Banken sind oft jahrhundertelang gewachsene Institutionen, trotzdem gelten sie als eine der Branchen, in der die Digitalisierung am schnellsten voranschreitet. Warum eigentlich?
Stefanie Christina Huber: Die Digitalisierung nimmt immer größere Teile der Geschäftsmodelle von Unternehmen ein. Auch wir als Bank und Dienstleisterin sind gefordert. Banken bieten Dienstleistungen an, die alle Menschen in Anspruch nehmen, mit denen fast jeder Mensch täglich Kontakt hat. Gleichzeitig gibt es viele Routinetätigkeiten, die sich leicht digitalisieren lassen – das sind Treiber für die Entwicklung.
Wir leben in einer besonders schnelllebigen Zeit – vermutlich deswegen eine der aufregendsten Zeiten in der Geschichte des Bankwesens, um Vorstandsvorsitzende zu sein. Mit welchem Mindset gehen Sie ans Werk?
Stefanie Christina Huber: Es braucht Flexibilität, nicht nur bei mir, sondern auch bei den Mitarbeitenden. Man sieht, wie schnell sich die Anforderungen an Personen ändern und ändern können. Es gilt, sich darauf einzustellen, dass der kommende Tag nicht wie der vorherige ablaufen wird. Wer hätte vor 30 Jahren gedacht, dass wir Datenanalysen in einem derartigen Umfang betreiben werden? Wer hätte sich vor zehn Jahren vorgestellt, wie stark die Digitalisierung in unser aller Arbeitsalltag Einzug halten wird?
Wie profitieren Kund:innen der Sparkasse OÖ aktuell von Digitalisierungsprojekten?
Stefanie Christina Huber: Wir entwickeln beispielsweise unser Internetbanking George ständig weiter. Mit unserem neuen Business Banking George Business – das Internetbanking für Firmenkund:innen – haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht. Wie schon George, ist George Business sehr einfach und intuitiv zu bedienen. Gleichzeitig fo- kussiert die Business Banking-Plattform auf Unternehmen, die ein umfassendes Finanzmanagement brauchen. Außerdem ist seit Ende letzten Jahres für unsere Kund:innen „Google Pay“ verfügbar. Dadurch ist das kontaktlose Bezahlen nun auch mit Android-Smartphones und -Smartwatches möglich. Auch die Möglichkeit der Videoberatung, die wir anbieten, erhöht die Flexibilität.
Wie gelingt es trotz des steigenden Digitalisierungsgrads, die menschliche Komponente, den direkten Kundenkontakt, nicht zu vernachlässigen?
Stefanie Christina Huber: Die Digitalisierung ist für uns ein Mittel, um den Kund:innen mehr Komfort zu ermöglichen, aber kein Ersatz für den menschlichen Umgang. Das gilt auch für unsere Mitarbeitenden. Bei aller Digitalisierung steht der Mensch – und die Emotionen – weiterhin im Mittelpunkt.
Vor welche Herausforderung stellt der Digitalisierungsprozess Banken?
Stefanie Christina Huber: Eine der wesentlichen ist, die Ethik nicht aus den Augen zu verlieren. Auch hier sind wir wieder beim Thema Menschlichkeit. Bisherige Grundsätze müssen weiter eingehalten werden. Maschinen sind nur so gut, wie die Daten, die man ihnen füttert – es gilt zu beachten, was man ihnen beibringt. Eine weitere Herausforderung ist es, die Cyberkriminalität im Zaum zu halten.
Bei den Stellenausschreibungen der Sparkasse OÖ findet sich etwa die Stelle „Lehrling Bankkaufmann oder -frau mit Schwerpunkt Digitalisierung“. Wie sehr ändert sich die Ausbildung und der Arbeitsalltag?
Stefanie Christina Huber: Wir sind vor drei Jahren zum Schluss gekommen, dass es wichtig ist, in der klassischen Bankausbildung den Schwerpunkt Digitalisierung einfließen zu lassen. Vor allem intern achten wir darauf, alle Bereiche der Digitalisierung abzudecken. Der Arbeitsalltag unserer Mitarbeitenden hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Die fehleranfälligen Routinetätigkeiten fallen weitestgehend weg. Dafür bleibt nun mehr Zeit für unsere Kund:innen.
Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft, wie stark wird sie auch unser Bankwesen verändern? Im Zahlungsverkehr machen jetzt schon einige FinTechs Banken Konkurrenz, Teile der Wertschöpfungskette werden ausgelagert, Decentralized Finance nimmt an Bedeutung zu. Sehen Sie die Gefahr, dass Banken irgendwann obsolet werden?
Stefanie Christina Huber: Bei den neu aufkommenden Mitbewerbern hat man anfangs gesehen, dass die Regulierung nicht so stark war, irgendwann trifft sie aber auch auf die Neuankömmlinge zu. Banken haben langjährige Erfahrung, wie man mit Kund:innen umgeht. Die Produktvielfalt wird mehr und die Zugänge zu Informationen werden auch mehr. Aber wer hilft am Schluss noch dabei, die Kund:innen dabei zu beraten, was das Richtige für sie ist? Je mehr Information es gibt, desto drin- gender braucht es jemanden, um diese Informationen zu filtern und Lösungen für die individuellen Bedürfnisse zu finden. Darin sind wir stark – diese Bedürfnisse decken wir seit jeher ab. Das muss erst erlernt werden, das zieht man nicht aus der Digitalisierungsschublade.
Stichwort Blockchain: Kryptowährungen nehmen an Beliebtheit zu, sind aber stark umstritten. Warum bieten Banken eigentlich keine Wallets an, um ihren Kund:innen zu helfen, digitale Währungen sicher aufzubewahren?
Stefanie Christina Huber: Wir prüfen das aktuell. Natürlich geht es dabei nicht darum, zum Thema Kryptowährungen zu beraten oder sie zu empfehlen, sondern den Kund:innen einen digitalen Tresor zu liefern. Derzeit ist der Bedarf aber noch sehr singulär bei Kund:innen. Dennoch ist es wichtig, darauf vorbereitet zu sein.
Abschließend noch ein Blick in die Zukunft: Wie könnte die Sparkasse OÖ in zehn Jahren aussehen?
Stefanie Christina Huber: Viel mehr Prozesse als jetzt werden digitalisiert sein, es wird neue Möglichkeiten für Kund:innen geben. Die rasante Entwicklung wird weitergehen. Eine genaue Prognose lässt sich aber nicht treffen, weil wir noch nicht abschätzen können, welche neuen Technologien sich durchsetzen oder auf den Markt kommen werden._