Welches Auto fahren Sie selbst, Herr Großauer?
Großauer_Einen Diesel der modernen Euro-6d-Temp-Klasse. Beim Autokauf haben wir uns verschiedene Antriebstechnologien angeschaut, wollten auch in Richtung Elektro gehen. Mit den Kindern brauchen wir allerdings sehr viel Platz – insbesondere im Urlaub – und fahren sehr weite Strecken. Und ich ziehe mit meinem Auto einen Wohnwagen – dafür gibt es bei E-Autos derzeit kein leistbares Angebot. Die Auswahl des Antriebs sollte sich immer am Nutzungsverhalten orientieren. Das wird in Zukunft viel stärker der Fall sein.
Heuer kommen einige neue E-Autos renommierter Hersteller mit mehr Reichweite und konventionellerem Design auf den Markt – wird 2019 das Jahr der Elektromobilität?
Großauer_Im Jahr 2018 waren 0,4 Prozent der Autos in Oberösterreich E-Autos – das ist nicht sehr viel. Selbst wenn wir jetzt einen totalen Boom an Neuzulassungen erleben würden, würde dieser Anteil nur sehr langsam wachsen. 80 Prozent der E-Auto-Neuzulassungen im vergangenen Jahr gehen auf Firmen zurück. Das zeigt, dass das Thema E-Mobilität bei den Privatkonsumenten noch nicht ausreichend angekommen ist, weil noch zu viele Hürden bestehen: hohe Anschaffungskosten, fehlende Reichweite, die Frage nach der Lebensdauer der Akkus und dem Wiederverkaufswert sowie die fehlenden Lademöglichkeiten etwa in den Städten, in Mehrparteienhäusern oder beim Arbeitgeber. Interessanter ist es derzeit für Firmenwägen, einerseits für den Nutzer, der sich den Sachbezug erspart, aber andererseits auch für Unternehmen, denen ein ökologischer Fußabdruck oder eine moderne Visitenkarte wichtig ist.
Ging der Ausbau der Ladeinfrastruktur für einen E-Auto-Boom schnell genug?
Großauer_Wir haben da das klassische Henne-Ei-Problem: Was kommt zuerst, die Ladeinfrastruktur oder die Autos? Wenn die Nachfrage nach E-Autos größer wäre, dann würde auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur schneller gehen. Am sinnvollsten ist die Elektromobilität in der Breite aber ohnehin, wenn die Leute zuhause über Nacht laden können. Solange es Hürden in Bezug auf die private Installation von Wallboxen gibt, wie etwa in Mehrparteienhäusern oder Tiefgaragen, oder gar keine Lademöglichkeit auf Parkplätzen vor Wohnhäusern, haben wir da ein Problem.
Welche Antriebstechnologie wird sich durchsetzen?
Großauer_Wir glauben, dass in Zukunft ein Mix aus Antriebstechnologien vorhanden sein wird, und sehen hier nicht nur das E-Auto, sondern auch die Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren. Mit synthetischen Kraftstoffen betrieben, verursacht etwa ein Diesel, über die gesamte Lebensdauer hinweg gerechnet, weniger Emissionen als ein Elektroauto. In den kommenden zehn Jahren werden Hybridautos den Markt dominieren, weil sie den Autoherstellern dazu dienen, die Flottenemissionsziele zu erreichen und daher eine Brückentechnologie darstellen. Längerfristig wird die Zukunft der Mobilität aber deutlich elektrischer, das ist sicher.
Wie objektiv sind Emissionsbeurteilungen heute und welche Rolle spielt das?
Großauer_Es existiert eine Schieflage in der Beurteilung. Elektrisch gefahrene Strecken, auch bei Hybridautos, werden mit null Emissionen gerechnet. Der Strommix wird da nicht berücksichtigt. Synthetische Treibstoffe hingegen würden CO2-neutral beurteilt werden, wenn man berücksichtigen würde, dass der bei der Verbrennung entstehende CO2-Ausstoß bei deren Produktion kompensiert wird. Wir brauchen faire Regeln für die Beurteilung von Antriebstechnologien und sollten dann den Wettbewerb entscheiden lassen, welche Technologien sich durchsetzen. Der Gesetzgeber sollte nicht in die Technologieentscheidung eingreifen.
Wie schätzen Sie die Brennstoffzellentechnologie ein?
Großauer_Da stellt sich die Frage, ob sie sich durchsetzen wird. Man muss sich rein wegen des Wirkungsgrades fragen, ob es Sinn macht, aus Strom Wasserstoff zu erzeugen und dann wieder aus Wasserstoff Strom. Große Reichweite und kurze Betankungszeit sind zwar große Vorteile, Autos mit Brennstoffzellenantrieb sind allerdings noch viel zu teuer.
Glauben Sie, dass E-Mobilität finanziell mehr gefördert werden sollte?
Großauer_Grundsätzlich ist es gut, dass die E-Mobilität gefördert wird – manche Technologien brauchen eine Anschubfinanzierung. Eine Technologie muss sich allerdings langfristig selbst tragen, damit sie sich durchsetzen kann. Das momentane Fördermodell ist für den Staat nur tragbar, solange die Anzahl der E-Autos relativ gering ist. Insgesamt müssen die Autos einfach günstiger werden.
Wie könnte die Mobilität im Jahr 2050 in Oberösterreich aussehen?
Großauer_Die Mobilitätswelt wird auf jeden Fall bunter und intelligenter. Es wird autonom fahrende Fahrzeuge geben. Autos sind in der Cloud und kommunizieren untereinander sowie mit der Straße. Auch der Verkehr in der Luft wird zunehmend ein Thema sein, wenn man an Flugtaxis oder bemannte Drohnen denkt. Im öffentlichen Verkehr wird sich ein Teil „on demand“ abspielen und den individuellen Bedürfnissen der Menschen stärker Rechnung tragen. Multimodale Mobilitätslösungen werden Alltag sein, genauso wie Car-Sharing und vor allem auch regionale Microlösungen. Diese Lösungen werden vor allem im ländlichen Raum zu finden sein. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Mobilität zunehmen, sich aber deutlich besser an den Bedürfnissen der Menschen orientieren wird. Nicht zu unterschätzen ist auch die demografische Entwicklung. Das bedeutet, dass künftig deutlich mehr ältere Personen mobil sein werden._