Welche Best-Practice-Beispiele zeigen, wie es gelingen kann, seine Arbeitgebermarke gut zu positionieren?
Uwe BacoDie besten Arbeitgebermarken sind die, die sich gar nicht mehr mit Personalsuche befassen müssen. Diese sind mit der Personalauswahl beschäftigt. Es wollen mehr Leute dort arbeiten, als es offene Stellen gibt. Die Unternehmen können somit auswählen, wer am besten zu ihnen passt. In der IT-Branche gibt es überproportional mehr Firmen, bei denen das super funktioniert. Sie sind in der Regel aber auch jünger und hatten es somit leichter, sich auf die aktuellen Anforderungen am Arbeitsmarkt einzustellen. Aber auch in diesem Bereich gibt es Beispiele, die es nicht schaffen, eine erfolgreiche Arbeitgebermarke aufzubauen. Jede Firma sollte sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach der Decke strecken, um klar zu machen, was den/die Arbeitnehmer:in dort erwartet. Das tun viele namhafte große Unternehmen. Diese wären nicht so groß geworden, wenn sie es nicht geschafft hätten, im Laufe ihrer Geschichte die richtigen Leute in der richtigen Menge an sich heranzuziehen.
Wie groß ist der Wunsch bei Arbeitnehmer:innen nach New Work?
Uwe BacoNew Work bedeutet eine neue Art der Beziehung zwischen Arbeitgeber:in und dem Menschen im Unternehmen. Ich beschreibe diese Beziehung gerne als Mitunternehmer:in statt Mitarbeiter:in. Auf keinen Fall ist New Work altes Arbeiten in neuen, meist digitalen Kleidern. Es beschreibt eine neue Erwartungshaltung von Menschen. Sie wollen einen Beitrag leisten, Teil des Unternehmens sein. Ein:e Mitarbeiter:in fängt um acht Uhr an und beendet den Dienst um 17 Uhr. Mitunternehmer:innen wollen mitfiebern, mit leben und steigern sich dementsprechend rein. In diesem Fall gehen sie auch die bereits erwähnte Extrameile. Statt Arbeit bezeichnet man es dann als Selbstverwirklichung. Ich glaube, New Work läutet das Ende vom Anschaffen und Kontrollieren der Umsetzung ein. Zudem denke ich auch, dass Zeiterfassungssysteme bald ein Auslaufmodell sind. Wir wollen etwas Sinnvolles tun – dahin geht der Trend. Es macht keinen Sinn mehr, die Arbeit auf 40 Stunden zu strecken. „Bore-out“ ist genauso schlimm wie Burn-out. Die Leute möchten einen Sinn in ihrer Arbeit sehen und nicht schon um 8.30 Uhr darüber nachdenken, was sie bis am Abend noch tun sollen, weil sie mit ihrer Aufgabe schon fertig sind. Es entsteht ein neuer Level an Verantwortung, den die Menschen übernehmen müssen, aber auch wollen. New Work hat viel mit Vertrauen zu tun. Als FIirmenchef:in bringt man den Mitarbeiter:innen das Vertrauen entgegen, weil man weiß, dass die Angestellten nur das Beste für das Unternehmen wollen. Wenn man als Chef:in dieses Vertrauen in sich trägt, warum soll man denn dann noch kontrollieren? Es müssen die Ergebnisse stimmen. Da braucht man nicht überprüfen, ob jetzt im Moment gerade gearbeitet wird.
Wie sehr hat die Coronapandemie diese Erwartungshaltung beeinflusst?
Mario FiloxenidisIn der Pandemie ist es eng geworden. Und immer, wenn es eng wird, tritt eine Unternehmenskultur zutage. Plötzlich ist vieles gelungen, bei dem zuvor die meisten gedacht haben, es gehe nicht. Am 16. März 2020 waren auf einmal viele White Collar Worker, die im Büro beschäftigt sind, im Homeoffice. Zwei Monate davor hätten viele noch behauptet, das sei unmöglich zu realisieren. Es wäre sowieso in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren so gekommen. Doch Corona hat vieles beschleunigt. Das ist die Sicht der Arbeitgeber-Seite. Die Arbeitnehmer:innen haben sich während der Pandemie Gedanken gemacht, ob sie überhaupt noch im richtigen Job sind. Die Menschen hatten auf einmal Zeit, um sich die Frage zu stellen: „Ist mein Job das, was wirklich erfüllend ist?“ Deshalb hat der New-Work-Gedanke einen Boost erhalten. Bei EUCUSA haben wir schon vor der Pandemie viel im Homeoffice-Modell gearbeitet. Während der Pandemie war natürlich die Nachfrage nach Mitarbeiterbefragungen geringer.
Welchen Stellenwert nimmt gegenseitiges Vertrauen bei den neuen Arbeitsmodellen ein?
Uwe BacoGegenseitiges Vertrauen war schon immer erfolgsentscheidend. Das wird auch in Zukunft einer der topbedeutenden Werte sein. Vertrauen erfährt nun eine Art Weiterinterpretation im Sinne von „Ich muss nicht alles kontrollieren, was meine Leute machen. Ich als Firmenchef:in lasse meine Mitarbeiter:innen los, weil sie ohnehin das Beste für mein Unternehmen wollen.“ Es ist effizienzsteigernd, wenn man dem/der Mitarbeiter:in im Rahmen des Möglichen so viel Freiraum wie möglich einräumt, damit sie möglichst wesensgerecht arbeiten können. Dabei geht es auch um Fehlerkultur. Man lässt die Angestellten im Sinne des Unternehmens etwas ausprobieren. Es verfolgen ja alle dieselben Ziele. Vertrauen hat auch Einfluss darauf, wo und wie im Unternehmen Entscheidungen getroffen werden. Wenn ich viel Vertrauen habe, passieren Entscheidungen nicht nur ganz oben, sondern auch auf Staff-Ebene. Mit dem nötigen Vertrauen ist die Zusammenarbeit viel leichter gestaltbar.
Wie werden sich Unternehmen in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt positionieren, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein?
Mario FiloxenidisWir merken, dass es immer so Wellen gibt, bei denen es wichtig ist, dass man gewisse Punkte erfüllt. Wenn heute ein IT-Unternehmen kein Homeoffice anbietet, wird es vermutlich schwierig sein. Ein weiteres Beispiel: Das Thema Nachhaltigkeit bekommt bei den Menschen einen sehr hohen Stellenwert: sowohl bezüglich der Produkte und Dienstleistungen, die ein Unternehmen erbringt, als auch, wie die Mitarbeiter:innen und Kolleg:innen mit Nachhaltigkeit umgehen. Nachhaltigkeit bedeutet: Wie können wir langfristig den Ressourcenverbrauch so regeln, dass wir die Erde nicht ausbeuten? Was kann der Beitrag jedes Einzelnen sein, um hier nicht einen negativen Impact auf die Umwelt, praktisch den Fortbestand der Menschheit, zu geben. Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen legen immer mehr Wert darauf, ihr Unternehmen und ihre Arbeit darauf auszurichten, einen sinnstiftenden Job zu machen, damit man nicht das Gefühl hat, man beute die Menschheit aus. Diese Entwicklung wird auch in unseren Fragebögen deutlich. Immer mehr Unternehmen richten sich auf nachhaltige Ziele aus. Fragen zum Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen oder danach, ob umweltfreundliche Produkte hergestellt werden, sind mittlerweile von großer Bedeutung. Dass darauf ein Auge gerichtet wird, wird sich meiner Meinung nach in den kommenden fünf Jahren deutlich verstärken. Bezogen auf EUCUSA hatten wir bislang die Strategie, klein zu bleiben und die höchstmögliche Qualität zu bieten. Wir wollen durch unsere Kleinheit wendig bleiben und nicht ein exponentielles Wachstum haben und an eine:n Investor:in verkaufen. Wachsen wollen wir durch Partnerschaften. Das Kernteam mit unseren zehn aktiven Mitarbeiter:innen sollte relativ kompakt bleiben._