Während wir im digitalen Raum über Digitalisierung sprechen, scheinen am Bildschirm immer wieder Pushmeldungen über den Krieg in der Ukraine auf. „Wir bieten Leuten, die vor diesem furchtbaren Krieg flüchten müssen, Schutz an und wollen ihnen die Chance auf eine neue Heimat bieten“, antwortet Thomas Stelzer auf die Frage, wie Oberösterreich im Moment unterstützen könne. Zusätzlich beteilige sich das Land an Hilfslieferungen, die in der Ukraine gebraucht werden (Material-, Schutz- und medizinische Güter).
Gleichzeitig gehe es auch darum, die vielen oberösterreichischen Unternehmen, die wirtschaftlich von der Ukraine oder Russland abhängig sind, zu unterstützen. „Das ist eine schwierige Geschichte. Wir beraten uns mit der Bundesregierung, wie man bestmöglich helfen kann.“ Einerseits gehe es darum, wie man sich langfristig aufstellen könne, damit man nicht mehr von einer Region so abhängig sei. Im ersten Moment gehe es jetzt aber um Überbrückungsgarantien, sodass „gewisse Phasen der Stillstände für jene Unternehmen abgefedert werden können, die in der Ukraine, aber auch in Russland aktiv sind“, erklärt Stelzer. So sehr der Atem auch stocken mag, eines lässt sich weder durch die Coronakrise noch durch eine andere erschütternde Krise aufhalten: die Digitalisierung. Reden wir also darüber, welche Chancen sie bietet, um eine bessere statt schlechtere Welt zu schaffen …
Wenn der digitale Wandel ein Computerspiel mit zehn Levels wäre, in welchem davon würde Oberösterreich zurzeit spielen?
THOMAS STELZERIn einzelnen Regionen und Bereichen bestimmt in den oberen Levels, zwischen acht und zehn. Im Schnitt des ganzen Landes liegen wir über dem Mittelfeld – Level sechs bis sieben. Und zwar deswegen, weil sich bereits viele Unternehmen – nicht nur in der Industrie, sondern auch viele kleinere und mittlere – fit gemacht haben. Bereits vor Corona, aber Corona hat schon auch noch einen Schub gebracht, auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie der öffentlichen Verwaltung und in der Bildung. In den nächsten Jahren wird es darum gehen, Vorreiter bei den Entwicklungsschritten zu sein. Das hat viel mit Forschung und Startups zu tun. Wir haben in Oberösterreich beeindruckende Beispiele von Startups, die innerhalb kürzester Zeit zu Weltmarktplayern geworden sind, vor allem im digitalen Sektor. Aber auch die neue Universität, von der wir uns eine Schrittmacherfunktion erwarten, spielt eine bedeutende Rolle.
Von der neuen Technischen Universität erwarten Sie sich auch, dass sie ein Leuchtturm für ganz Österreich wird – welche Punkte sind wesentlich, damit das wirklich gelingen kann?
THOMAS STELZERDer wichtigste Punkt ist Tempo, damit wir sie möglichst schnell starten können. Wir sind aktuell mittendrin – das Gesetz ist in der Werdungsphase, die Finanzierung wird aufgestellt und ein Gründungskonvent wird gesucht, damit rechtzeitig zum Wintersemester 2023/2024 der Betrieb aufgenommen werden kann. Der zweite Punkt ist Internationalität von Beginn an. Das Ziel ist nicht, den übrigen Universitäten in Österreich Konkurrenz zu machen, sondern neue Student:innen anzuziehen. Entweder jene, die bislang noch nicht über ein Studium nachgedacht haben, oder auch Student:innen aus dem Ausland. Die Lehrsprache an der neuen Uni wird daher Englisch sein. Der dritte Punkt ist die Einzigartigkeit. Wir wollen nicht versuchen, bereits bestehenden Universitäten etwas nachzumachen, sondern neue Chancen nutzen. Wir in Oberösterreich haben die Chance, Großes zu schaffen, weil wir die Digitalisierung breiter verstehen. Ein wesentlicher Grund, warum diese Uni in Oberösterreich gebaut wird, ist: Wir haben uns im Bereich der Kunst und Kultur im digitalen Feld bereits einen Namen gemacht. Stichwort: Ars Electronica Festival. Und ein vierter Punkt ist, dass ich hoffe, dass wir viele Frauen für diese Uni begeistern können.
Womit genau möchten Sie sowohl Frauen als auch Männer, ausländische wie inländische Studierende begeistern? Was sind die Hauptargumente für Interessierte, in Linz und nicht in Wien oder einer anderen Metropole zu studieren?
THOMAS STELZERDer Reiz des Neuen. Bei etwas dabei zu sein, wo etwas Neues aufgebaut wird. Wir möchten mit interessanten Persönlichkeiten in der Professorenschaft begeistern, die attraktiv forschen und die Leute in ihren Bann ziehen können. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die Lebensqualität an und um die Uni. Wir glauben, dass wir mit der Lage der neuen TU in Auhof einen guten Standort ausgewählt haben. Wenn junge Menschen zum Studieren ins Ausland gehen, spielt oft die Attraktivität des Landes eine entscheidende Rolle. Daher ist es auch wichtig, dass wir die Benefits von Österreich und die Angebote, die es bei uns gibt, noch viel mehr nach außen tragen, um international attraktiv zu werden. Ein dritter Vorteil ist, dass wir sehr wirtschaftsnahe sind.
Aufmerksamkeit gewinnt eine Hochschule auch mit erfolgreichen Gründungen, die ihren Ursprung an der Uni haben. Innovative Spin-offs helfen dabei, im nationalen und internationalen Hochschulwettbewerb zu punkten. Welche Pläne gibt es, um die TU als fruchtbaren Boden für Spin-offs zu gestalten?
THOMAS STELZERDas ist ein sehr wichtiger Punkt. Dafür haben wir in Oberösterreich bereits ein Vorzeigebeispiel: die FH Hagenberg. Dort hat sich ein Feld an Unternehmen angesiedelt und viele davon sind von Studierenden oder Lehrenden gegründet worden. Auch an der JKU Linz gibt es einige Vorzeigebeispiele. Das erhoffen wir uns natürlich auch von der neuen TU. Dieser Aspekt spielte unter anderem bei der Standortwahl eine wichtige Rolle. Wir haben außerdem die einen oder anderen dieser ehemaligen Spin-offs, die mittlerweile Großunternehmen sind, motivieren können, bei uns in der Vorbereitungsgruppe für die Uni mitzumachen.