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Die bessere Hälfte - Christine Haiden

Geht es auch darum, wer diese Regeln aufbricht? Wenn etwa ein Mann die Regel einführt, keine Meetings nach 17 Uhr anzusetzen, damit er sein Kind abholen kann, dann hat das eine andere Wirkung, als wenn eine Frau das sagt, oder?

HaidenGanz sicher! Frauenpolitik war noch nie möglich ohne Männer, die zustimmen. Rahmenbedingungen, die etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, müssen sowohl von Frauen als auch von Männern geschaffen werden. Und ich glaube, sie werden dann geschaffen, wenn sowohl Männer als auch Frauen überzeugt sind, dass sie die Lebensqualität beider stärken. Wenn wir am Ende ein Ziel haben: gemeinsam besser leben zu wollen.

Braucht es dazu die Politik?

HaidenOhne Politik ist es nicht möglich. Weil Politik das Verhandeln von gesellschaftlichen Interessen ist. Das sieht man beim Thema Pensionssplitting. Bis jetzt gibt es ein freiwilliges Pensionssplitting, das aber kaum genutzt wird. Weil da ein relativ schwieriger Verhandlungsprozess privatisiert worden ist. Eine Mutter muss zum Vater ihrer Kinder gehen und ihn bitten, dass er ihr einen Teil seiner Pensionsgutschrift überschreibt. Wenn das gesetzlich geregelt ist, wird sehr viel Druck aus Beziehungen herausgenommen und es wird schnell selbstverständlich. Wenn möglichst viele gut gebildete Menschen die Möglichkeit haben sollen, Beruf und Familie zu vereinbaren, dann muss ich versuchen, für diese Rushhour des Lebens auch im Arbeitsrecht einen Rahmen zu schaffen, damit die Familien am Ende keine Nachteile haben. Vielleicht ist die Lösung eine generelle 30-Stunden-Woche für Menschen mit Kindern im Pflichtschulalter. Einzelne Unternehmen haben das eingeführt, damit sie im Recruiting Vorteile haben.

Manchmal sind es aber gar nicht nur die Rahmenbedingungen, die es schwierig machen. Sondern auch die Gesellschaft. Eine Frau, die Karriere macht und Kinder hat, wird schnell in die Schublade „Rabenmutter“ gesteckt. Machen es sich Frauen gegenseitig schwer?

HaidenIch empfinde die Kritik, die Frauen untereinander ausüben, häufig als Ausdruck von Unsicherheit. Jede Veränderung bringt Unsicherheit mit sich. Man stellt sich plötzlich die Frage, ob das, was man selbst macht, passt oder genügend wert ist. Ich glaube nicht, dass das Kritisieren aus Boshaftigkeit passiert. Die Veränderungen der Rolle der Frau sind immens – man muss bedenken, dass es noch keine 45 Jahre her ist, dass Frauen rechtlich den Männern gleichgestellt sind. Die jetzt 40-jährigen Frauen sind meist mit Müttern großgeworden, die unter ganz anderen Bedingungen ihr Frausein gelebt haben.

Sie haben unzählige Frauen interviewt und kennengelernt. Haben Sie dabei eine Eigenschaft festgestellt, die typisch weiblich ist?

HaidenDas Verbindende an Frauen ist, dass sie in den vergangenen 100 Jahren eine unglaubliche Geschichte hingelegt haben. Weil Frauen aus der rechtlichen Unmündigkeit kommen. Alle. Egal ob als Kaiserin von Österreich oder als Putzfrau – sie sind alle vom gleichen Level gestartet, was ihre Rechte und Möglichkeiten betrifft. Und da hat sich Unglaubliches entwickelt. Dadurch haben sie eines sicher gemeinsam: Sie leben eine wesentlich größere Rollenvielfalt als Männer. Sie gestalten Lebensräume in der Familie, im Beruf, in der Gesellschaft. Und das vielleicht auf etwas andere Art als Männer, weil sie aufgrund ihrer Geschichte multiperspektivischer denken können – je mehr Rollen ich kenne, desto mehr Perspektiven kenne ich.

Können Männer nicht auch diese Rollenvielfalt entwickeln?

HaidenIch glaube, es ist immer schwieriger, aus einer gesicherten Position heraus etwas zu verändern als aus einer Situation des Aufbruchs, wie sie es für die Frauen mit der Emanzipationsbewegung war. Die Frauen haben sich ihr Feld erst erobern müssen und sind dadurch sehr beweglich geworden. Aber ja, ich würd’s den Männern wünschen, weil ich denke, das ist das lustigere Leben.

Gedanken von Christine Haiden

Wenn ich ein Mann wäre, dann _hätte ich wahrscheinlich einen nur halb so großen Kleiderschrank.

Ein Gesetz, das zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern beitragen könnte _Die Geschichte der Frauenbewegung sollte in den Geschichtsunterricht aufgenommen werden.

Sorgen macht mir _dass wir es nicht schaffen, die Erde für die nächsten Generationen lebenswert zu erhalten.

Künstliche Intelligenz _ist eine wunderbare Ergänzung und Entlastung dessen, was für Menschen zu anstregend oder mühsam ist.

Der größte Irrtum der Menschheit _ist, dass man meint, Menschen durch Maschinen zu ersetzen müssen.

Was Männer über Frauen wissen sollten _Dass eine Handtasche mehr als ein Beförderungsmittel ist. Nämlich? Sie ist das halbe Leben. (lacht)

Die beste Entscheidung meines Lebens _war mein Partner.

Was ich nicht mehr hören kann _„Ich weiß nicht, was Frauen wirklich wollen.“

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