Wie werden wir in sechs Jahren, am Ende der nächsten Legislaturperiode, wohl über Corona sprechen?
StelzerIch hoffe, dass man zurückschaut und sagt, dass Corona eine normal beherrschbare Krankheit wurde, auch durch die Impfung. Man wird aus Fehlern gelernt haben, aber auch wertschätzen, in welchem unglaublichen Tempo mit der Impfung ein Mittel gegen das Virus gefunden wurde. Und dass man trotz allem so aus der Krise herausgekommen ist, dass sich Oberösterreich gut entwickelt hat.
Was wird man daraus gelernt haben?
StelzerMan kann zum einen mitnehmen, dass eine Gesellschaft und ein Staat mehr sind als nur etwas, wo öffentliche Angebote funktionieren müssen. Sondern etwas, wo jeder seinen Beitrag leisten muss. Zum Beispiel, indem man Verantwortung übernimmt und sich impfen lässt. Das andere ist, dass man offen und klar kommunizieren muss, damit alle mit der Entwicklung Schritt halten können. Außerdem lernt man aus der Krise auch, dass es weiterhin ein stabiles, regional gestreutes Gesundheitssystem braucht.
Diesen Herausforderungen möchten Sie erneut mit dem Koalitionspartner FPÖ begegnen. Doch nicht alles ist gleich geblieben. Warum glauben Sie, dass das Ressort Soziales bei der ÖVP besser aufgehoben ist als bei der SPÖ?
StelzerWir fußen auf einem christlich-sozialen Wertebild und haben den Anspruch, das soziale Netz und die soziale Versorgung punktgenau zu organisieren. Wir wollen das beweisen und in die Tat umsetzen. Wir haben im Sozialen in Oberösterreich viele Engagierte, auf die wir setzen wollen. Gerade in einem Wirtschaftsland wie Oberösterreich ist das Vorankommen im Sozialen Teil des breiten Erfolgs, und das wollen wir aus eigener Hauptverantwortung gestalten.
Sowohl für das Ressort Soziales als auch für das Ressort Integration setzen Sie auf Neo-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer. Warum gerade auf ihn?
StelzerWolfgang Hattmannsdorfer hat sich als Sozialsprecher eine hohe Kompetenz angeeignet und war auch Präsident des Hilfswerks, er kennt also die Praxis. Auch Integration ist ein wichtiges Thema: Wir haben den Ansatz, dass wir aufnehmen, aber auch einfordern. Man kann in die Gesellschaft nur hineinwachsen, wenn man akzeptiert, wie hier gesprochen wird und wie hier gelebt wird. Und wir werden auch in den nächsten Jahren – unabhängig von Flucht und Asyl, die man davon trennen muss – wirtschaftlich gesteuerte Zuwanderung brauchen, wenn sich der Standort Oberösterreich weiterentwickeln will.
Neu wird auch das Agrarressort geführt – erstmals von einer Frau und erstmals von einer Biobäuerin. Was wird Michaela Langer-Weninger anders machen?
StelzerEs war mir wichtig, im Führungsteam mehr Frauen zu haben. Dankenswerterweise hat Michaela Langer-Weninger als engagierte Gestalterin zugesagt. In Oberösterreich steht die Industrie im Mittelpunkt, aber auch in der Landwirtschaft sind wir weit vorne. Themen wie regionale Lebensmittel und familiengeführte Betriebe bieten große Chancen, brauchen aber gute Rahmenbedingungen. Bei Langer-Weninger sind diese Themen in guten Händen.
Stefan Kaineder von den Grünen kritisiert (im Interview für unsere Herbstausgabe), die schwarz-blaue Koalition in Oberösterreich habe den Klimaschutz nicht ernst genug genommen: „Wir haben sechs wichtige Jahre im Kampf gegen die Klimakrise verloren. Für die nächste Legislaturperiode muss der Klimaschutz oberste Priorität haben.“ Hat er das auch ohne die Grünen als Koalitionspartner?
StelzerNatürlich, Österreich will 2040 klimaneutral sein, da muss ein großer Standort wie Oberösterreich mitmachen. Dazu müssen wir den öffentlichen Verkehr ausbauen, die industrielle Forschung beim Wasserstoff vorantreiben und die Sanierung von Wohnhäusern fördern. Das sind die Schwerpunkte, die darauf einzahlen sollen, dass wir die Klimaziele erreichen. Wir sind in Oberösterreich auch schon weit gekommen, zum Beispiel bei der Nutzung erneuerbarer Energien, da haben wir auch wirtschaftliche Stärken erarbeitet.
Können diese Stärken so weit erarbeitet werden, dass Oberösterreich ein Silicon Valley der Technologien für den Klimaschutz wird?
StelzerJa, etwa bei Photovoltaik oder Heizkesseln haben wir Spitzenfirmen, die sich bei uns etabliert haben. Auch bei der Wasserstoffnutzung wollen wir vorankommen, das wäre ein neues Stärkefeld für unser Bundesland.
Vor der Landtagswahl haben Sie als eine der wichtigsten Aufgaben nach der Wahl genannt: „Dafür sorgen, dass das politische Klima weiter auf Zusammenhalt und Zusammenarbeit beruht.“ Wie gelingt das nun, wenn Kritik wie etwa vonseiten der SPÖ („Politik des Versagens“) auf Sie hereinprasselt?
StelzerDie Corona-Krise ist herausfordernd, aber es ist immer Aufgabe des Ersten, sich ums Miteinander zu bemühen. Auch wenn andere versuchen, sich an einem zu reiben, das gehört zum politischen Geschäft. Man kann immer nur das Angebot legen und sagen: Bei großen Themen wie Budget und Klima wollen wir einen gemeinsamen Zugang.
Insgesamt ist der Landtag nun etwas bunter geworden – mit dem erstmaligen Einzug der Neos und MFG sind sechs Fraktionen vertreten. Welche Herausforderungen und welche Chancen ergeben sich daraus?
StelzerEs ist natürlich bunter und vielfältiger. Jahrelang waren alle Landtagsparteien auch Regierungsparteien, da gibt es jetzt eine Trennung. Das bietet auch die Chance, buntere Mehrheiten zu organisieren. Es kommen auch mehr Ideen hinzu. Ich habe kein Problem damit, wenn von anderen Ideen kommen, genau darin liegen auch Chancen.
Sechs Jahre später: Welche Meilensteine sollen bis dahin erreicht werden?
StelzerNeben der Überwindung von Corona ist es ein großes Ziel, dass wir zu einer international wahrnehmbaren, erfolgreichen Region werden. Wir wollen uns in wirtschaftlichen Stärkefeldern etablieren, im Exportgeschehen vorankommen und uns international gut vernetzen. Auch in der digitalen Transformation wollen wir uns durch die Technische Universität im Forschungsgeschehen einen Namen machen.
# Gedankensprung mit Thomas Stelzer
Die größte Herausforderung eines LandeshauptmannesRuhe und Übersicht zu bewahren und trotzdem rasch zu entscheiden.
Was in 6 Jahren noch genau so sein soll wie heuteIm Privaten, dass es der Familie genauso gut geht. Im Allgemeinen, dass so viele wie heute sagen: „In Oberösterreich bin ich gern daheim“.
Eine Angewohnheit, die ich spätestens in 6 Jahren abgelegt haben möchteständiges Händedesinfizieren (lacht).
Woran ich erkennen werde, ob meine Regierungsarbeit der nächsten 6 Jahre erfolgreich warMit Sicherheit an einem Wahlergebnis, aber vor allem daran, ob es gelingt, mehr Investitionen zu haben, als Standort weiterzuwachsen und dass viele junge Leute zu uns kommen, weil sie mitmachen wollen.