#Retail- & Kommerzkunden
Früher ging man für Kontoauszüge und Überweisungen in eine Bank. Dafür reicht heute das Internet. Wie hat sich das Verhältnis zwischen Kunden und Kreditinstituten verändert?
RockenschaubDer Kunde hat höhere Ansprüche und ist informierter als früher. Für Privatkunden war die Bank früher eine Autorität: In den 80er Jahren gab es im Privatkundenbereich sogar noch die Schalter, die erhöht waren. Der Kunde hat nach oben zum Bankmitarbeiter geblickt. Heute müssen sich Produkte dem Kunden anpassen und nicht wie früher umgekehrt. Dieser Wandel am Markt hat natürlich auch zu einem kompletten Wandel im Auftreten und Innenleben der Bank geführt.
Wohin führt dieser Wandel?
HuberDer Weg geht in diese Richtung weiter. Im Retailkundenbereich wird es nur noch Lösungen für Kunden geben, die auch bankfremde Dienstleistungen wie etwa Baukoordinatoren miteinschließen. Im Hintergrund brauchen wir Standardprodukte, weil wir sonst mit der Digitalisierung und der Abwicklung nicht mehr fertig werden. Die Bank wird eine Vermittlungsplattform rund um einen wichtigen Lebensmoment wie die Geburt eines Kindes, einen Todesfall oder ein Bauvorhaben werden. Für viele weitere Situationen wird die Palette an Onlineservices erweitert werden. Auch im Kommerzkundenbereich wird es mehr Kooperationen geben, etwa mit Fintech-Unternehmen und anderen Dienstleistern, wie Buchhaltern oder Anwälten geben, die alle in einem Ökosystem über vernetzte Schnittstellen arbeiten. So können wir Wallets, Blockchain, Videochat und Datenanalyse in unsere Angebote integrieren. Produkte und Dienstleistungen können damit aus einer Hand zur Verfügung gestellt werden. Die Produkte sind vielfältig, vom Exportgeschäft über Liquiditätssicherung bis hin zur Veranlagung – das kann gar nicht alles ein Betreuer abdecken. Bei Kommerzkunden sind wir gerne selber vor Ort im Unternehmen.
Für junge Kunden sind die digitale Welt und ihre vielfältigen Möglichkeiten so selbstverständlich wie für frühere Generationen der Gang zum Schalter. Wie möchten Sie die junge Generation als traditionelle Bank erreichen?
HuberWir versuchen in einer Matrix und nicht mehr in Generation Y oder Z zu denken. Die gesellschaftliche Vielfalt hat zugenommen und die unterschiedlichen Lebensstile und Werte müssen wir gezielt ansprechen, damit wir alle erreichen. Die Digital Natives erwarten Kommunikation auf Augenhöhe und Services, die ihre unmittelbaren Bedürfnisse abdecken. Sie verlangen wenig Bürokratie und betonen ihre Individualität. Wir müssen die Produktsicht verlassen und mehr in Services denken. Junge Menschen möchten diese Services dann im passenden Kontext, mit relevanten Inhalten und zur richtigen Zeit nutzen können.
Wie haben Sie in der Vergangenheit die unterschiedlichen Generationen erreicht?
RockenschaubDie gezielte Kundenansprache hat es im Retail- oder Filialgeschäft kaum gegeben, so wie man das heute im Marketing macht. Der produktorientierte Vertrieb hat komplett dominiert. Im Kommerzkundengeschäft gab es die individuelle Kundenansprache schon früher. Heute arbeiten wir mit einem Lebensstil-Portfolio, sogenannten Sinus-Milieus, um die unterschiedlichen Lebensweisen berücksichtigen zu können.
Im Blickpunkt Michael Rockenschaub
Was war Ihr schwerster Augenblick in Ihrer Karriere?_ Das erste Halbjahr 2009, als wir die Konsequenzen des Bankencrashs für die Industrie spürten. Wir standen vor einer völligen Leere und fragten uns: Gehen wir jetzt alle miteinander unter?
Wann kam der Lichtblick?_ Im zweiten Halbjahr 2009. Man hat gesehen, dass alles wieder in Schwung kommt.
Was war Ihr schönster Augenblick in Ihrer Karriere?_ Die Berufung in den Vorstand 2003.
Wie bekommt man den Blick für das Wesentliche in der Position als Generaldirektor einer Bank?_ Es geht um einen guten Umgang mit Ressourcen, mit der Zeit und mit sich selbst.
Worauf freuen Sie sich beim Blick in die Glaskugel?_ Auf Zeit für meine Leidenschaften: Skifahren und ausgiebige Besuche in Museen für Geschichte und Kunstgeschichte.