Gleich mal vorweg: Nein, Frauen sind nicht die bessere Hälfte. Sie sind aber auch nicht die schlechtere. Darin sind sich all unsere sieben Interviewpartnerinnen einig. Sieben deshalb, weil ihre unterschiedlichen Geschichten zeigen: Weiblichkeit hat nicht die eine Rolle. Und auch nicht das eine Gesicht. Ob geschminkt oder ungeschminkt, im Rock oder in der Hose, Mutter oder Nichtmutter, stark oder schwach (oder beides), im Chefsessel oder hinterm Herd (oder beides) – Frauen sind auch nur Menschen. Ja, eben. Menschen. Wie Männer. Also warum reden wir eigentlich noch darüber? Reden wir darüber.
Sandra Reichel
Irgendwann schnappt sich Sandra Reichel den Tennisschläger ihres Vaters und spielt gegen die Garagenmauer. Und weil sie nicht damit aufhört, nimmt sie Peter Michael Reichel schließlich mit auf den Tennisplatz. Das ist der Beginn einer Liebesgeschichte. Denn Sandra Reichel ist heute noch froh, sich schon als Kind für den Sport entschieden zu haben. Nicht nur, weil sie es als Tennisspielerin bis in die Jugendweltspitze schaffte und sie heute ihre Leidenschaft im Sport- und Veranstaltungsmanagement auf internationalem Boden auslebt. Auch deshalb, weil sie sich mit Tennis einen Sport ausgesucht hat, der Vorbildfunktion hat – für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern.
Seit 2006 bekommen Frauen und Männer gleich hohe Preisgelder im Tennissport. Wie ist das gelungen – weder in anderen Sportarten noch in der Wirtschaft ist Equal Pay selbstverständlich.
ReichelDamentennis hat hier tatsächlich eine Vorreiterrolle. Bei anderen Sportarten gibt es oft massive Unterschiede bei der Bezahlung, da muss man sich nur Fußball anschauen. In der WTA Tour haben wir lange dafür gekämpft, dass diese unfairen Unterschiede aufgehoben wurden. Warum sollen die Männer mehr verdienen? Es kommt dann immer der Vergleich, dass ein Mann eine Frau ganz glatt schlägt, wenn sie im Tennis gegeneinander spielen. Aber dieser Vergleich hinkt für mich total – du kannst nicht den weiblichen mit dem männlichen Körper vergleichen. Das macht nur, wer zu wenig Ahnung hat. Die Frau leistet genauso viel, trainiert genauso hart ihre sechs bis acht Stunden, sie hat nur andere körperliche Voraussetzungen. Dieser Diskussion muss man sich aber ständig stellen. Es gibt immer noch Männer, die dann sagen: Die Frauen spielen doch nur drei und nicht fünf gewonnene Sätze, die leisten nicht so viel.
Wie argumentieren Sie dann?
ReichelDass die Konstitution eine ganz andere ist und man die männliche Kraft nicht mit der weiblichen Kraft vergleichen kann. Die Chancen müssen die gleichen sein. Ich finde es spannend, dass der Sport dazu beiträgt, dieses Thema aufzuzeigen. Die Gleichstellung ist die Basis.
Sie haben heuer beim Damentennisturnier Upper Austria Ladies Linz 60 Kindergartenkinder zum Tennisschnuppern eingeladen. Haben Sie da Unterschiede zwischen den Mädchen und Buben bei ihrem Zugang zum Sport beobachtet?
ReichelJa, tatsächlich! Die Buben sind schon ein bisschen wilder, versuchen es gleich ohne zuzuhören. Die Mädchen gehen ruhiger an die Sache ran, hören sich zunächst an, was die Trainer sagen, und probieren es dann aber genauso euphorisch aus. Uns ist auch aufgefallen, dass die Buben schneller wieder etwas anderes machen wollen, während die Mädchen sich gerne länger damit beschäftigen. Es war einfach schön, bei dieser Aktion zu sehen, wie leicht man Kinder begeistern kann. Am Anfang ist das Wichtigste, dass die Kinder Spaß am Sport haben, ganz ohne Druck.
Mit 30 waren Sie die jüngste Turnierdirektorin der Welt und haben damit eine Männerdomäne erobert. Wie schwierig ist es, meist als einzige Frau mitzumischen?
ReichelIch habe mich nie als Frau durchgesetzt, sondern einfach als Mensch. Als Mensch, der gerne hohe Leistung erbringt. Aber klar merkt man gewisse Unterschiede, wenn man als einzige Frau mit lauter Männern in Meetings sitzt. Oft lege ich dann Aspekte auf den Tisch, die keiner bedacht hat. Das männliche Denken ist nun mal anders. Frauen bringen andere Blickwinkel aufs Tablett. Am besten ist es, wenn beide Blickwinkel aufeinandertreffen, der männliche und der weibliche.
Es gibt aber immer noch viele Bereiche, vor allem in Führungspositionen, wo der weibliche Blickwinkel zur Gänze fehlt. Sollte da die Politik eingreifen, um das zu verändern?
ReichelQuoten heiße ich nicht gut. Ich finde, jeder von uns kann etwas dazu beitragen. Indem man bei allen Entscheidungen, die man trifft, nie hinterfragt, ob jemand männlich oder weiblich ist, sondern unabhängig vom Geschlecht schaut, wer besser ist. Diese soziale Kompetenz sollten wir alle besitzen, dazu sollte es kein Gesetz brauchen.
Wie begegnen Sie frauenfeindlichen Kommentaren?
ReichelFrüher hat mir das schon wehgetan. Aber irgendwann lernt man, damit umzugehen und merkt: Eigentlich ist derjenige, der frauenfeindliche Dinge sagt, der Schwache. Je reifer man wird, desto mehr denkt man sich, dass es den Ärger einfach nicht wert ist.
Gedanken von Sandra Reichel
Ich bin gerne eine Frau, weil _Hm, eigentlich wäre die Antwort: Weil man als Frau Kinder kriegen kann. Aber ich hab keine Kinder. Was Frauen aber meistens noch gut können, ist, sich einzufühlen. Ich bin gern sozial kompetent. Und als Frau hat man vielleicht auch den besseren Charme. Naja, das sind alles Klischees. Aber ich bin einfach gern eine Frau, warum auch immer.
Wenn ich ein Gesetz einführen würde, das zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern beitragen könnte, dann _müsste damit die Diskriminierung verhindert werden. Warum kann nicht verankert werden, dass eine Frau genauso viel verdient wie ein Mann?
Eine gegenwärtige Entwicklung, die mir Sorgen macht _Wie wir mit unserer Umwelt umgehen. Und wie viele Menschenrechte tagtäglich weltweit verletzt werden.
Der größte Irrtum der Menschheit _ist, dass wir die Einzigen im Weltall sind.
Was Männer über Frauen wissen sollten _Dass wir ohne sie nicht können.
Die beste Entscheidung meines Lebens _war, dass ich einen sportlichen Weg eingeschlagen hab. Wenn wir fortgegangen sind, bin ich immer am frühesten heimgegangen, weil für mich der Sport immer wichtiger war.
Was ich nicht mehr hören kann _Wenn es ums Geschlecht geht und nicht ums Individuum.
Der beste Rat, den ich je bekommen habe _Sei so, wie du bist.