Manuel ist auf dem Heimweg und freut sich schon darauf, den Abend vor dem Fernseher mit einem Glas Rotwein und der vorgekochten Lasagne ausklingen zu lassen. Sein Smart Home erkennt, dass er in wenigen Minuten daheim sein wird. Als er in die Einfahrt fährt, ist der Backofen längst vorgeheizt, die Fußbodenheizung aktiviert und die Tür zur Garage öffnet sich automatisch. „Smart-Home-Systeme wie aus den kühnsten Zukunftsfilmen sind heute schon möglich, die Frage ist nur, ob man sich das auch leisten kann und will“, sagt Walter Kreisel. Er muss es wissen: 2010 mit der Umsetzung von Smart Home in seinem eigenen Heim unzufrieden, gründete er das Gebäudeautomatisierungs-Unternehmen Hometec. „Einen wahren Boom beobachten wir seit 2011 das iPad auf den Markt gekommen ist, dadurch sind die verschiedenen Funktionen auch für die Masse bequemst vom Sofa zu bedienen“, sagt er. Das sieht auch Günther Edenstöckl von Real 360 Immobilien so. „Die Barrieren und die Hemmschwellen sind weniger geworden, auf dem Touchscreen lassen sich die Funktionen mit Sicherheit einfacher verstehen als die Bedienungsanleitung des Heizkörpers“, sagt er. Das Immobilienmakler-Unternehmen wird immer intensiver mit der Thematik konfrontiert. „Diese Dinge muss man im Visier haben, um am Puls der Zeit zu bleiben, die Nachfrage bei unseren Kunden nimmt ständig zu“, erklärt Edenstöckl.
Planung statt Nachrüsten
Manuel ist mittlerweile müde geworden und begibt sich ins Bett. Während er langsam einschläft, deaktiviert das Smart-Home-System die Fußbodenheizung, die Jalousien werden geschlossen. Erst morgens, wenn Manuel zur üblichen Zeit aufstehen will, werden sie wieder automatisch hinaufgefahren, damit ihn die ersten Sonnenstrahlen wecken. Während er sich die Zähne putzt, wird in der Küche schon der Kaffeekocher aktiviert.
Auch wenn sich Manuel ein Leben ohne diese Bequemlichkeiten kaum noch vorstellen kann: Momentan sei Smart Home bei neuen Eigenheimen noch kein Must-have. „Es macht Sinn, bei der Planung von Wohnanlagen schon von Anfang an Möglichkeiten für Smart-Home mitzudenken“, erklärt Edenstöckl. „Wenn Kunden technikaffin sind und dann erfahren, dass keine Verkabelungsmöglichkeiten mitgeplant wurden, ist das nicht gut.“ Derzeit seien vor allem zwei Systeme hierzulande üblich: klassische Bussysteme oder Miniserver von Loxone. Mit Smart-Home-Systemen in der Planungsphase beschäftigt sich auch Helmut Möseneder, Geschäftsführer von Genböck Haus. Das Unternehmen setzt Bauprojekte um und wird immer öfters mit Kunden-Anfragen zum Thema konfrontiert. „Smart Home beginnt weniger im Hausbau selbst, sondern bei der Haustechnik“, sagt Möseneder, „wichtig ist es, schon in der Planungsphase eine Steuerzentrale mitzudenken, damit die einzelnen Bestandteile dann integriert und vernetzt werden können.“ Genböck Haus testet Smart-Home-Systeme in eigenen Musterhäusern, um die Kunden dann dementsprechend beraten zu können. „Besonders gut kommen Kompaktanlagen an, die im Sommer eine Kühlungsfunktion und im Winter eine Heizungsfunktion erfüllen und bedarfsgerecht die Lüftung steuern können“, sagt Möseneder. Besonders wichtig sei den Kunden auch eine einfache Steuerung. „Man will ja einfacher leben und nicht komplizierter."
Großes Potential am Markt
Das Potential des noch jungen Marktes ist auf jeden Fall gewaltig. Derzeit sind in jedem 100. Haus Smart-Home-Lösungen integriert, bis 2025 soll es schon jedes zehnte Zuhause sein, schätzt der Verband der deutschen Elektriker. Der Markt von 2,5 Milliarden Euro im Jahr soll auf 25 Milliarden anwachsen. Sowohl Edenstöckl als auch Kreisel beschreiben zwei wesentliche Typen von Kunden: Der technikaffine Nerd, der sich selbst um die Details kümmert und kaufkräftige Menschen quer durch alle Altersklassen. Unter letzt-
eren sind besonders viele Frauen. Kreisel: „Frauen legen hohen Wert auf Komfort beim Wohnen, etwa was die optimale Raumtemperatur betrifft, auch Sicherheit ist ein wichtiges Thema.“ Im Optimalfall könne ein gut umgesetztes Smart-Home-Konzept die Sicherheit im Haus noch verbessern, im worst case sei das Gegenteil der Fall. Ein Hacker, der sich von außen Zutritt zum System verschafft und dann nicht nur Raumtemperatur und Herdfunktionen sondern auch das Öffnen der Garagentür steuern kann? Ein Albtraum für alle Hausbesitzer und Unternehmen. „Grundsätzlich gilt: Das beste und sicherste IT-System ist nur gut, wenn der Benutzer auch richtig damit umgeht“, sagt Kreisel, „bei fahrlässigen Passwörtern oder schlechten Verschlüsselungen setzt man sich einem Risiko aus.“ Bei richtiger Installation ist das nicht so. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann das eigene Smart-Home-System so definieren, dass nur innerhalb des eigenen Hauses auf die Funktionen zugegriffen werden kann. „Dafür kann man dann aber auch am Heimweg nach dem Sport nicht schon vorab die Sauna vorheizen“, sagt Kreisel.
Keine Produktverliebtheit
Wer an Smart Home denkt, denkt oft an einen Kühlschrank, der bei Bedarf selbst Produkte nachbestellt, an Elektronikgeräte, die miteinander und dem Internet verbunden sind. „Diese Dinge werden ohnehin passieren, bei Smart Home selbst geht es aber mehr um Gebäudeautomatisierung“, sagt Kreisel.
Wie gelingt es bei ständig neuen technischen Möglichkeiten, die Übersicht zu bewahren und auf dem Laufenden zu bleiben? „Das ist eine Herausforderung, da monatlich neue Hersteller auf den Markt kommen“, sagt Kreisel. Er empfiehlt Benutzern, sich einen Überblick zu verschaffen. „Smart-Home-Architekten müssen aus einem Schlaraffenland von tausenden Produkten die beste Lösung finden, dabei geht es darum, nicht produkt- sondern lösungsorientiert das beste Konzept für alle Bedürfnisse zu finden.“ Denn während Menschen wie Manuel vielleicht die Steuerung der elektronischen Haushaltsgeräte und automatische Jalousien wichtig sind, wollen andere Benutzer lieber ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem oder Möglichkeiten, den Energieverbrauch so niedrig wie möglich zu halten. Das „perfekte“ Smart-Home-System gibt es also nicht – dazu sind seine Benutzer viel zu unterschiedlich._