Die Coronakrise hat verdeutlicht, wie sehr wir auf internationale Produktionen und Lieferketten angewiesen sind. Doch gleichzeitig steigt auch die digitale Abhängigkeit von globalen IT-Anbietern. Als eine Allianz aus österreichischen Cloudanbietern stellt Ö-Cloud nun eine heimische und sichere Alternative dar. Beim oberösterreichischen Unternehmen eww werden laut Bernhard Peham, Bereichsleiter der eww ITandTEL, die vorrangigen Ziele der Ö-Cloud längst in die Praxis umgesetzt. Kein Wunder also, dass es als einziger Energiekonzern des Projekts mit an Bord des Kernteams ist. Schließlich seien Transparenz und der Schutz kritischer Daten für die Kunden des Unternehmens schon immer enorm wichtig. „Diese Sicherheit können wir jederzeit bieten, denn unsere österreichischen Rechenzentren erfüllen strengste Qualitätsrichtlinien“, so Peham. Für eww-Vorstand Florian Niedersüss ergibt sich daraus ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Er ist der festen Überzeugung, dass Unternehmen ihre Digitalstrategien nur mit den richtigen Partnern sicher umsetzen können. Im gemeinsamen Interview sprechen die beiden über ihre Vision für mehr Datensicherheit aus Österreich für Österreich.
Ihr erklärtes Ziel der Ö-Cloud ist es, „eine echte österreichische Alternative zu den internationalen Cloud-Hyperscalern zu etablieren“. Was genau bedeutet das?
NIEDERSÜSSViele unserer Kunden planen die verstärkte Nutzung von Clouddiensten für Ihre Daten, Systeme und kritischen IT-Anwendungen. Einige von ihnen setzen Cloudstrategien bereits heute um. Bei der Auslagerung an die globalen Anbieter, wie Amazon Web Services oder Microsoft, gibt es oft große Unsicherheit und Bedenken in Sachen Datensicherheit und bei den rechtlichen Rahmenbedingungen. Wir bieten deshalb als Teil der Ö-Cloud eine österreichische Alternative. Die Daten bleiben in Österreich und wir unterstützen unsere Kunden persönlich bei der Umsetzung Ihrer Cloudstrategie. Dabei bietet das österreichische Recht unseren Kunden einen zuverlässigen und offiziell bekannten Rahmen.
PEHAMEs ist uns aber klar, dass diese US-Unternehmen ihren Platz finden werden, auch in Österreich. Wir arbeiten daher mit ihnen zusammen. Unser Ziel ist es dabei, das beste Angebot für unsere Kunden zu ermöglichen. Für sie stellt sich nämlich eine entscheidende Frage: „Wohin mit den Daten und Anwendungen?“ Genau hierfür sind wir der richtige Partner.
Auf Ihrer Homepage liest man, dass die eww beim Projekt Ö-Cloud einer der wichtigsten Digitalisierungspartner der österreichischen Wirtschaft ist. Welche Rolle übernehmen Sie bei diesem Projekt?
PEHAMWir verfügen über die Basis und das Fundament jeder Informationstechnik. Das sind Netze, genauer gesagt Glasfasernetze, sowie Rechenzentren, die allesamt in Österreich liegen – in Wien, Linz, Marchtrenk und Wels. Darüber hinaus betreiben wir eine große Menge an Servern und Speichersystemen. Diese bilden die Grundlage für weitere Ö-Cloud-Partner, die zusätzlich wichtige Dienste für unsere Kunden anbieten. Das können beispielsweise Partnerportale oder Webshops sein.
Die eww ist als einziger Energiekonzern bereits in der Initialphase mit an Bord. Worauf freuen Sie sich bei der Herausforderung am meisten und wovor haben Sie einen gewissen Respekt?
NIEDERSÜSSWir freuen uns sehr, Teil dieser wichtigen europäischen und österreichischen Initiative zu sein und sehen das als Beweis und Anerkennung unserer hohen IT-Kompetenz in der Branche. Europa und Österreich sollen und dürfen diesen wichtigen Markt der Clouddienste nicht allein den USA und China überlassen – das ist unsere Motivation. Die europäische Wirtschaft würde nicht nur in Bezug auf Wertschöpfung und Innovationskraft Boden verlieren, sondern auch in wirtschaftliche und sicherheitsrelevante Abhängigkeit geraten. Wir haben das Ö-Cloud-Projekt mit hohem Engagement umgesetzt und sehen aufgrund unserer langjährigen Erfahrung mit Clouddiensten für österreichische Kunden keine für uns außergewöhnlichen Herausforderungen.
Die grundsätzliche Idee der Ö-Cloud sieht vor, künftig maximal unabhängig von US-amerikanischen und chinesischen IT-Providern zu sein. Wie funktioniert das?
PEHAMDie Ö-Cloud-Initiative nutzt die Architektur von GAIA-X. Im Grunde genommen handelt es sich dabei um die europäische Gegenwelt zu den amerikanischen und chinesischen Monopolen in der IT. Dank GAIA-X sind die Anbieter austauschbar, da sie auf Open Source setzen und es somit klar definierte Grenzen und Übergänge zwischen ihnen gibt. Dadurch räumt die Ö-Cloud den Kunden eine freie Wahl ein: Vielfalt entsteht, Regionalität wird ermöglicht. Die Monopole der globalen Anbieter werden ersetzt durch einen fruchtbaren Wettbewerb der Ideen und Konzepte.
Was bedeutet diese Unabhängigkeit für Unternehmen und Nutzer?
NIEDERSÜSSWir empfehlen unseren Kunden, sich für einen Cloudpartner innerhalb Österreichs oder der EU zu entscheiden – am besten natürlich für die eww ITandTEL. Denn damit haben Unternehmen und Nutzer einen Ansprechpartner vor Ort und Klarheit, wo genau ihre Daten liegen und Anwendungen laufen. Insbesondere bei der Auslagerung von kritischen Anwendungen und Daten zu Transaktionen, Personal und Kunden bringt das entscheidende Sicherheitsvorteile mit sich.
Weshalb ist die Priorität für den Datenschutz Ihrer Meinung nach gerade beim Thema Künstliche Intelligenz so hoch?
PEHAMIch selbst stelle mir immer die Frage: „Wem gehören meine Daten?“ – die Antwort wird immer schwieriger. Denn der Wert meiner Daten steigt von Jahr zu Jahr. Darin finden sich ungeahnte Lebensgeschichten und die Verwertung dieser wird durch Künstliche Intelligenz immer einfacher. Alle unsere Daten können dank KI sehr effizient ausgelesen und verwertet werden. Somit sind unsere Daten als Privatpersonen oder als Unternehmen immer leichter zu bewirtschaften. Wir verlieren die Kontrolle über diese Wertschöpfung, wenn wir den Datenschutz vernachlässigen.
Die Supermächte USA und China befinden sich mitten im KI-Wettrüsten. Wo sehen Sie den größten Aufholbedarf für Österreich und Europa?
PEHAMÖsterreicher waren immer schon die kreativen Köpfe in der Entwicklung der IT. Dabei denke ich zum Beispiel an den ersten Rechner namens „Mailüfterl“ des Wiener Informatikers Heinz Zemanek. Es gibt weitere zahlreiche Beispiele aus Österreich und Europa. Mein Wunsch ist, dass wir uns dieser Stärke bewusst sind. Wir müssen weniger regulieren und wieder mehr innovieren.
Worauf wird es bei der Datensicherheit in Österreich in den nächsten zehn Jahren entscheidend ankommen?
NIEDERSÜSSIT und Software haben sich in den vergangenen Jahren sensationell entwickelt und diese rasante Entwicklung wird sich fortsetzen. Die Rechenkapazitäten und Datenmengen wachsen exponentiell und ganze Unternehmen und Geschäftsmodelle entstehen oder verlagern sich in die Cloud. Diese digitalen Innovationen ziehen auch die „dunkle“ Seite an. Wir alle lesen in kürzer werdenden Abständen von Cyberkriminalität und anderen Datensicherheitsvorfällen. Dieses Rennen zwischen innovativen und destruktiven Entwicklern wird sich fortsetzen.
PEHAMIch erlebe ein Auseinanderbrechen der Welt. Verschiedenste Staaten haben ein großes Interesse daran, Hintertüren in IT-Systeme einzubauen oder Verschlüsselungen dank hinterlegter Schlüssel aufbrechen zu können. Argumentiert wird dabei mit dem Schutz unserer Kinder oder mit dem Kampf gegen Terror. Doch eigentlich verfolgen sie andere, nämlich eigene Interessen. Diese Hintertüren bleiben nicht lange geheim und werden immer wieder von hochprofessionellen kriminellen Organisationen ausgenützt. Daher ist jedes Unternehmen gefordert, abhängig von diesen Bedrohungsszenarien und dem Wert der Daten festzulegen, in welche Hände die Informationstechnik gelegt wird.
Welchen Beitrag wollen Sie dazu leisten?
NIEDERSÜSSWir sind davon überzeugt, dass Unternehmen nur mit den richtigen Partnern ihre Digitalstrategien sicher umsetzen können. Unser Ziel ist es, bestehende und auch neue Kunden auf ihrer erfolgreichen Digitalisierungsreise zu unterstützen.
PEHAMWir als eww ITandTEL unterliegen nicht den amerikanischen Regelungen, wonach nicht einmal der Kunde informiert werden muss, wenn seine Daten ausgelesen werden. Trotz aller Gefahren bleibe ich optimistisch. Die Digitalisierung ist eine Chance für uns und unseren Wirtschaftsstandort. Nutzen wir diese Chance und achten wir auf die möglichen Fallstricke._