Ein energievoller Vorstandsdirektor mit einem Faible für zeitlose Kartenspiele, eine Jungmutter mit dem Gespür für wertschätzende Kommunikation, eine Chief Performance Officer als Turbo für den weltgrößten Ziegelproduzenten, ein bodenständiger Vertriebsleiter, der ein menschelndes Filialnetz zimmert, und ein Mühlviertler, der in Wien doppelt Gas gibt:
Fünf neue Führungskräfte zeigen, worauf es bei der Karriere ankommt – den richtigen Umgang mit Menschen.
„Ich wollte es immer möglichst bunt haben“
Ein großer Masterplan steckte nicht dahinter, eine Bilderbuchkarriere ist es aber allemal: Seit Josef Siligan 2005 als Trainee bei der Linz AG begonnen hat, ist er vom Betriebsleiter für das Kanalnetz über den Technischen Leiter des Hafens Linz und der Donaulager GmbH sowie über den Geschäftsführerposten bei der Enamo, dem ehemaligen Joint Venture für den Stromvertrieb, mit 1. April zum neuen Vorstandsdirektor für das Energie-Ressort aufgestiegen – just an seinem 43. Geburtstag, was nach dem morgendlichen Lächeln seiner beiden Töchter das „zweitschönste Geschenk“ des Tages war. „Ich habe mich sehr auf meine neue Tätigkeit gefreut“, erzählt der gebürtige Linzer.
Der Einstieg in seine neue Vorstandsfunktion sei auch dank der guten Zusammenarbeit mit seinem Vorgänger Wolfgang Dopf bestens gelungen. „Er hat eine sehr gute, geordnete Übergabe gemacht und mich allen Stakeholdern vorgestellt. Außerdem kannte ich mein heutiges Büro schon, wenn auch in einer anderen Rolle.“ Denn schon als Enamo-Geschäftsführer arbeitete Siligan eng mit seinem Vorgänger zusammen, war er doch für den Stromvertrieb der Linz AG zuständig. Neu hinzugekommen ist ein „beeindruckendes und extrem spannendes Aufgabenspektrum“: von der Strom- und Wärmeerzeugung über den Energiehandel an den europäischen Märkten und die Gas- und Stromnetze bis hin zum Dienstleistungsbereich mit E-Mobilität und Photovoltaik. Dazu kommt der Telekommunikationsbereich inklusive des Tochterunternehmens Liwest.
Dieser abwechslungsreiche Mix an Themen sei es auch, der Siligan an seiner neuen Aufgabe reize: „Ich wollte es immer möglichst bunt haben.“ Und das schon während des Studiums der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien: Er hat im Supermarkt Regale eingeschlichtet, bei der Post „Packerl geschupft“, im Lager, in der Systemgastronomie und beim Tunnelbau gearbeitet, Kraftwerksführungen gemacht und am Boku-Magazin mitgearbeitet – und empfiehlt diese Experimentierfreude auch den jungen Menschen von heute: „Ein Studium vermittelt nur das Methodenwissen. Je mehr unterschiedliche Sachen man nebenbei macht, desto besser lernt man die Buntheit der Arbeitswelt kennen und kann feststellen, was das Seine ist.“
In seiner neuen Funktion als Vorstandsdirektor sorgen das breite Themenspektrum und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Menschen für die gewünschte Buntheit: „Mittlerweile führe ich Menschen, die Menschen führen. Ein Ziel muss sein, die Wertehaltungen des Unternehmens so zu übermitteln, dass diese von allen geteilt und mitgetragen werden.“ Dazu brauche es Klarheit in der Strategie und der Kommunikation : „Wo Menschen zusammenarbeiten, hapert es oft dort, wo Sachen nicht klar ausgeredet sind.“ Daher sehe er eine seiner Aufgaben darin, transparente Strukturen und klare Zuständigkeiten mit einem ständigen Dialog zu verbinden.
Damit diese dauerhafte Gesprächsbasis auch gut gelinge, wolle er nicht nur auf die Politik der offenen Tür seines Büros verweisen: „Man muss auch rausgehen und sich zeigen. Deshalb will ich meine Jour-fixe-Termine regelmäßig bei den Leuten an ihren Arbeitsplätzen machen. Ich möchte mich in die vielfältigen Tätigkeiten und Arbeitsweisen in meinem Ressort reinspüren.“ Natürlich sei das mit seiner zeitintensiven Aufgabe nicht immer ganz einfach zu bewerkstelligen, gesteht Siligan: „Mein Terminkalender ist durchgetaktet .“
Der achtsame Umgang mit den begrenzten Zeitressourcen beschäftigt Siligan auch abseits des Büros, auch wenn er mit dem vielzitierten Begriff der Work-Life-Balance nichts anfangen könne. „Ich mache das, was ich mache, sehr gern, sonst würde ich es nicht machen. Work ist ein Teil von Life.“ Höchsten Stellenwert habe seine Familie, genauso schätze er seine Freundschaften, erzählt der begeisterte Tennis- und Kartenspieler mit einem Lächeln. „Zum 50. Geburtstag eines Freundes haben wir einen ganzen Tag lang Karten gespielt – eine der seltenen Situationen, in denen man die Zeit auch einmal ausblenden kann.“ Wichtig ist ihm aber auch, die eigenen Bedürfnisse nicht zu kurz kommen zu lassen: „Ich brauche zwischendurch Momente nur für mich , damit ich mich sammeln kann. Private Rückzugsorte sind wichtig.“
Josef Siligan
Vorstandsdirektor, Linz AG
Ausbildung und Karriere_Studium Kulturtechnik und Wasserwirtschaft an der Boku Wien, berufsbegleitendes Studium Betriebswirtschaftslehre an der JKU Linz, Universitätslehrgang Compact Management an der Limak; von 2003 bis 2005 Projektbearbeiter im Ziviltechnikerbüro DI Kurz in Linz, ab 2005 Trainee in der Linz AG, ab 2006 Leitung für den Bereich Betrieb Kanalnetz, ab 2011 Technischer Leiter Hafen Linz und Donaulager GmbH, ab 2015 Geschäftsführer Enamo, seit 1. April 2019 Vorstandsdirektor im Energie-Ressort der Linz AG
Gedanken
Was macht eine gute Führungskraft aus?_Klarheit in den Aussagen
Das Schwierigste an meinem Job ist_die Balance zwischen Arbeit, Familie, Freunden und sich selbst zu finden.
Laut werde ich_selten.
Drei Eigenschaften, die eine Führungskraft haben sollte_Hartnäckigkeit, Begeisterungsfähigkeit, Flexibilität
Drei Eigenschaften, die ich nicht haben sollte (aber habe)_manche Dinge (zu) persönlich zu nehmen, den Ärger manchmal mitzunehmen (in den nächsten Termin oder schlimmstenfalls nach Hause), kein geborener Verhandler zu sein.
Mein Karriere-Tipp_Schon während der Ausbildung unterschiedlichste Jobs annehmen, um festzustellen, was einen tatsächlich interessiert. Und Engagement zeigen bei dem, was man im Moment macht.
Später soll mir einmal nachgesagt werden_Schade, dass er weg ist. Wir haben viel miteinander erreicht.