Joanneum Research – Deep Learning und „Robo-gym“
Die Joanneum Research Forschungsgesellschaft betreibt seit mehr als 50 Jahren Spitzenforschung – seit einigen Jahren auch in zahlreichen KI-Bereichen. Am Institut Robotics forscht man unter anderem an folgenden drei KI-Schwerpunkten. „Erstens haben wir uns auf das Verstärkungslernen im Bereich der Steuerung von Robotern spezialisiert“, sagt Horst Pichler, Experte für Robotersystem-Technologien. Dafür wurde das „robo-gym“ gebaut – in dem Opensource-Projekt wird den Robotern in einer Deep-Learning-Simulation beigebracht, was sie in verschiedenen Situationen zu tun haben. Dies soll in Zukunft die Programmierung des Roboters erleichtern. Zweiter Schwerpunkt ist Mensch-Roboter-Interaktion. Pichler: „Es geht darum, das Roboter Menschen und Objekte kontextsensitiv erkennen und Gefahrensituationen vermeiden.“ Die KI kann noch mehr: Sie sieht Bewegungen vorher und berechnet, was ein Mensch machen wird. „Das ist ein Teil der kollaborativen Anwendung“, sagt Pichler. Ein weiterer Schwerpunkt des Instituts sind Deep-Learning-Methoden, um aus Maschinen- und Laufzeitdaten Fehler zu kategorisieren. „In einem Projekt verwenden wir Millionen von Datensätzen zu Roboterarmen. Dabei geht es darum, durch die KI schon vorab zu erkennen, wann die Maschine ein Problem bekommen wird“, erklärt Pichler. So können Wartungsaufwände reduziert und Ausfälle in der Produktionslinie verhindert werden.
Unicorn – Vernetzung und Unterstützung für Startups
Unicorn Graz schafft eine Verbindung zwischen Wirtschaft und Universität Graz und unterstützt universitäre Mitarbeiter bei der Gründung – oft auch im KI-Bereich. „Wir wollen aus der Forschung mehr unternehmerische Projekte herausholen“, sagt Geschäftsführer Bernhard Weber. Beispiel dafür ist das Startup Innophore. Das Unternehmen will die Enzymforschung durch eine digitale Suchmaschine revolutionieren. „Durch die Algorithmen kann etwa die Wirkstoffsuche gegen Covid19-Erkrankungen optimiert werden“, erklärt Weber. Generell gäbe es viele Innovationen am Standort. „Die Zeit, in der KI nur des Begriffs wegen aus Marketingzwecken auf Slidedecks oben steht, ist vorbei“, sagt Weber. Nun gehe es darum, in einer großen Bandbreite von Medizintechnik bis hin zu konsumentenorientierten Produkten einen Mehrwert durch KI-Lösungen zu schaffen. Weber rät jungen Unternehmen, sich möglichst schnell mit anderen relevanten Netzwerken zu vernetzen. Weber: „Über Kooperationen können technisches Know-How und Fortschritt beschleunigt werden.“
TU Graz – KI-Blindenassistenz per Schuhkamera
„An der TU Graz betreiben wir primär an der Informatik-Fakultät viel Grundlagenforschung zum Thema KI, andererseits ist uns wichtig, dass auch Projekte in die Anwendung gebracht werden“, sagt Horst Bischof, Vizerektor für Forschung der TU Graz, der auch stellvertretender Leiter des Instituts für Maschinelles Sehen und Darstellen ist. Eines dieser Projekte ist ein Schuh der Firma Tec-Innovation, der dank Ultraschallsensoren blinde und beeinträchtige Menschen vor Hindernissen warnt. Informatiker der TU Graz haben für diesen Schuh ein kamerabasierendes KI-Bilderkennungssystem entwickelt. Generell müssten sich Österreichs Unternehmen im Hinblick auf KI nicht verstecken. „Wir haben hochinnovative KI-Unternehmen im Land, besonders im Bereich der kleinen KI-Module, die in ein Gesamtsystem integriert werden, sind wir vorne dabei“, sagt Bischof. Ein Problem seien allerdings fehlende Rechenressourcen, die für komplexe KI-Entwicklung nötig sind. Bischof: „Meine Studierenden gehen gern auf Internships zu Google oder Amazon und bekommen in den Monaten dort teilweise mehr Rechenressourcen zur Verfügung gestellt, als wir in ganz Österreich haben.“ Für den KI-Standort Österreich sei es in Zukunft wichtig, diese Rechenressourcen zu erhöhen und eine zentrale Stelle zur Vernetzung der Hotspots zu schaffen. Entsprechende Forderungen wurden in einem Papier der Universitätenkonferenz gestellt. „Von der türkis-grünen Bundesregierung wurde aber kaum etwas umgesetzt“, sagt Bischof.
Ramsauer & Stürmer Software – automatische Rechnungserfassung
Normalerweise dauert das Erfassen einer Rechnung mit allen Identifikationsmerkmalen und dem Ablegen des Belegs etwa drei bis fünf Minuten. Die künstliche Intelligenz des Business-Software-Anbieters Ramsauer & Stürmer Software schafft den Vorgang im Bruchteil einer Sekunde. „Bei einem großen Unternehmen, das 150.000 Eingangsrechnungen pro Jahr bekommt, ist das natürlich eine gewaltige Arbeitsreduzierung“, sagt Geschäftsführer Markus Neumayr. Wie funktioniert das? Die Eingangsrechnungen eines Postfachs werden automatisch über ein Cloudservice ausgelesen, dort von einer KI identifiziert und in eine lesbare Rechnung umgewandelt. „Wenn der Mitarbeiter in der Früh seinen PC hochfährt, hat er alle Rechnungen in verarbeitbarer Form am Bildschirm und der Workflow kann beginnen“, erklärt Neumayr. Vor zwei Jahren startete Ramsauer & Stürmer das Projekt, seit einem dreiviertel Jahr ist die Software bei Kunden im Einsatz. Diese seien anfangs oft skeptisch, würden dann aber bald den Mehrwert erkennen.
Stadler Völkel Rechtsanwälte – KI-Expertise für Unternehmen
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen herrschen für Unternehmen, die KI einsetzen? Wer haftet im Falle eines Unfalls? Unter anderem damit beschäftigt sich Rechtsanwältin Jeanette Gorzala von Stadler Völkel Rechtsanwälte – einer ihrer Schwerpunkte ist der KI-Bereich. Und in dem tut sich aus rechtlicher Sicht viel. „Vor kurzem hat die EU-Kommission einen Regelungsentwurf veröffentlicht, in dem erstmals bestimmte Rahmenbedingungen definiert sind“, sagt Gorzala. Der Entwurf klassifiziert vier KI-Kategorien: Verbotene KI, Hochrisiko-KI, KI mit Transparenzverpflichtung und unbedenkliche KI. Gorzala rät Unternehmen zu überprüfen, ob sie auf Technologien zurückgreifen, die im Entwurf als KI definiert sind. Ist das der Fall, gilt es herauszufinden, in welche Kategorie die KI fällt. Besonders Hochrisiko-KI werde in Zukunft ein umfangreiches Rechtsfolgekonzept nach sich ziehen. Die Regulierungen werden im Laufe des kommenden Jahres ratifiziert, erwartet Gorzala. „Man sollte sich frühzeitig mit dem Regelungsentwurf auseinandersetzen, insbesondere welche konkreten Handlungserfordernisse für Unternehmen im Detail bestehen“, sagt die Rechtsanwältin. „Ich empfehle, informiert zu bleiben und jetzt schon mögliche Vorgehensweisen zu überlegen.“ Die vorgesehenen Strafen der EU-Kommission sind drastisch: Für verbotenen KI-Einsatz betragen sie bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes oder 30 Millionen Euro, für Vergehen im Hochrisiko-Bereich bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes oder 20 Millionen Euro. Für Haftungsfragen im Falle von potentiellen Schäden, die durch KI verursacht werden, gibt es noch kein klares rechtliches Konzept. „In diesem Bereich haben wir sehr viele Kundenanfragen, wir hoffen auf den von der EU-Kommission angekündigten Rechtsrahmen für Haftungsfragen im Herbst 2021 beziehungsweise im Frühjahr 2022, um auch hier Rechtssicherheit zu haben“, sagt Gorzala.
506 Data & Performance – KI findet potentielle Kunden
506 Data & Performance hat in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe AIST der FH Oberösterreich und Förderungsunterstützung des Landes Oberösterreich eine KI entwickelt, die potentielle B2B-Kunden identifiziert. „Aus relativ wenigen Daten von insgesamt 119.000 Benutzern und 230 Leads haben wir auf Basis von Machine-Learning-Verfahren einen innovativen, selbstlernenden Algorithmus entwickelt, der Grundlage für den automatisierten Lead-Scoring-Prozess ist“, sagt CEO Gerhard Kürner. Das Unternehmen mit Sitz in der Linzer Takabfabrik unterstützt Unternehmen durch digitale und datengetriebene Lösungen mit Fokus auf steigenden Kundenerfolg. „Wir haben uns vom klassischen Onlinemarketing in Richtung Daten-Tracking von anonymen und bekannten Besucherdaten weiterentwickelt“, sagt Kürner. Mit Erfolg: Für 2021 rechnet man mit hundert Prozent Wachstum. Das Geschäftsmodell: „Es geht darum, dem Kunden zu helfen, wie er seine eigenen Daten am besten für Marketing, Sales und Service einsetzt – im Optimalfall erfolgt eine Verbesserung der Vorgänge mittels KI“, erklärt der CEO. Zielgruppe von 506 sind vorwiegend mittelständische Unternehmen, die nicht Millionen Euros pro Jahr in KI investieren können oder keine eigene Data-Scientist-Abteilung haben. Die Überlebensfrage für das eigene Unternehmen in einem derart dynamischen Geschäftsfeld sei die Weiterbildung der Mitarbeiter. „Wir konzentrieren uns intensiv auf die Ausbildung. Unsere Mitarbeiter können 20 Prozent ihrer Arbeitszeit in ihre eigene Weiterbildung investieren“, sagt Kürner.
KI-Apps aus dem Linzer Hafen
Ahoi Kapptn! ist der Agentur-Spin-off von Butleroy. Das Unternehmen bietet Apps für Unternehmen an – unter anderem auch mit KI. „Mit unserem Startup Butleroy haben wir uns stark mit künstlicher Intelligenz beschäftigt – sie plant als digitaler Butler automatisch Termine“, sagt Philipp Baldauf. Die KI-Erfahrung wird nun für maßgeschneiderte Kundenprojekte eingesetzt. „Bei Butleroy hatten wir immer wieder Kundenanfragen, ob wir nicht Apps programmieren wollen, da haben wir immer abgelehnt – mit Ahoi Kapptn! nehmen wir solche Projekte nun an“, erklärt Baldauf. Das Linzer Unternehmen hat seinen Sitz in der Neuen Werft im Linzer Hafen – daher auch der Name. Der Gründer betont, dass man nicht ausschließlich KI-Projekte umsetzt – aber jede Menge Know-how dafür vorhanden ist. Generell würden viele Unternehmen die Umsetzbarkeit von KI-Projekten auch mit kleinerem Budget unterschätzen. „Der Begriff KI wird oft mit Rocket-Science und hohen Projektkosten assoziiert, tatsächlich gibt es aber viele Anwendungsfälle, wo man schon auf gute Grundlagen von Anbietern wie Apple aufbauen kann“, sagt Baldauf._