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Hungrig? Wie wär's mit Cyberschnitzel?

Was bisher selbstverständlich war, wurde zu Beginn der Krise auf die Probe gestellt: eine gesicherte Lebensmittelversorgung. „Es gibt Szenarien, die Corona harmlos erscheinen lassen“, relativiert Christian Jochum, Referatsleiter Agrarvermarktung und Sonderkulturen der Landwirtschaftskammer Österreich. Welche Aspekte in der Selbstversorgungsdiskussion sträflich vernachlässigt werden und wieso wir unser Fleisch in Zukunft im Labor züchten – eine Bestandsaufnahme der österreichischen Landwirtschaft.

„Wäre Österreich tatsächlich für längere Zeit vom Rest der Welt abgeschottet, wären Lebensmittel in ausreichender Menge das geringste Problem – lediglich unser Speiseplan würde sich etwas ändern. Die Probleme in Bezug auf Ernährungssicherheit würden an ganz anderen Stellen auftreten“, antwortet Jochum auf die Frage, wie lange wir uns in Österreich im Falle einer völligen Schließung selbst versorgen könnten. Eines vorweg: Dabei geht es nicht nur um die viel zitierten Erntehelfer.

GRENZENLOSE GOURMETS

Zuerst aber zur Frage, die den meisten jetzt unter den Fingernägeln brennt: Wie würde unser Speiseplan denn aussehen? „Zu Beginn der Krise ist es wegen der Grenzmaßnahmen kurzfristig zu Schwierigkeiten beim Import von Obst und Gemüse aus dem Süden gekommen. Sollten solche Zustände länger andauern, könnten wir uns halt keine Avocados, Bananen oder Tomaten im Winter einfliegen lassen und müssten einfach wesentlich mehr Kraut, rote Rüben, Sellerie und Chinakohl anbauen. Österreich hat ausreichend Spielraum hier umzudisponieren. Da sehe ich keine großen Probleme. Rein von der Menge an Kalorien und Vitaminen, die wir benötigen, können wir uns ausreichend selbst versorgen.“ Hungern müssten wir also nicht, dem Luxus des Feinschmeckerdaseins könnten wir aber nicht mehr frönen: „Betrachten wir Schweinefleisch, so haben wir einen Selbstversorgungsgrad von 101 Prozent. Theoretisch müssten wir demnach gar kein Schweinefleisch importieren, um unseren Eigenbedarf zu decken“, erzählt Jochum. Praktisch sieht das anders aus: „Wir sind eine absolute Wohlstandsgesellschaft geworden. Wir Österreicher essen nur noch Edelfleisch – die meisten wollen nur die Schnitzel und die Filets. Deshalb exportieren wir Schweineohren und -haxen nach China und importieren Lungenbraten aus Rumänien. Wir tauschen sozusagen ‚minderwertiges‘ Fleisch gegen vermeintlich besseres Fleisch.“ Einer der Gründe für diese Entwicklung liegt in der Internationalisierung des Handels, der – bedingt durch den EU-Beitritt – in den vergangenen 25 Jahren enorm zugenommen hat.

„Unsere wirkliche Achillesferse ist die Stromversorgung.“

Christian Jochum Referatsleiter Agrarvermarktung und Sonderkulturen, Landwirtschaftskammer Österreich

FLEISCH VON DER VIRTUELLEN WEIDE

Das Ergebnis dieser Entwicklungen sind Versuche, Fleisch im Labor zu züchten. „Der Gedankengang dahinter: Bevor man ein Tier züchtet, von dem man lediglich 20 bis 25 Prozent verwertet und den Rest irgendwo am Markt verscherbeln muss, produziert man eben nur das, was man wirklich haben möchte.“ Im Versuchslabor gelingen diese Experimente bereits, von einer kommerziellen Nutzung des Laborfleisches sind wir aber noch ein gutes Stück entfernt. „2013 hat die Österreicherin Hanni Rützler vor laufender Kamera einen Laborburger gegessen. Wenn man alles zusammenzählt, was da hineingeflossen ist, hat dieser Burger damals ungefähr 250.000 Euro gekostet. Mittlerweile sind die Kosten für so einen Burger bei 500 bis 600 Euro – deutlich weniger, aber natürlich immer noch viel zu viel für die kommerzielle Nutzung. Die Entwicklungen gehen allerdings in diese Richtung“, blickt Jochum in die Zukunft. „Wenn der Fleischverzehr in Asien als Teil des Wohlstandes definiert wird und die Asiaten auch so viel Fleisch wie die Europäer und die Amerikaner essen wollen, dann wird man eine gewisse Menge dieser Nachfrage nur über solche Alternativen decken können. So viele Tiere können wir auf der Erde gar nicht halten.“ In der Folge erleben wir eine enorme Kommerzialisierung der Landwirtschaft mit schwerwiegenden Folgen für die Bauern: „Das sind Hightechverfahren. Natürlich benötigt man auch Nährstoffe aus der Landwirtschaft, wenn man Muskelzellen und Fleisch im Labor züchtet. Aber dieses Fleisch ist kein Thema mehr für die klassische Landwirtschaft. Das ist ein Kapitalthema. Das sind Fonds, die riesige Milliardenbeträge investieren. Wenn sich dieser Bereich tatsächlich kommerziell weiterentwickelt und etabliert, ist das eine massive Konkurrenz für die flächengebundene, klassische Landwirtschaft.“

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