Es war ein Gerücht, das den Fernsehmoderator, Produzenten und Journalisten Günther Jauch in Berlin erreichte: „Das Weingut unserer Familie stand zum Verkauf! Es war fünfzehn Jahre zuvor von meiner Großtante Maria, deren Ehe mit meinem Großonkel Max kinderlos geblieben war, an eine Nichte aus ihrer Familie vererbt worden. Meine Frau und ich fuhren sofort hin und waren fasziniert“, erzählt Günther Jauch. Dann begann der Gedanke, es wieder in die direkte Familienlinie zurückzuführen, immer mehr zu reifen. „Wir haben dann tatsächlich knapp zwei Jahre verhandelt, ehe wir das Gut vor elf Jahren übernommen haben.“ Heute betreiben es Günther und Thea Jauch in siebter Generation. „Unsere Gedanken? Einerseits gibt es vom Besitz eines Weingutes immer sehr romantische Vorstellungen. Andererseits war uns klar, dass hier sehr harte Arbeit und viel Restrukturierung auf uns warten.“ Bis zu seinem 12. Lebensjahr verbrachte er regelmäßig Zeit auf dem Weingut seines Großonkels in Kanzem an der Saar. „Dann starb Onkel Max und ich bin 40 Jahre lang nicht mehr hingefahren.“ In Erinnerung blieben ihm der riesige Park mit den uralten Bäumen und das denkmalgeschützte, „für mich als Berliner Kind riesige und herrschaftliche Gutshaus“.
Was würde wohl Ihr Onkel Max heute sagen, wenn er Ihr Weingut sehen würde?
JauchIch denke schon, dass er sich freuen würde. Einerseits ist die jahrhundertelange Tradition dieses Riesling-Weingutes fortgesetzt worden. Andererseits sind wir durch umfangreiche Sanierungen an Gebäude und Betrieb in der modernen Zeit angekommen. Gleichzeitig ist es noch immer eines der romantischsten Weingüter in Deutschland.
In welche Fußstapfen sind Sie im Weingut von Othegraven getreten? Und welche Spuren möchten Sie hier hinterlassen?
JauchDie jahrhundertealte Tradition begegnet einem hier auf Schritt und Tritt. Auf der anderen Seite ist das heute kein hinreichendes Kaufargument. Zum Glück sind wir seit über 100 Jahren als Spitzenweingut in Deutschland zertifiziert. Unsere Weine werden in der ganzen Welt getrunken. Kürzlich bekam ich Post aus Grönland, wo unser Wein in einem Restaurant zu rohen Fischspezialitäten ausgeschenkt wird.
Worauf kommt es Ihrer Meinung und Erfahrung nach an, eine Familientradition fortzuführen, damit diese auch nach Ihnen – also mindestens die nächsten 200 Jahre – weitergeführt wird?
JauchEs wird auf die Personen ankommen, die einem nachfolgen, und darauf, ob sie diesen Betrieb zu ihrer ganz persönlichen Sache machen.
Wie sieht Ihre Vision für das Weingut aus? Spielen bei dieser Vision auch Ihre Kinder eine Rolle?
JauchMit Visionen ist das so eine Sache. Jeder, der Kinder hat, weiß, dass es keinen Sinn hat, sie beruflich in eine ganz bestimmte Richtung drängen zu wollen. Das haben wir in unserer Familie auch immer vermieden. Deshalb ist die Zukunft durchaus ungewiss. Aber ich habe den Betrieb ja auch erst mit 55 Jahren übernommen …
Wie viel Zeit verbringen Sie hier am Weingut?
JauchEs wird immer mehr Zeit. Im Moment sind wir mindestens einmal im Monat hier. Ich bin ja beim Fernsehen immer noch voll beschäftigt und in Potsdam müssen wir uns seit zwei Jahren um unser mit Tim Raue gemeinsam neu eröffnetes Restaurant „Villa Kellermann“ kümmern. Da gilt es, sich vernünftig aufzuteilen. Langweilig ist uns jedenfalls nie.
Wo ist die Wahrscheinlichkeit höher, Millionär zu werden: als Gast bei „Wer wird Millionär?“ oder beim Weinbau?
JauchDiese Frage ist am leichtesten zu beantworten. Es gilt noch immer das, was mir ein ebenso alter wie erfolgreicher Winzer einmal zugeraunt hat: „Wie kann man ein Vermögen verlieren? Mit Frauen ist es am schönsten, in der Spielbank geht es am schnellsten und mit einem Weingut ist es am sichersten.“ Da ist was dran.
Sie sind im Fernsehen bekannt als derjenige, der auf so gut wie jede Frage eine Antwort weiß. Wie ist das beim Weinbau und beim Führen eines Familienbetriebes? Gibt es hier Fragen, die (noch) offen für Sie sind?
JauchOh, hier bin ich der ewige Auszubildende. Auch die Führung meiner Fernsehproduktionsfirma, die ich 20 Jahre lang hatte, war eine ganz andere Herausforderung, als sich den Aufgaben in einem Weingut zu stellen. Die Abhängigkeit von der Natur und das unbedingte Zusammenhalten der gerade einmal sieben festangestellten Mitarbeiter im Weingut ist mit Abstand am wichtigsten._
Es wird auf die Personen
ankommen, die einem
nachfolgen, und darauf,
ob sie diesen Betrieb zu
ihrer ganz persönlichen
Sache machen.
Günther Jauch
Fernsehmoderator und Weingutbesitzer
Familiensache.
Die am häufigsten gesprochenen Worte auf unserem WeingutWie wird das Wetter?
3 Werte, die uns wichtig sindQualität, Kundennähe, Freude am Produkt.
3 Eigenschaften, die jeder unserer Weine hatRiesling, spontan vergoren aus extrem steilen Schieferlagen, trocken oder feinherb oder restsüß. Zum Glück können wir alles davon.
Worüber wir am häufigsten diskutierenVerkaufen wir unsere Weine oder halten wir sie zurück, weil sie tatsächlich mit jedem Jahr der Reife immer schöner werden?
Worin wir uns nie einig werdenDa ist ausschließlich Handarbeit gefragt.