Wir schreiben das Jahr 2025. Peter X lehnt in seinem ergonomisch perfekt ausgestatteten Schreibtischsessel (natürlich mit hochwertiger Lederpolsterung) und arbeitet gerade an einer neuen Softwarelösung. „Autsch“, flucht seine Sekretärin, als sie sich am Billardtisch in seinem Büro den Ellbogen anstoßt, weil sie fast blindlings durch die Tür gestolpert ist. Ein Billardtisch im Büro? Nun ja, den hat ihm die Personalabteilung zum dreißigsten Geburtstag überraschend geschenkt, weil er mal nebenbei erwähnt hatte, dass Billardkugeln eine ungeheure Inspiration auf ihn ausüben. „Der Chef würde gern schnell einen Kaffee mit dir trinken, hast du Zeit?“ Peter X sieht von seinem Computer auf und wundert sich zum wiederholten Mal darüber, dass dieses Mädchen mit den extravaganten Outfits nicht irgendetwas mit Mode macht, anstelle seine Termine zu koordinieren. „Ach, das mit der Mode hat ja keine Zukunft. Die Firma hier ist cool, da will man einfach arbeiten“, sagt sie dann immer, lacht und wirft ihre roten Locken in den Nacken. Apropos rot. Hatte er nicht irgendwann seinem Chef bei einem dieser Betriebsausflüge in die Karibik erzählt, dass er rothaarige Frauen am attraktivsten findet? Und fing nicht kurz darauf die Sekretärin an, bei ihnen zu arbeiten? Wie auch immer. Peter X schiebt den Stapel an Bewerbungsmappen, die heute Morgen in der Post waren, zur Seite. Sein Chef bekommt immer diese roten Flecken im Gesicht, wenn er nervös wird. Besser, er sieht nicht, wie viele Firmen ihm heute schon wieder aufwändig produzierte Werbe-DVDs geschickt haben, um ihn in ihr Unternehmen zu locken.
Arbeitskräftemangel: Eine Frage der Branche
Also gut. Ob dieses Szenario tatsächlich Realität wird, Mitarbeiter die skurrilsten Wünsche erfüllt bekommen und nicht mehr Arbeitnehmer sich bewerben sondern umgekehrt, das sei dahingestellt. Fakt ist aber, dass der Fachkräftemangel vieles bereits verändert hat und noch mehr verändern wird. Vor allem in Branchen wie IT, Technik und Gesundheit. „Ein Software-Entwickler sucht sich letztendlich heute schon aus, wo er arbeiten möchte“, weiß Oliver Sonnleithner, Geschäftsführer vom Jobportal karriere.at. Auch Martin Mayer, Geschäftsführer von Iventa, einem Human Management Consulting Unternehmen mit Hauptsitz in Wien, spricht vom Mangel an qualifiziertem Personal, wenn auch nur in bestimmten Branchen: „In der Bankbranche gibt es definitiv keine Knappheit an qualifizierten Bewerbern – ganz anders ist es aber in der spezialisierten technischen Industrie oder bei IT-Jobs, hier gibt es einen massiven Bedarf an Arbeitskräften. Ebenso im Gesundheitsbereich, wir haben ein großes Ärztenachwuchsproblem.“ Wer heute eine gute Qualifizierung vorweisen kann, hat große Chancen, spannende Angebote am Markt zu bekommen, so Mayer. Unqualifizierte Jobs würden im Gegenzug aussterben – egal ob Arbeiter oder Angestellte. Denn die Anforderungen an jeden Einzelnen werden immer höher. „Auch Anforderungen im Sinne von Flexibilität. Unternehmen wollen diesen topqualifizierten, jederzeit verfügbaren, veränderbaren Menschen. Nicht, weil sie böse sind. Sondern weil sich die Wirtschaft dorthin entwickelt hat“, sagt Mayer.
"Für Arbeitgeber ist es Zeit, wirklich etwas zu tun. Das haben sie in den letzten zehn Jahren komplett verschlafen"
Oliver Sonnleithner
In Oberösterreich ist die Lage nicht ganz so zugespitzt. „Oberösterreich hat einen starken Wirtschaftsraum mit vielen großen Unternehmen, die natürlich auch um die besten Leute kämpfen“, so Oliver Sonnleithner. Gehe man davon aus, dass die Wirtschaft konstant bleibt oder vielleicht sogar wächst, dann könne dieser Kampf noch härter werden. Die Alterspyramide trägt ihren Teil dazu bei. „Für Bewerber wird es daher – das traue ich mir zu sagen – in Zukunft nicht schwieriger werden, einen guten Job zu finden. Für Arbeitgeber ist es Zeit, wirklich etwas zu tun. Das haben sie
in den letzten zehn Jahren komplett verschlafen“, so Oliver Sonnleithner. Es geht also darum, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.
Hallo, wir sind der Beste!
Employer Branding ist das Zauberwort. Ein Bereich, auf den sich Iventa spezialisiert hat. „Man muss sich die Frage stellen: Was zeichnet mein Unternehmen als Arbeitgeber aus? Das tun interessanterweise nur wenige Unternehmen. Manche haben ein Mission Statement, ein Leitbild ist aber noch kein Employer Brand“, weiß Martin Mayer. Aus dem Mission Statement müsse man die Arbeitgeberpositionierung herausarbeiten und im zweiten Schritt überlegen, wer die Zielgruppen sind.
„Meist ist es für ein Unternehmen nicht in allen Zielgruppen schwer, zu rekrutieren. “Wenn man die Zielgruppe kennt, kann man sie konkret ansprechen und auf ihre Bedürfnisse eingehen. Wichtig sei auch, sich den regionalen Arbeitsmarkt anzuse- hen. Oft steht ein Unternehmen im unmittelbaren Wettbewerb mit einem anderen in der Region – dann gehe es darum, sich von den anderen abzuheben und sich konkret zu positionieren. „Jeder Arbeitgeber sollte sich zwei oder drei USPs raussuchen, die für ihn sprechen. Zum Beispiel kann ein Großkonzern mit einem guten Gehaltssystem punkten, während ein kleiner Familienbetrieb seinen Mitarbeitern die Chance bieten kann, sich selbst zu verwirklichen“, so Oliver Sonnleithner von karriere.at.
Entscheidend ist beim Employer Branding jedoch die Ehrlichkeit. „Man muss immer authentisch bleiben. Ein grober Fehler wäre, niederzuschreiben wie man gerne wäre und das dann zu kommunizieren. Wenn sich die eigenen Mitarbeiter nicht wiederfinden, dann kann das sehr gefährlich sein“, weiß Mayer. Es gehe schließlich nicht nur darum, Mitarbeiter zu rekrutieren, sondern sie auch im Unternehmen zu halten. Wie aber kann man nun sein Arbeitgeberprofil nach außen kommunizieren? Nach außen dienen die Website, der Auftritt auf Messen, in Schulen und Universitäten, aber auch Werbekampagnen als Kommunikationsmittel, wichtig seien aber auch interne Kommunikationswege wie Newsletter, Mitarbeiter-Zeitungen und Mitarbeiter-Veranstaltungen. Bei karriere.at gibt es die sogenannte „branding solution“ – dabei machen sich Unternehmen für potentielle Bewerber transparenter: Sie zeigen auf der Website der Jobbörse, welche Arbeitsplätze sie zu bieten haben, wie die Kultur ist, wie es im Unternehmen aussieht und wie Teamarbeit gelebt wird.
Gesamtpaket Top-Arbeitsplatz
Begibt sich ein Bewerber nun also auf Jobsuche, springen ihm die Arbeitsprofile dieser Firmen gleich ins Auge. Wonach suchen aber die qualifizierten Leute heute überhaupt? Martin Mayer kennt die Wünsche der qualifizierten Bewerber aus erster Hand: „Der Job an sich muss interessant sein. Damit einhergehen müssen gewisse persönliche Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Man will heutzutage Verantwortung und Entscheidungskraft und man will unmittelbares Feedback.“ Ein zweiter Faktor seien die Arbeitsbedingungen. Und dabei zählen nicht nur das Einkommen, sondern auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – flexible Arbeitszeiten stehen demnach sehr hoch im Kurs. „Das ist mittlerweile auch für Männer extrem wichtig. Die Jungväter Anfang und Mitte 30 wollen nicht mehr um sieben außer Haus und spätabends wieder heim – sie wollen genügend Zeit ihrer Familie widmen können“, so Mayer. Abnehmen würde hingegen die Bedeutung von klassischen Hierarchie- und Status- symbolen wie die Marke des Firmenautos oder die Größe des Büros. Eine moderne Infrastruktur mit neuester Technik und helle Räume spiele aber eine große Rolle, weiß Oliver Sonnleithner. Schließlich wolle man sich wohlfühlen, wenn man acht oder mehr Stunden am Arbeitsplatz verbringt. „Wir haben extrem viel Aufmerksamkeit am Arbeitsmarkt durch unser neues modernes Büro bekommen“, weiß Sonnleithner aus eigener Erfahrung. Attraktiv mache einen Arbeitgeber auch die Erreichbarkeit – im Idealfall liegt die Firma gleich in der Nähe des Wohnortes. Für einen wirklich guten Arbeitgeber nimmt man aber eine gewisse Entfernung durchaus in Kauf.„Das belegen die vielen Hidden Champions. Ich kenne eine Firma in Anif bei Salzburg – die rekrutieren hauptsächlich international. Leute aus New York oder Neuseeland fühlen sich vom Arbeitgeberprofil angesprochen. Die Firma kommuniziert explizit in ihrem Profil: Wir sind in den Bergen, bei uns könnt ihr Snowboarden und Ski fahren und habt auch die Zeit dazu“, erzählt der karriere.at-Geschäftsführer. Man muss sich also etwas einfallen lassen, dann kann man auch in versteckten Regionen ein interessanter Arbeitgeber sein.
Die Zeit tickt immer schneller.
Und was wird die Zukunft bringen? „Arbeitnehmer werden viel weniger Bittsteller sein. Sie wünschen sich ein Gesamtpaket und werden es auch bekommen: flexible Arbeitszeiten, guten Verdienst, eine Unternehmenskultur, die zu ihnen passt und die neueste Technik“, ist Sonnleithner überzeugt. Martin Mayer von Iventa sieht eine große Herausforderung für Arbeitgeber darin, sich an die rapid verändernde Welt gemeinsam mit seinen Mitarbeitern anzupassen: „Alles verändert sich. Man denke an die mobile Technologie – diese hat die Arbeitsweise revolutioniert. Es geht also auch darum, Mitarbeiter im Geist so mobil und flexibel zu halten, dass sie sich ständig neu anpassen können“, sagt Mayer. Deshalb wundere es ihn sehr, warum es immer noch für viele Unterneh- men kaum Thema ist, sich die Frage zu stellen: Wie gehen wir mit der Generation 50plus um? „In Zukunft sollen Menschen bis 65 arbeiten. Man muss sich daher überlegen, wie diese Generation sowohl körperlich als auch geistig fit bleibt, damit sie lange leistungsfähig ist. Diese Generation braucht etwas anderes als die jetzt 30-Jährigen.“
"Die Unternehmen wollen diesen topqualifizierten, jederzeit verfügbaren, veränderbaren Menschen. Nicht, weil sie böse sind. Sondern weil sich die Wirtschaft dorthin entwickelt hat"
Martin Mayer
Zurück zu Peter X. Der Papierkorb in seinem lichtdurchfluteten Büro ist mittlerweile randvoll. Der Grund dafür: die vielen Bewerbungsmappen sämtlicher IT-Firmen, die ihn gerne abwerben würden. Obwohl Peter X damit nicht ganz dem Trend entspricht – er bleibt seinem Arbeitgeber treu. Schließlich habe er sich vor sechs Jahren, als er sich für diese Firma entschieden hatte, sehr genau damit beschäftigt, ob sie wirklich zu ihm passt. Genau das empfiehlt Oliver Sonnleithner allen Jobsuchenden: „Die Website, Arbeitgeberprofile und Meinungen aus dem Netzwerk können schon mal einen guten Überblick über den Arbeitgeber verschaffen. Außerdem hilft natürlich auch ein Schnuppertag, um zu erkennen: Ja, mit dieser Firma kann ich mich identifizieren. Oder eben nicht.“ Schließlich gehe es um eine tragende Entscheidung. Denn – und das sei auch ein erkennbarer Trend – Unternehmen bemühen sich vor allem darum, ihre Mitarbeiter zu halten und diese fachspezifisch auszubilden. „Es gibt interessanter Weise eine Zwei-Klassen-Welt. Für Mitarbeiter, die im Unternehmen sind, versucht man sehr viel zu ermöglichen: von Kinderbetreuungsangeboten bis hin zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung. Fallen Leute aber aus dem Arbeitsmarkt raus, ist es oft schwer für sie, wieder wo reinzukommen“, sagt Mayer von Iventa._
Martin Mayer
Geschäftsführer Iventa
Iventa zählt zu einem der führenden Human Management Consulting Unternehmen im gehobenen Personalbereich in Zentral- und Osteuropa. Von der Personalberatung Wien aus agiert Iventa als Mediaagentur und Consulting-Unternehmen österreichweit, sowie im zentral- und osteuropäischen Raum, branchenübergreifend und als Schaltstelle für internationale Projekte. Seit 2001 ist Iventa mit einer eigenen Niederlassung in Oberösterreich - der Personalberatung Linz - vertreten.
Oliver Sonnleithner
Geschäftsführer karriere.at
karriere.at ist Österreichs größtes Jobportal mit Angeboten vor allem aus dem kaufmännisch-technischen Bereich. Gemeinsam mit zwei Studienkollegen gründete Oliver Sonnleithner im Jahr 2004 das Unternehmen mit Sitz in Linz und einer Zweigniederlassung in Wien. Jobsuchende können ihr Profil in die Bewerberdatenbank eintragen und sich Stelleninserate automatisch zusenden lassen. Für Unternehmen bietet karriere.at HR-Lösungen für die Mitarbeitersuche und für Employer Branding in Form von Arbeitgeberprofilen.