Um den Standort für Start-ups attraktiver zu machen, muss man die Motive und Probleme der Gründer verstehen. Wie oft besuchen Sie eigentlich selbst Start-ups, abgesehen von den erfolgreichen, die ohnehin im Rampenlicht stehen?
StruglIch bin jedes Jahr bei etwa 200 Betrieben, darunter sind auch viele sehr junge dabei. Neben verschiedenen Veranstaltungen zu Wirtschaftspreisen, die ich besuche, habe ich einen eigenen Gründerpreis ausgelobt. Dort trifft man natürlich auch sehr viele Menschen, die gerade gegründet haben. In den Gesprächen erfährt man, wie es ihnen geht, und bekommt einen Eindruck über die Stimmung in der Szene.
Und wie ist die Stimmung?
StruglIch glaube, dass es uns gelungen ist, eine Aufbruchstimmung im Land zu erzeugen. Gründungen sind wieder gefragt, Menschen werden ermutigt, zu gründen. Die Gründungsbilanz des ersten Quartals 2016 sieht gut aus: Wenn man die Personenbetreuer abzieht, haben wir fast 1.600 Neugründungen. Im Vergleich: 2015 gab es 4.500 im gesamten Jahr. Ich glaube, dass im Land eine Gründerwelle angelaufen ist, und ich hoffe, dass es so weiter geht. Bis 2020 wollen wir die Zahl der Gründungen auf 5.000 steigern.
Das soll mit der neuen Gründerstrategie gelingen, die dieses Jahr beschlossen wurde – was wurde seitdem schon umgesetzt?
StruglEine Reihe der Maßnahmen, die in der Gründerstrategie Neu angesprochen wurden, sind schon umgesetzt, ob das jetzt Instrumente wie die MidTech-Gründer-Initative sind, der Accelerator in Hagenberg oder neue Instrumente, welche die Gründung erleichtern sollen, wie zum Beispiel die Start-up-Prämie des Landes. Auch Konzepte wie die unternehmerische Universität werden auf den Weg gebracht, konkrete Initiativen wie Start-up meets Industry, bei dem große Unternehmen mit Gründern kooperieren, werden auch gut angenommen.
Die Motivation der Gründer soll schon sehr früh geweckt werden – wie soll das funktionieren?
StruglMit der neuen Strategie wollen wir den Betrachtungszeitraum bei der Entstehung von neuen Unternehmen verlängern. Wir schauen uns also nicht nur die Gründung an, sondern auch, was davor passiert, vom Entstehen der Idee weg. In der Schule soll mit dem Fach „Entrepreneurship Education“ das Thema schon mitgetragen werden. Schüler lernen Unternehmen kennen, werden in Betriebe eingeladen, später können sie als Studenten in Start-ups schnuppern. Diese Ansätze wollen wir noch weiter unterstützen. Meiner Meinung nach ist das oberösterreichische Konzept ein Vorreiter. Man darf aber auch nicht vergessen, dass zahlreiche Gründer keine jungen Menschen sind, viele machen sich nach einer langen Zeit als Angestellter mit ihrem Know-how selbstständig.
Oberösterreich soll Start-up-Zentrum werden. Ist das realistisch?
StruglIch war vor kurzem auf Dienstreise in Amsterdam, und habe mir angesehen, wie die das dort machen. Die Reise hat mich einmal mehr bestätigt: Man muss auf die eigenen Stärken setzen, bei uns sind das die starke Industrie, die starke technologische Kompetenz und unsere Innovationslandschaft, was Schulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen betrifft. Gleichzeitig braucht es ein offenes Klima und eine starke internationale Komponente, um Gründungen rasch international vernetzen zu können und den Zugang zu internationalen Technologieknotenpunkten zu bekommen. Aus meiner Sicht ist das für Oberösterreich machbar, weil wir gute Voraussetzungen haben. Wir haben sehr gute Beratungs- und Informationsangebote, wie etwa die Wirtschaftskammer mit der JW, dem Gründerservice, Tech2b, Akostart oder Business Upper Austria.
Woran fehlt es dann noch?
StruglIm Risikokapitalbereich müssen wir noch mehr tun, es ist nach wie vor schwer, als Gründer an privates Kapital zu kommen.
Sie sprechen oft die fehlende Kultur des Scheiterns in Oberösterreich an. Wie kann man diese Einstellung ändern?
StruglBei uns ist es kulturell verankert, dass Scheitern stigmatisiert wird. Daher kann es auch passieren, dass gleich zurückgeschreckt wird, etwas zu wagen. Das ist eine zusätzliche Hemmschwelle, die man erst einmal überwinden muss als Gründer. Woanders gehört Scheitern zum täglichen Leben, auf der anderen Seite werden auch Erfolge ganz anders zelebriert. Viele erfolgreiche Unternehmen wurden von Menschen in die Welt gesetzt, die davor woanders schon gescheitert sind. Wir müssen uns überlegen, wie wir dieses Problem angehen. Auf der einen Seite sollten wir jene, die scheitern, nicht an den Pranger stellen, und diejenigen die erfolgreich sind, noch mehr vor den Vorhang holen. Und wir müssen mit unseren Instrumenten auch richtig umgehen. Wenn der Rechnungshof beispielsweise kritisiert, dass bei einem Inkubator eine Unternehmensidee gescheitert ist, dann macht er genau das Gegenteil von dem, was wir uns wünschen. Eine Gründung impliziert ja schon, dass sie scheitern kann. Unsere Aufgabe ist es, das stärker zu kommunizieren, damit ein Umdenken in den Köpfen stattfindet._
Erste konkrete Umsetzungsschritte im Rahmen der neuen Gründerstrategie
- „Start-up meets Industry“: Vernetzung von Start-ups mit Leitbetrieben, weil sie sich optimal ergänzen
- „Midtech-Initiative“: flexible, niederschwellige Unterstützung für innovative technologische Gründungen aller Art
- „Pre-Seed-Programm“ in Hagenberg, um das Gründungspotenzial im Umfeld von Fachhochschule und Softwarepark Hagenberg voll zu erschließen
- Intensivierung der unternehmerischen Verwertung von Forschungsergebnissen
- Gezielte Förderung von „Gründungen aus Unternehmen“
- „Start-up-Prämie“ des Landes Oberösterreich: Fördermaßnahme für innovative und wachstumsorientierte Betriebe für Investitionsvorhaben