Familienintern oder -extern?
Was passiert, wenn sich innerhalb der Familie niemand für die Nachfolge eignet? „Sobald man merkt, dass die Eignung oder der Wille eines familieninternen Nachfolgers nicht gegeben ist, sollte man sich um eine externe Lösung umschauen, weil man als Unternehmer ja auch eine soziale Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern hat“, erklärt Wirtschaftsprüfer Humer. Hier gebe es gute Möglichkeiten und Beispiele: „Familienmitglieder müssen nicht zur Gänze aus dem Unternehmen ausscheiden, sie können sich in Aufsichtsratsfunktionen oder Familienholdings rechtzeitig zurückziehen und externe Manager erfolgreich agieren lassen“, so Humer. Auch Auer empfiehlt, „wenn der Betrieb seit längerer Zeit stagniert und eine familieninterne Lösung nicht möglich ist, sollten externe Manager an Bord geholt werden, um das Geschäftsmodell zu refokussieren oder grundlegend zu adaptieren.“ Die familieninterne Nachfolge gehe seit einigen Jahren zurück; Management-Buy-outs, bei denen die Beteiligung oder Übernahme durch Mitarbeiter erfolgt, oder -Buy-ins, bei denen sich Außenstehende am Kapital beteiligen und Führungsfunktionen übernehmen, sind von zunehmender Bedeutung. Ecker dazu: „In manchen Fällen kann es im Übergabeprozess sinnvoll sein, neben jungen Familienmitgliedern einen externen Geschäftsführer, der schon länger im Unternehmen tätig ist, auch mit entsprechenden Firmenanteilen an das Unternehmen zu binden.“
Finanzierung
„Banken spielen eine relevante Rolle in der Unternehmensnachfolge. Als Finanzierungspartner sollte man bei einer Unternehmensübergabe früh genug an Bord geholt werden. Denn Rechtsformänderungen oder das Transferieren von Vermögenswerten könnten zwar aus steuerrechtlichen Überlegungen sinnvoll sein, aber in einem Zielkonflikt mit Vertragsbestandteilen bestehender Finanzierungen stehen“, appelliert Auer.
Familienkonzepte und -verfassung
Ist eine passende und faire Nachfolgelösung für das Unternehmen gefunden, kommt für Thaler der schönste Teil des Übergabeprozesses: der Blick in die Zukunft des Unternehmens. „Nachfolgeprozesse sind Veränderungsprozesse. Es ist schön zu sehen, was alles möglich ist, wenn die Übergabe gut ausverhandelt wurde und die junge Generation beherzt anpacken kann.“ In Familienkonferenzen können zukunftsentscheidende Themen im Nachfolgeprozess besprochen werden. „Es können Erfahrungen sowie Lieferanten- und Kundenbeziehungen der älteren Generation übernommen und genutzt werden und neue Ideen von den Übernehmern im Familienverband diskutiert werden“, meint Thaler. „Wichtig ist der gemeinsame Prozess“, sagt Ecker und ergänzt: „Bei familieninternen Sitzungen sollen nur solche Berater beigezogen werden, denen Übergeber und Übernehmer vertrauen.“ In der Praxis werden im Zuge der Übergabe von familiengeführten KMUs häufig auch Beiräte installiert, „die die Interessen von Übergeber und Übernehmer berücksichtigen sollen“. Sowohl Humer als auch Ecker haben gute Erfahrungen mit Familienverfassungen oder erweiterten Gesellschaftsverträgen gemacht. Humer: „Je älter das Familienunternehmen ist und je weiter sich der Familienstamm zergliedert, umso mehr unterschiedliche Einflüsse gibt es. Hier ist es sinnvoll, dass man rechtzeitig auf eine Verfassung zurückgreifen kann, die von Experten erstellt wurde.“ Gerade bei schwierigen Entscheidungsfragen habe es sich bewährt, auf festgeschriebene Grundsätze und Regelungen eines Familienunternehmens zurückgreifen zu können, „auch wenn es dann oft zu schmerzhaften Entscheidungen kommen kann“.
Nicht am Thron kleben
„Manche Unternehmer sind so eng mit ihrem Lebenswerk verbunden, dass sie nur sehr zögerlich die Verantwortung übergeben möchten“, weiß Auer. Man brauche deshalb einen klaren zeitlichen Rahmen für die Übergangszeit und einen fixen Zeitpunkt, ab dem sich die ältere Generation zurückziehen wird. Ecker: „Es gibt auch ‚golden shares‘, die dem Übergeber trotz Übergabe der Mehrheit für die Übergangszeit noch gewisse Sonderrechte einräumen. Das können zwei bis drei Jahre sein, in denen der Junior schon die Gesellschafterstellung hat, aber noch nicht über die entscheidenden Einflussrechte verfügt. Zu einem gewissen Zeitpunkt muss das Zepter aber ganz übergeben werden.“ Und Humer meint: „Loslassen zu können von einem Unternehmen, das man aufgebaut oder erfolgreich weitergeführt hat, fällt vielen schwer. Es ist aber auch eine Frage des Vertrauens: Die junge Generation wird sicher vieles anders machen, aber vielleicht ist sie ja gerade deshalb erfolgreich.“_
Alle Familienmitglieder und Beteiligten müssen am Tisch sitzen und in den Prozess eingebunden werden.
Sandra Thaler
Unternehmensberaterin und Wirtschaftsmediatorin
Zu einem gewissen Zeitpunkt muss das Zepter ganz übergeben werden.
Fritz Ecker
Wirtschaftsanwalt, Oberhammer Rechtsanwälte
In den nächsten sieben Jahren kommt es laut KMU Forschung Austria in kleineren und mittleren Arbeitgeberbetrieben zu fast 42.000 Übergaben, was rund 26 Prozent aller KMU der gewerblichen Wirtschaft Österreichs ausmacht.
Erfolgreiche Unternehmens-nachfolge Erfahrungen aus Industrie und Wirtschaft
- Autor
- Sandra Thaler
- Verlag
- Books on Demand GmbH
- ISBN
- 9783751933896
Erfolgreiche Unternehmens-nachfolge / Erfahrungen aus Industrie und Wirtschaft
www.sandrathaler.com