Damit sich im Unternehmen Maschinenbau Brunner der umtriebige Geschäftsführer Stefan Knöbl weiterhin mit seiner Kernkompetenz, dem Maschinenbau, beschäftigen kann, implementierte Rainer Haude mit seinem Team im Betrieb Brunner eine Software, die sich um die unternehmerischen Belange kümmern soll.
Während der eine mit Begeisterung durch die Maschinenbauhalle führt und den nächsten Arbeitsschritt eines Werkstoffes erklärt, kommt der andere bei der Präsentation der verfügbaren Tools einer speziellen Software zur Erleichterung und Vereinfachung von Buchhaltung, Kalkulation und sonstigen Tabellen ins Schwärmen. Wir haben beide Herren in Wolfau zum Gespräch gebeten.
Wie haben Sie die letzten beiden Jahre erlebt? Wie sehr hat die Coronasituation die österreichischen Mittelstandsunternehmen im Hinblick auf die Digitalisierung verändert?
Rainer HaudeDie letzten zwei Jahre waren eigentlich eine Revolution, ein unglaublicher Booster für die Digitalisierung. Früher hatte man noch die Option, ob man Prozesse digitalisieren will. Corona hat gezeigt: Es ist keine Option mehr, es ist ein Muss. Nur wenn ich ein Unternehmen digitalisiere, bin ich in der Lage, die neuen, komplexen Arbeitsbedingungen abzubilden. Man denke an den verstärkten Einsatz von Homeoffice – das geht nur, wenn man modern und digital aufgestellt ist.
Stefan KnöblEs waren große Herausforderungen dabei und auch wir haben gemerkt, ohne Digitalisierung geht es nicht, da gibt es kein Wachstum. Wir sind mit der cloudbasierten Lösung von Scopevisio jetzt extrem flexibel, auch in der aktuellen Liefersituation. Man hat einen besseren Überblick.
Studien zeigen auf, dass man nur wettbewerbsfähig bleibt, wenn man die Digitalisierung vorantreibt. Trifft das inzwischen auf jede Branche zu?
Rainer HaudeBisher hatte man die Vorstellung, dass nur gewisse Branchen dem Zwang der Digitalisierung unterliegen. Seit zwei Jahren wissen wir: Es gibt keine Ausnahme – alle müssen sich die Frage stellen, wie sie arbeiten wollen. Betriebe wie Brunner machen sehr innovative Produkte, da sind visionäre Gedanken dahinter. Wir sehen auch öfter, dass Unternehmer:innen den Anspruch haben, im Backoffice ebenso visionär zu arbeiten. Die meisten Betriebe arbeiten allerdings mit Softwareprodukten aus den 1990er oder 2000er Jahren. Die sind zwar funktional, kommen aber aus einer ganz anderen Generation und werden daher nicht mehr den heutigen Ansprüchen und der Dynamik in diesem Sektor gerecht.
Das Thema Künstliche Intelligenz bereitet jedoch vielen Unbehagen, sie denken dabei an den Verlust der menschlichen Arbeitskraft oder sogar an die Vormundschaft der Maschine über den Menschen. Welchen Zugang haben Sie zu diesen Vorbehalten?
Stefan KnöblEin großer Teil bei uns im Maschinenbau ist Automatisierungstechnik, das wollen wir auch beständig optimieren. Ein großer Erfolg ist es beispielsweise, manuelle Schritte zeitlich zu halbieren. So ist es auch in der Organisation: Je mehr automatisch passiert, desto mehr Freude hat man beim Arbeiten, ich denke da etwa an die automatische Auslesung von Rechnungen. Man muss halt auch die Mitarbeiter:innen mitnehmen. Wenn sie die Vorteile erkennen, nehmen sie die Veränderung auch gut an.
Rainer HaudeSoftware kann aus meiner Sicht dabei helfen, Prozesse sowie Mitarbeiter:innen zu unterstützen und zu entlasten. Künstliche Intelligenz wird ja oft auch privat eingesetzt, zum Beispiel bei Kühlschränken, die die Haltbarkeit der Lebensmittel erkennen. Der Konsumbereich ist da also weiter vorne, jetzt wollen wir das auch im Arbeitskontext umsetzen.
Kann man die Aufgeschlossenheit gegenüber Automatisierung am Alter festmachen? Gehen jüngere Arbeitskräfte hier eher mit?
Rainer HaudeEs ist davon abhängig, wie die jeweilige Person zur Digitalisierung steht. Alter kann eine Rolle spielen, muss es aber nicht. Es ist eine sehr persönliche Frage und eine Frage der Arbeitskultur. Bei Brunner spielt Innovation eine große Rolle, da ist auch die Bereitschaft im Team hoch, sich auf Neues einzustellen. Man kann das als Unternehmer:in auch fördern, indem man Angestellte früh in den Prozess einbindet – gerade bei jenen, die Vorbehalte haben, ist das wichtig. Wir haben beim Rechnungslegungs-Workflow gesehen: Nach der Einführung wollte gar niemand mehr ohne die Software arbeiten.
Den Unternehmer:innen bleibt damit offenbar mehr Zeit für kreative Arbeit, was haben die Mitarbeiter:innen konkret davon?
Rainer HaudeBetroffen sind ja alle. Es will ja nicht nur der Unternehmer beziehungsweise die Unternehmerin, sondern das ganze Team innovativ arbeiten. Lästige Routinetätigkeiten sollen automatisiert werden, es steht nicht im Fokus, Personal einzusparen. Leute sollen mehr Zeit für Innovatives und für neue Ideen haben.
Die Software von Scopevisio ist primär für Finanzen anwendbar, was genau übernimmt sie im täglichen Arbeitsprozess?
Rainer HaudeScopevisio digitalisiert viele Unternehmensprozesse wie den Vertrieb, die Buchhaltung, die Rechnungsstellung, die Auftragsbearbeitung. Alle Prozesse sind in einer Software integriert. Als Unternehmer:in kann ich mir individuell ein Dashboard zusammenbauen und sehen, wo mein Unternehmen steht. Unternehmer:innen und Unternehmer müssen zentrale Kennzahlen sehen, dann können sie auch die richtigen Schlüsse ziehen. Die Software sagt jederzeit und mobil, wo man gerade steht. Wie ist der Cashflow, wie die Prognose, brauche ich Kapital?
Die Software wird cloudbasiert eingesetzt. Herr Knöbl, wie sicher fühlen Sie sich dabei?
Stefan KnöblAnfangs hat man da schon Gedanken, normalerweise ist die Software ja am Server in der Firma. Wir haben uns das aber genau angeschaut und sind über den Schritt sehr froh, nun die Cloud zu verwenden. Man kann flexibler arbeiten und braucht den Server nicht warten. Sicherheitsbedenken hatten wir kaum. Wir haben damit jetzt viel optimiert, haben aber auch noch viel vor. So träumen wir zum Beispiel von der digitalen Fertigung, wo Pläne virtuell dargestellt werden.
Wie geht es konkret bei den Mittelstandsunternehmen aus Ihrer Sicht weiter, ist eine nächste große Dynamik in Richtung Digitalisierung erkennbar?
Rainer HaudeEs ist ein großes Feld und es gibt viel Potential. Primär wollen wir „lästige“ Arbeitsprozesse wegbekommen. Die Unternehmen machen großartige Produkte, aber erst wenn man Prozesse optimiert, ist ein großer Wachstumsschritt möglich. Gerade mittelständische Betriebe haben hier viel Potential. Ganz wichtig ist uns auch, die Angst zu nehmen. Die Software soll nicht Angst, sondern Vorschläge machen. Verantwortlich bleibt, wer hinter dem Bildschirm sitzt.
Wie steht Österreich in diesem Bereich im europäischen Vergleich da?
Rainer HaudeWir haben viel Aufholbedarf. Nordische Länder sind hier sehr stark. Die Niederlande zum Beispiel sind uns wesentlich voraus, es gibt weniger Berührungsängste zur Cloudsoftware, da können wir uns viel abschauen. Es ist also noch ein weiter Weg zu gehen und wir sind froh, ein Teil davon zu sein.