Wir sitzen in einem Café am Linzer Schlossberg und blicken auf eine der Haupt-Tourismusattraktionen der Stadt Linz, die Pöstlingbergkirche. Vor einigen Jahrzehnten hätte sich vermutlich noch kaum jemand vorstellen können, dass die einst als dreckig verschriene Industriestadt immer beliebter bei Tourist:innen wird. Wie sehen Sie die touristische Entwicklung der Landeshauptstadt?
Markus Achleitner: Linz hat sich wirklich sensationell entwickelt und ist heute eine bunte, attraktive, vielfältige Stadt, in der man Kunst und Kultur erleben kann. Die Stadt zeigt, wie wirtschaftliche und industrielle Kraft und Tourismus vereinbar sind, und gehört mittlerweile zu unseren Top-Tourismus-Destinationen.
Am 30. Juni wurde die neue oberösterreichische Tourismusstrategie 2030 präsentiert. Ein Motto lautet „Echt überraschend und überraschend echt“. Wo kann Oberösterreich überraschen?
Markus Achleitner: Wir haben eine Vielfalt in diesem Bundesland, die ganz Österreich abbildet, wir sind die Essenz Österreichs. Etwa bei der Landschaft, vom Mühlviertler Hügelland über Flusslandschaften bis hin zum wunderbaren Salzkammergut. Kombiniert wird das mit Themen wie Gesundheits- und Kulturtourismus. Nicht unterschätzen sollte man auch die unverwechselbare Kulinarik. Oberösterreich kann man erschmecken, erriechen, vollinhaltlich aufsaugen. Eben diese Vielfalt, sowohl touristisch als auch wirtschaftlich und industriell, ist der Grund, warum wir unsere Sichtbarkeit deutlich steigern können.
Neben einer Steigerung der Wertschöpfung stehen auch die Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Vordergrund der neuen Strategie. Die Grundidee des heutigen Tourismus – Menschen aus aller Welt reisen an, um das Land zu entdecken – ist per se eigentlich nicht nachhaltig. Wo müssen Kompromisse geschlossen werden, wie kann eine nachhaltige Tourismusstrategie funktionieren?
Markus Achleitner: Sie funktioniert, indem wir unsere gesamte Wirtschaft in eine nachhaltigere Richtung umbauen, damit wir das, was wir so lieben, erhalten können. Zur Digitalisierung: Dabei geht es immer um einen zusätzlichen Nutzen für die Gäste, die Besucher:innen sollen bei ihrer Reise von zu Hause bis nach Oberösterreich und wieder zurück begleitet werden. Der Nutzen ist, den Gästen den Aufenthalt zu verschönern.
Die Branche kämpft mit einem Fachkräftemangel, das Problem soll entschärft werden. Das funktioniert wohl nicht nur mit regionalen Maßnahmen. Welche Schritte wünschen Sie sich vom Bund?
Markus Achleitner: Es braucht ein Bündel an Maßnahmen, wir haben dem Bund ein Paket vorgelegt. Leistung muss sich wieder lohnen, wir wollen Steuerfreiheit für 20 Überstunden pro Monat, längeres Arbeiten bis zur Regelpension sollte attraktiver werden. Menschen in der Regelpension sollten zudem abgabenfrei arbeiten können. Da gibt es eine große Bereitschaft, das muss sich aber auch auszahlen. Warum sollte ich in der Regelpension wieder einen Pensionsbeitrag zahlen? Das ist doppelt gemoppelt. Außerdem brauchen wir qualifizierten Zuzug. Ich habe mit Arbeitsminister Kocher bereits bei der Rot-Weiß-Rot-Karte viele Erleichterungen zustande gebracht, die Mangelberufsliste sollte aber auf alle touristischen Felder erweitert werden.
Im Ranking der Buchungsplattform booking.com wurde Oberösterreich in der Kategorie Gastfreundschaft auf den dritten Platz weltweit gewählt. Wie war das möglich?
Markus Achleitner: Diese Bewertung ist ein riesiges Kompliment aus aller Welt. Die Gäste fühlen sich willkommen hier. Es ist toll, dass die Menschen hier so positiv auf Tourist:innen zugehen. Das ist auch ein Grund, warum der Tourismus bei uns eine wirkliche Erfolgsstory hingelegt hat. Man kann Land und Leute erleben, es gibt etwas zu entdecken – vielleicht noch mehr als in typischen Tourismusregionen, die überdies auch mit Übertourismus zu kämpfen haben.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie als Tourismus-Wirtschaftsrat im Ausland zu Oberösterreich?
Markus Achleitner: Bei einer Reise in die USA habe ich das neue American-Football- und Fußballstadion in Atlanta besucht, der Manager ist ein Oberösterreicher. Wir haben dann über Urlaub geredet, er zeigte mir ein Foto, aufgenommen an einem Bach beim Fliegenfischen. Auf meine Frage, wo in Nordamerika dieser wunderschöne Fleck sei, antwortete er mir, dass es sich um eine Stelle an der Steyr handelt. Für ihn gibt es keinen Ort, der schöner ist – zwei Wochen jedes Jahr reist er zurück in seine Heimat, um hier seinen Urlaub zu verbringen. In anderen Gesprächen stellte sich heraus: Manchmal passt das Eigenbild gar nicht mit dem Fremdbild zusammen, das Gäste haben, die Oberösterreich kennen gelernt haben. Wir haben uns scheinbar ein bisschen an die Schönheit hierzulande gewöhnt, die Besucher:innen so zu schätzen wissen.
Was ist Ihr Lieblingsurlaubsort in Oberösterreich?
Markus Achleitner: Überall an den wunderschönen Seen des Bundeslandes._