Dass das Bildungswesen mit der Digitalisierung noch seine Schwierigkeiten hat, ist in der Krise unübersehbar geworden. Homeschooling ist zur Stunde das Mittel der Wahl. Ein Konzept, das aus der Not geboren wurde. Von einem Erfolgsmodell kann dabei keine Rede sein. Das Maschinenbauunternehmen Fill möchte die heimischen Bildungseinrichtungen nun auf dem Weg zur digitalen Schule begleiten – staatliche Fördermittel gibt es dafür jedoch nicht.
Die Idee, heimische Schulen digital fit zu machen, hatte das Innviertler Unternehmen bereits vor zwei Jahren. Sie war also keine Reaktion auf die Krise. Im Gegenteil: Der offizielle Start für ein neues Ausbildungszentrum am Firmenstandort wäre schon für den 8. Mai letzten Jahres geplant gewesen. Im Zuge der „Langen Nacht der Forschung“ sollte das Fill Future Lab feierlich eröffnet und Schülern sowie Lehrkräften zugänglich gemacht werden. Corona machte dem Vorhaben aber vorerst einen Strich durch die Rechnung. Sobald es die gesetzlichen Rahmenbedingungen ermöglichen, soll es aber endlich losgehen. Mit dem Future Lab hat das Unternehmen eine moderne Lernumgebung auf 140 Quadratmetern errichtet, in der digitale Kompetenzen erlernt werden und Wissen über zukünftige Technologien vermittelt wird. „Die Kreativwerkstatt wurde für verschiedenste Zielgruppen konzipiert – angefangen bei Stationen für Kinder ab drei Jahren, Volksschüler und Mittelschüler bis hin zu Lehrlingen, Oberstufenschülern und Erwachsenen“, erklärt Geschäftsführer Andreas Fill. Auch Partner, Kunden und Lieferanten sollen hier in Zukunft die Möglichkeit haben, sich einzumieten und an neuen Ideen zu arbeiten. „Wir haben für dieses Projekt eine Menge Geld in die Hand genommen, wohlwissend, dass es sich eine Schule nicht leisten kann, die 20 Roboter zu kaufen, die wir hier zur Verfügung stellen. Alleine in das Equipment haben wir zwischen 60.000 und 80.000 Euro investiert“, erzählt Fill. Dabei seien Ausgaben wie Personalkosten noch gar nicht miteinberechnet. „Wir haben das Projekt im Jahr 2019 in Kooperation mit 16 Schulen aus dem Innviertel gestartet und zur Förderung eingereicht. Leider wurde uns diese verwehrt“, so der Geschäftsführer, der kein Geheimnis aus seinem Unverständnis für diese Entscheidung macht. „Aber wir machen unsere Projekte nicht, um Förderungen einzustreifen, sondern weil wir daran glauben. Deshalb haben wir den Aufbau des Future Labs trotzdem durchgezogen.“
Benchmark in der Berufsorientierung
Das Ergebnis sind acht einzelne Labore, die als Kollektiv das Future Lab ausmachen. Die Themenfelder reichen von Virtual Reality über 3D-Druck bis hin zu Robotern und Drohnen, aber auch eher Fill-untypische Bereiche wie ein Gesundheits- und ein Medienlabor – in dem man unter anderem die Erstellung von Podcasts erlernen kann – sind in das neue Bildungszentrum integriert. „Uns ist es wichtig, dass wir als Technikunternehmen nicht nur für die HTL offen sind. Das Future Lab kann von allen Schultypen genutzt werden, deswegen bieten wir auch unterschiedliche Programme an, die auf die jeweiligen Schulstufen und -typen abgestimmt sind“, erläutert Fill die Beweggründe dafür. „Für die Schulen des Innviertels sind unsere Angebote kostenlos, weil uns das als Unternehmen in der Region einfach ein wichtiges Thema ist. Darüber hinaus haben wir auch Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte und Entwicklungsangebote für Schulen, die wir zur Verfügung stellen möchten. Wir haben die entsprechenden Experten für Digitalisierung bei uns im Haus und können so den Weg zur digitalen Schule ebnen.“ Mit dem Future Lab hat sich Fill aber auch noch weitere Ziele gesetzt: „Ich bin zuversichtlich, dass wir hier mittelfristig zu einem Benchmark in der Berufsorientierung werden können – und das wollen wir auch.“ Schon seit Jahren unternimmt Fill Anstrengungen im Bereich der Nachwuchsarbeit – nicht zuletzt, um auch dem bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. So war das Jahr 2020 das 15. Jahr in Folge, in dem die Anzahl an Bewerbungen gesteigert werden konnte. „Bei den Lehrlingen haben wir sogar erstmals die 100er-Marke geknackt“, freut sich der Geschäftsführer. 20 davon wurden in insgesamt acht verschiedenen Lehrberufen aufgenommen. „Wir könnten also jede Lehrstelle fünffach besetzen und haben die Möglichkeit, hier wirklich aus dem Vollen zu schöpfen. Ein Teil unserer Anstrengungen und Ausgaben kommt so wieder zurück.“
Begeisterung in der Bildungsdirektion
Lob für das Future Lab gibt es auch von Eva Panholzer, Schulqualitätsmanagerin und Leiterin der Bildungsdirektion Innviertel: „Das ist ein wirklich cooles Klassenzimmer für digitale Talente! Fill hat hier ein tolles Projekt auf die Beine gestellt, das zeigt, wie die Vernetzung zwischen Schule und Wirtschaft in Zukunft aussehen kann. Als Leiterin der Bildungsdirektion Innviertel ist es mir wichtig, solche Leuchtturmprojekte in schwierigen Zeiten aufzuzeigen, damit wir sehen, wohin der Weg in das Klassenzimmer in den nächsten Jahrzehnten führen kann.“ Besonders das letzte Jahr habe gezeigt, wie wichtig es sei, neue Unterrichtsmodelle und -technologien einzuführen, zu nutzen und auch ständig zu erneuern. „Es ist natürlich schwierig, binnen kürzester Zeit ein Bildungssystem auf den Kopf zu stellen. Dazu braucht es auch eine gut ausgebaute Infrastruktur, technische Ausstattungen, Fortbildungen für Lehrkräfte und ganz besonders Leitprojekte wie das Future Lab.“
Die Vernetzung zwischen Wirtschaft und Schule sei sehr wichtig, um für die Schüler auch praxisnahe Anwendungsfälle erlebbar zu machen. „Fill zeigt hier wieder einmal, wieso sie zurecht einen weltweiten Ruf als innovatives Unternehmen haben. Ich wünsche mir, dass in Zukunft ein reger Austausch der Schulen über die gemachten Erfahrungen im Future Lab stattfindet und diese Erkenntnisse konkret in den Unterricht einfließen“, so Panholzer. An diesem Punkt setzt auch die Vision von Andreas Fill an: „Als Sprecher der Initiative ‚Hotspot Innviertel‘ träume ich davon, dass unsere Schüler bestmöglich ausgebildet werden, als junge Erwachsene dann die Welt entdecken und sich irgendwann wieder im schönen Innviertel niederlassen, um hier ihre Expertise einzubringen, die sie weltweit gelernt haben, und damit einen ganz wichtigen Beitrag für den Wohlstand in der Region leisten.“_
Fill hat wirklich ein tolles Projekt auf die Beine gestellt, das zeigt, wie die Vernetzung zwischen Schule und Wirtschaft in
Zukunft aussehen kann.
Eva Panholzer
Leiterin, Bildungsdirektion Innviertel
Wir machen unsere Projekte nicht, um Förderungen einzustreifen, sondern weil wir daran glauben.
Andreas Fill
Geschäftsführer, Fill