Corona, der Klimawandel und jetzt auch noch die Energiekrise. Hand aufs Herz: Wird man nach all den Jahren krisenresistenter oder doch eher krisenmüde?
Thomas StelzerEs wäre natürlich schöner, könnte man unbeschwerter gestalten. Aber ich bin überzeugt, dass sich ein verantwortungsvoller Job und eine politische Aufgabe eben dann bewähren müssen, wenn es schwierige Herausforderungen zu meistern gilt. Zudem gibt es in diesen Zeiten sicherlich weniger optimale Orte als Österreich und speziell Oberösterreich, um sich diesen Aufgaben zu stellen. Letztendlich ist es fordernd, aber wir schaffen das.
Durch den Ausbau erneuerbarer Energien will man zusätzlich zum Klimaschutz unabhängiger von fossilen Brennstoffen werden. Schlägt man so zwei Fliegen mit einer Klappe oder ist das Wunschdenken?
Thomas StelzerMan schlägt sogar noch eine „dritte Fliege“ mit dieser Klappe. Rund um den Ausbau der erneuerbaren Energien entstehen neue Wirtschaftszweige und Unternehmen, die wiederum Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung steigern. Für ein starkes Industrieland wie Oberösterreich sind die Klimaziele eine große Herausforderung, die Folgen des Ukrainekrieges erschweren dies zusätzlich. Der Klimaschutz ist das Gebot der Stunde, doch auch wenn der Krieg hoffentlich bald endet, werden wir noch einige Jahre auf Übergangstechnologien und -rohstoffe angewiesen sein. Zumindest bis wir langfristig unabhängiger von russischen Importen sind.
Die Inflation klettert derzeit von Rekordwert zu Rekordwert. Welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um den Teuerungen effektiv entgegenzuwirken?
Thomas StelzerWir lassen die Menschen bei den derzeitigen Schwierigkeiten nicht allein und haben früh zielgerecht und über direkte Mittel agiert. Etwa über den erhöhten Heizkostenzuschuss oder den Ausbau der Wohnbeihilfe. Zudem hat die Energie AG als Landesenergieversorger für das ganze Jahr eine Preisgarantie für einen aus heutiger Sicht sehr, sehr günstigen Preis gegeben. Hinzu kommen die vielen Maßnahmen des Bundes, wie der Klimabonus oder die Erhöhung der Familienbeihilfe. Darüber hinaus soll die kalte Progression abgeschafft werden, was ich persönlich ausdrücklich begrüße.
Welche Rolle spielt in solchen Zeiten der OÖ-Plan, den man vorsorglich für mehr Stabilität und den Schutz vor neuen Krisen ins Leben gerufen hat?
Thomas StelzerIch bin sehr froh, dass wir uns diesen finanziellen Spielraum in den letzten Jahren geschaffen haben – der OÖ-Plan umfasst in Summe 1,2 Milliarden Euro. Mit diesen Mitteln unterstützen wir die gesamte Region, damit diese sich weiterentwickelt und krisenresistenter wird. Wir stellen uns also nicht nur breit für die Zukunft auf und schaffen tausende Arbeitsplätze, sondern können auch flexibel auf unvorhergesehene Notlagen reagieren.
Durch die neue Technische Universität erhofft man sich nicht nur einen Digitalisierungsschub, sondern auch wirtschaftliche Hebeleffekte. Wie tragen diese gemeinsam mit der Digitalisierung zur langfristigen Sicherung des Standorts bei?
Thomas StelzerInternational betrachtet ist es bemerkenswert, wenn ein Land wie Österreich mit massiven Investitionen in die Forschung und Bildung den Krisen unserer Zeit begegnet. Ich sehe darin eine ebenso mutige wie weitreichende Maßnahme für die Sicherung des Standortes. Die Digitalisierung ist längst in unserem Leben angekommen und ebnet den Weg für echte Innovationen. Daraus entstehen neue Unternehmen, und wir schaffen die Möglichkeit, bei vielen Entwicklungen vorne mit dabei zu sein und diese zu gestalten.
Trotz der zahlreichen Maßnahmen haben viele Menschen das Gefühl, die Politik würde zu wenig gegen die Energiekrise und die Teuerungen unternehmen. Zurecht?
Thomas StelzerViele verspüren derzeit eine Unsicherheit, die ich gut verstehen kann, und erwarten rasche und klare Antworten – insbesondere von der Politik. Die Situation ist allerdings komplex, uns erreichen täglich neue Einschätzungen von Expert:innen und wir müssen alle Eventualitäten bedenken. Dennoch sehe ich es als unsere Aufgabe, noch vereinfachter und deutlicher zu kommunizieren. Hinzu kommt, dass viele Investitionen und Ausgaben in den Standort nicht direkt am Konto ersichtlich sind – die unmittelbaren Zahlungen auf Bundesebene sind daher ein positives Signal.
Im September erhalten viele in Österreich lebende Menschen den Klimabonus. Auf welche positiven Signale dürfen sich die (Ober-)Österreicher:innen in naher Zukunft außerdem freuen?
Thomas StelzerUnsere Landsleute können sich darauf verlassen, dass wir sie aus dieser Krise führen. Wir beobachten ganz genau, wie die Maßnahmen wirken und ob sie auch in der anstehenden Heizsaison ausreichen werden. Wir reformieren das Steuersystem durch die Abschaffung der kalten Progression und wir optimieren die Sozialleistungen des Landes, um uns für die kommenden Jahre sicher aufzustellen. Die Menschen werden diese Initiativen spüren._