Eigentlich keine Überraschung, dass Wolfgang Hattmannsdorfer Karriere als Politiker macht. Er war Schulsprecher, schrieb seine Diplomarbeit über Politik und war immer schon ein Fan von Wahlkämpfen. Nach acht Jahren als Landesgeschäftsführer der ÖVP Landesparteileitung übernimmt er nun als Landesrat die Ressorts Soziales, Integration und Jugend.
Wie hat sich Ihr Alltag geändert, seit Sie Landesrat sind?
HattmannsdorferDer große Unterschied ist, dass ich jetzt nicht mehr nur Forderungen aufstelle, sondern auch eine Verantwortung für die Umsetzung habe. Ich muss bei Forderungen abwägen und Umsetzbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Finanzierbarkeit überprüfen.
Wann haben Sie bemerkt, dass Politik Ihre Berufung ist?
HattmannsdorferPolitik hat mich immer schon in den Bann gezogen, ich hatte immer das Bedürfnis, mich für die Allgemeinheit und mein Umfeld einzusetzen. Das hat am Europagymnasium Auhof begonnen, wo ich als Schulmilchkassier die Schulmilch organisiert habe, und führte mich weiter zum Schulsprecher und Studienrichtungsvertreter. Da war der Wunsch groß, mich für das Gemeinwohl einzusetzen. Ich war immer gegen das Jammern und Besserwissen, sondern hatte den Zugang, selbst Dinge zu organisieren.
Wie wichtig sind für Politiker Erfahrungen in der Privatwirtschaft?
HattmannsdorferIch durfte in den letzten Jahren im Sozialbereich in einigen Bereichen unternehmerisch tätig sein, in diversen Aufsichtsrats- und Beiratsfunktionen. Am Ende des Tages ist Sozialpolitik Geld, das der Steuerzahler zur Verfügung stellt und das man so einsetzen muss, dass möglichst viele Menschen davon profitieren. Da ist es entscheidend, wirtschaftliche Grundparameter auch verstanden und ihre Auswirkungen in der Praxis gesehen zu haben. Das Land Oberösterreich ist ja nichts anderes als ein großes Unternehmen, dem der Steuerzahler Geld zur Verfügung stellt. Wir müssen dieses Geld so einsetzen, dass möglichst viele Menschen unterstützt werden: Es geht nicht darum, welches EGT wir erwirtschaften, entscheidend ist die Kennzahl, wie viele Menschen wir unterstützen können.
Sie haben während Ihres Studiums einige Erfahrungen im Ausland gesammelt – wie hilfreich sind diese Erfahrungen für Ihre Aufgaben als Landesrat?
HattmannsdorferEine wichtige Eigenschaft in der Politik ist es, offen für andere Sichtweisen und Meinungen zu sein. Man muss aus der Vielfalt der Meinungen aber auch Entscheidungen für die konkrete Umsetzung ableiten. Ich habe mein Studium intensiv im Ausland verbracht und daraus sehr viel für mein eigenes Weltbild und Verständnis mitgenommen. Diesen Grundgedanken möchte ich vor allem im Jugendbereich mitnehmen: die Chance der Weltoffenheit, andere Kulturen und Länder kennenzulernen. Vor dem eigenen Hintergrund möchte ich auch die entsprechenden Förderprogramme ausbauen. Wenn wir junge Leute für diese Welt begeistern, ist das auch eine Chance für den Standort Oberösterreich, ihr Wissen für die eigene Heimat und Identität positiv einzusetzen.
Und was können Sie für Ihr Ressort Integration mitnehmen?
HattmannsdorferEine meiner Erfahrungen ist auch, dass man in einer Gesellschaft nur ankommen kann, wenn es einen Grundkonsens über eine gemeinsame Verständigungsmöglichkeit gibt. Was mir in der Politik nicht gefällt, ist teilweise das Schwarz-Weiß-Denken und die Eindimensionalität. Nur weil man sagt, dass Deutsch Grundvoraussetzung ist, ist man nicht gegen Internationalität. Es gibt auch keinen Widerspruch zwischen globalem Denken und einem klaren Bekenntnis zu Deutsch als unverhandelbares Grundprinzip für gelungene Integration.
Was werden Sie anders machen als Ihre Vorgänger im Ressort Integration?
HattmannsdorferWenn ich an meine Rolle als Integrationssprecher denke, haben wir auch viel gemeinsam gemacht. Mit Rudi Anschober ist es gelungen, sich auf ein Integrationsleitbild zu verständigen, mit Stefan Kaineder auf ein Paket gegen Extremismus. Man sieht, die inhaltlichen Unterschiede sind nicht so groß. Was mich, glaube ich, von meinen Vorgängern unterscheidet, ist, dass ich Probleme offen anspreche. Wenn es Probleme mit Parallelgesellschaften und Extremismus gibt, dann muss das auch auf den Tisch. Wenn Leute in der dritten Generation nicht Deutsch können, ist das auch ein Problem, das ich ansprechen muss. Also es gibt inhaltliche Einstimmigkeit, aber es braucht den Willen, Dinge anzugehen und Probleme beim Namen zu nennen.
Die Probleme im Bereich der Pflege haben schon Namen: Fachkräftemangel, Überlastung der Beschäftigten, benötigter Ausbau von Unterstützungsangeboten für pflegende Angehörige. Haben Sie hier schon konkrete Lösungen im Kopf?
HattmannsdorferIch sehe drei Themenbereiche. Zum einen das Versprechen, dass diejenigen, die unser Land aufgebaut haben, in Würde altern und in den eigenen vier Wänden bleiben können. Wir setzen also auf den Ausbau von Kurzzeit- und Tagesbetreuungsangeboten und es braucht eine Umstellung des Pflegegelds. Zweiter Bereich ist der Fachkräftemangel, weil uns bis 2025 laut Prognosen 1.600 Leute fehlen. Da müssen wir in die Gänge kommen, das wird auch der Schwerpunkt für das nächste Jahr sein. Dritter Punkt ist die Errichtung einer Forschungsabteilung im Sozialressort. Nicht nur die Bildungs- und Standortpolitik soll sich mit Innovation, Forschung und Digitalisierung auseinandersetzen, sondern diesen Fortschritt wollen wir auch für die soziale Absicherung nutzen. Wir wollen eine Forschungsförderung etablieren und eine enge Zusammenarbeit mit FHs und Unis, um die Innovation zu nutzen. Der asiatische Raum ist uns hier um Meilen voraus, dort werden Technik und Innovation genutzt, um Mitarbeiter zu entlasten und die ältere Generation zu unterstützen.
Wenn Sie sechs Jahre in die Zukunft blicken: Welche drei großen Meilensteine sollen bis dahin erreicht sein?
HattmannsdorferDass sich die ältere Generation verlassen kann, dass es in Oberösterreich ein Altern in Würde gibt, dass jeder, der Pflege braucht, diese auch bekommt. Zweitens, dass es möglichst viele junge Menschen gibt, die einen Job haben und im Arbeitsmarkt untergekommen sind und wir nur von wenigen Einzelfällen reden, die wir gut begleiten. Drittens, dass wir in der Integration Parallelgesellschaften bekämpft haben und dass Integration in Oberösterreich gelingt, weil wir uns auf die deutsche Sprache gut verständigt haben._
# Gedankensprungmit Wolfgang Hattmannsdorfer
Was macht einen guten Landesrat aus?Er hört zu und entscheidet.
Als größte Herausforderung in meiner neuen Position sehe ichden demographischen Wandel.
Darauf freue ich mich am meistenSozialpolitik nach christlich-sozialen Grundsätzen zu machen.
Nervös werde ichbei Interviews (lacht).
Eine Eigenschaft, die ich nicht haben sollte (aber habe)Manchmal ein ausgeprägtes Interesse für Details.
Dieser Ratschlag begleitet michWas mir meine Eltern mitgegeben haben: Mit dem Hut in der Hand kommt man am besten durchs Land.
Später soll mir einmal nachgesagt werden„Er hat‘s nicht so schlecht gemacht.“