell sehr leidenschaftlich werden. Das stört den Vorstandsvorsitzenden aber nicht – im Gegenteil. „Ich lerne immer neue Sachen dazu, vom Einsatz der Rohstoffe über Brauverfahren bis hin zur Kapazitätsauslastung“, sagt Setnes. „Zum Glück kommt mir da mein technischer Hintergrund zugute. Weil ich einige Jahre selbst Brauereien gemanagt habe, verstehe ich ein bisschen, worüber die Braumeister reden.“ Wie viele Freiheiten die Braumeister im Unternehmen haben, zeigt sich jeden Herbst, wenn die Bockbiere auf den Markt kommen. „Das ist für mich die spannendste Zeit des Jahres, keine Saison ist wie die andere“, sagt Setnes. Denn jedes Bockbier ist wie eine persönliche Signatur des Braumeisters, die Rezepte bleiben streng geheim. Sogar für den Vorstandsvorsitzenden der Brau Union Österreich – da gibt es keine Ausnahmen.

Viele neue Produkte 2019

Das alkoholfreie Heineken ist mittlerweile ausgetrunken, Setnes holt das nächste Getränk aus dem Kühlschrank – einen Apple Cider Rosé. Seine Farbe hat das Getränk von einer Apfelsorte mit rotem Fruchtfleisch, das fruchtige Getränk soll besonders Frauen ansprechen. „2018 gab es viele Wechsel, ein neues Datenbanksystem wurde eingeführt, das hat viele Ressourcen gekostet“, erklärt der Vorstandsvorsitzende. 2019 liegt der Fokus wieder auf neuen Produkten. Zudem bekommen einige bestehende ein neues Gesicht. So wartet zum Beispiel auf die Flaschen- und Dosenetiketten von „Edelweiss“, dem „Weizenbier der Alpen“ ein neuer, markanter Look. „Die Schritte sind sehr gewagt, wir sind gespannt, wie die Konsumenten darauf reagieren“, sagt Setnes. Auch für die Marke Gösser ändert sich einiges. „Der Auftritt von Gösser ist sehr lange konstant geblieben, jetzt setzen wir neue Schritte“, sagt Setnes. Im Gegensatz zum Rebranding von „Edelweiss“ geht man dabei zurück zum Ursprünglichen. Ebenfalls eine Premiere 2019: Weizenbier der Marke Gösser.

Bis so ein neues Getränk im Handel erhältlich ist, durchläuft es ein intensives Testprogramm und wird von zahlreichen Experten verkostet. Obwohl die Marktforschung bedeutsam ist, sei es trotzdem wichtig, manchmal einfach etwas auszuprobieren. „Probieren ist besser als Studieren – dieser Spruch trifft auch im Geschäftsleben hin und wieder zu“, erklärt der Vorstandsvorsitzende. Das gilt nicht nur bei den Getränken sondern auch für andere Produkte. Seit Dezember werden gemeinsam mit dem Wiener Start-up gezapft.at kleine Zapfanlagen mit acht Liter Fassungsvermögen angeboten, die Kunden nach ihrer Feier einfach wieder abholen lassen können. Auch für Gastronomen könnten die Anlagen interessant sein – nämlich für Spezialitätenbiere, die weniger stark getrunken werden. „Wenn man da Marktforschung betreibt, werden einige Ergebnisse darauf hindeuten, dass acht Liter zu klein sind, andere wieder, dass acht Liter genau perfekt sind. Man weiß es eben nicht genau. Unser Zugang war: Wir probieren es aus und sehen, ob es funktioniert“, sagt Setnes. Derzeit deutet es darauf hin – in den ersten Wochen wurden Tausende dieser Zapfanlagen ausgeliefert. Auch am Bartisch in Setnes Büro steht so ein Prototyp – allerdings „nur zur Show“.

Ein Getränk, das Gräben überwinden lässt

Kürzlich schockte eine Nachricht aus den USA Bierliebhaber weltweit. Durch den Klimawandel könnten sich die Bierkosten langfristig massiv erhöhen, berichtete ein Forschungsteam der University of California. Der Grund: Hopfen, Weizen und Gerste leiden an der zunehmenden Hitze. Tatsächlich fiel der Ernteertrag auch in Österreich im vergangenen Jahr laut Agrarmarkt Austria um zehn Prozent geringer als sonst aus. Die Strategie der Brau Union Österreich sind widerstandsfähigere Pflanzensorten. „Gemeinsam mit anderen Brauereien sitzen wir in einem Gerstensortenkomitee, wo bestimmt wird, wie viel von welcher Sorte die Bauern anpflanzen sollen“, sagt Setnes, „so können wir mitsteuern, dass sich die Ernte auch bei höheren Temperaturen gut entwickelt.“ Jedes Jahr wird evaluiert, welchen Ertrag eine Sorte liefert. Seit einiger Zeit wird – auch wegen der heißen Sommer – verstärkt auf Wintergerste zurückgegriffen. Ohne Sommergerste geht es trotzdem nicht und kurzfristige, starke Temperaturänderungen oder Wetterextreme halten auch die immer robusteren Sorten nicht aus. „Zum Glück gab es auch im vergangenen heißen Sommer in Österreich Regionen, wo es genug geregnet hat“, sagt Setnes. Eigentlich gelingt es fast immer, die meisten Rohstoffe aus dem Inland zu beziehen, bei Engpässen muss manchmal auf Nachbarländer zurückgegriffen werden. Derzeit reichen diese Maßnahmen, um die Klimabewegungen zumindest zu kompensieren. „Wirklich in die Zukunft schauen wie es langfristig funktioniert, kann ich aber nicht. Mit unserem starken Fokus auf Nachhaltigkeit tragen wir aber unseren Teil dazu bei, dass die Umwelt nicht zu sehr belastet wird.“

Zum Abschluss kosten wir auch noch das neue „Gösser NaturWeizen“, Setnes schenkt so routiniert ein wie ein langjähriger Wirt. Was ist eigentlich das persönliche Lieblingsbier des Vorstandsvorsitzenden, darf man in seiner Position dazu überhaupt Farbe bekennen? Zuerst windet sich Setnes etwas: „Ich kann sagen, dass alle unsere Biere wahnsinnig gut sind, tagsüber trinke ich gerne alkoholfreie Biere, abends gerne Märzenbier.“ Je nach aktuellem Aufenthaltsort würde er am liebsten das jeweilige regionale Bier trinken. Dann nennt er doch noch einen Favoriten: „Eines meiner speziellen Lieblingsbiere ist das Kaltenhausen Pale Ale, das ist ein richtiges Superbier, fruchtig, kräftig, besonders für Ale-Liebhaber.“ Setnes kommt ins Schwärmen. 71 Prozent der Österreicher trinken Bier am liebsten daheim, 29 Prozent in Lokalen. Und er? „Besonders gern in der Gastronomie, da bekommt man das Bier mit einer schönen Schaumkrone und der optimalen Temperatur serviert, das ist einfach die beste Bierexperience.“ Besonders schön findet der Vorstandsvorsitzende aber die Anlässe und Umstände generell, zu denen Bier getrunken wird. Zwei Menschen mit einem Glas Bier in der Hand würden nämlich automatisch auf derselben Ebene stehen. Setnes: „Bier schmeckt allen Lagern und Schichten der Bevölkerung und hat die Eigenschaft, Leute zusammenzubringen. Bei einem Bier sind alle gleich – und das gefällt mir als Vorstandsvorsitzender von der Brau Union Österreich natürlich besonders gut.“_

Alkoholfreies Bier wird
nicht nur immer beliebter, sondern auch immer besser.

Magne Setnes Vorstandsvorsitzender, Brau Union

Zahlen bitte!

20 Prozent der Österreicher trinken mehrmals wöchentlich Bier – nur 23 Prozent fast nie. Dass wir Alpenländler eine ausgeprägte Bierkultur pflegen, lässt sich auch an der Brauereidichte ablesen: Mit 273 Braustätten erreichte sie 2017 ein Allzeithoch. Rund 1.000 verschiedene Biere und ein jährlicher Gesamtausstoß von 9,7 Millionen Hektolitern schaffen Beschäftigung für etwa 3.800 Personen. Die Exportmenge hat sich in den zehn Jahren zwischen 2008 und 2017 mehr als verdoppelt und belief sich zuletzt auf rund 1,14 Millionen Hektoliter. Größter Abnehmer ist Italien mit 302.640 Hektolitern, gefolgt von Deutschland und Slowenien. Rund 700 Millionen Euro an Steuereinnahmen brachte Bier dem Österreichischen Fiskus 2017.

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