Wie kommt ein erfolgreicher Formel-1-Weltmeister auf die Idee, in nachhaltige Projekte und Unternehmen zu investieren?
Nico RosbergIch hatte nach dem Ende meiner aktiven Karriere in der Formel 1 das Bedürfnis, etwas Sinnvolles zu tun, das der Welt zugutekommt. Die Formel 1 ist ein sehr egogetriebener Sport und ich wollte gerne etwas zum Wohl anderer beitragen. Zeitgleich habe ich gesehen, welche revolutionären Technologien die Mobilität verändern können und ich fand den Gedanken faszinierend, dass wir dem Klimawandel durch Innovation etwas entgegensetzen können.
Als prominenter Fürsprecher für eine nachhaltigere Welt stehen Sie an vorderster Front. Hat man es als Motorsportler schwerer, ernst genommen zu werden?
Nico RosbergAm Anfang war es sicher schwer, weil man mit der Formel 1 nicht gerade Nachhaltigkeit verbindet. Aber das ist nicht ganz richtig, denn die Formel 1 ist als Entwicklungsplattform für effiziente Technologien enorm wichtig. Mit der Zeit haben die Menschen verstanden, dass mein Anspruch authentisch ist und ich mir das grüne Label nicht nur anlege, um Geld zu verdienen, sondern weil es mir persönlich wichtig ist. Die schönste Bestätigung war dann, dass ich letztes Jahr den Europäischen Kulturpreis für Umwelt bekommen habe.
Sie veranstalten die Extreme E in Regionen der Erde, die direkt vom Klimawandel betroffen sind. Funktionieren kreative Mittel am besten, um brennende Themen ins Rampenlicht zu bringen?
Nico RosbergEs geht am besten mithilfe von Reichweite und hier kann der Sport eine sehr große Rolle spielen. Wenn man es schafft, die Motorsportfans für nachhaltige Technologien zu begeistern, dann ist schon viel gewonnen. Schön wäre es, wenn auch Fußballveranstaltungen und die Olympischen Spiele in diese Richtung denken würden. Das sind mit dem Superbowl die weltweit größten Sportevents. Ich hoffe, dass ich auch hier ein Vorbild sein kann für andere prominente Sportler:innen.
Sie investieren in nachhaltige Startups und Projekte. Auf welche sind Sie besonders stolz?
Nico RosbergIch bin eigentlich auf all meine Startups sehr stolz. Ein Beispiel ist Tier, das in Europa inzwischen einer der größten Anbieter von E-Scootern ist. Oder Happy Ocean Food, ein „Die Höhle der Löwen“-Investment, das die ersten veganen „Shrymps“ komplett aus pflanzlichen Zutaten herstellt und somit das Problem der Überfischung angeht. Lilium und Volocopter sind wiederum beide sehr erfolgreiche deutsche Startups, die die ersten elektrischen Flugtaxis entwickeln und in den nächsten Jahren abheben werden.
Wenn Sie an Ihren persönlichen Lebensstil denken und an den Ihrer Familie – wie hat sich dieser in den letzten Jahren verändert?
Nico RosbergWir haben als Familie schon immer sehr bewusst und gesund gelebt, was auch mit meiner Sportlerkarriere zu tun hatte – da musste ich immer sehr auf meine Ernährung achten. Meine Frau Vivian ist sehr bedacht darauf, dass wir uns und die Kinder gut ernähren. Was bedeutet, dass wir kaum Tierisches essen und dafür sehr viel Gemüse und Obst aus dem eigenen Garten. Wenn ich in Deutschland unterwegs bin, nehme ich eigentlich immer die Bahn und zu Hause in Monaco das Elektroauto. Wir haben inzwischen auch einen grünen Stromanbieter, Wasserfilter und lauter solche Dinge. Und alle meine Mitarbeiter:innen sind im Homeoffice.
Sie haben einmal gesagt, dass Sie die Hoffnung auf die junge Generation setzen. Was sehen Sie in ihr, das Ihre Elterngeneration nicht schafft?
Nico RosbergIch glaube, dass sie sehr bewusst mit dem Thema aufwächst. Das sehe ich an meinen kleinen Töchtern, die bereits in der Schule lernen, weshalb Plastik im Meer schlecht für die Schildkröten ist. Ich glaube, Kinder lieben Natur und Tiere instinktiv und ihre Sinne sind noch offen für die Welt und andere Lebewesen.
Zukunftsprojekte mit Nico Rosberg: Was sind Ihre nächsten Ziele?
Nico RosbergDerzeit arbeiten wir mit Hochdruck an der Vorbereitung des Greentech Festivals, das 2022 erstmals neben Berlin auch in London, New York und Singapur stattfinden wird. Daneben bin ich mit Rosberg X Racing in der Extreme E unterwegs und wir hoffen, erneut den Weltmeistertitel zu holen. Mein Engagement in der Rennserie dreht sich dabei nicht ausschließlich um das Sportliche, sondern vor allem auch um die Projekte, die wir abseits der Rennstrecke anstoßen, um Gutes zu bewirken.
Zum Abschluss: Kann ein nachhaltiger Lebensstil Spaß machen? Viele halten das für unmöglich. Wie sehen Sie das?
Nico RosbergDas Wichtigste ist, dass man den Menschen keinen Verzicht aufzwingt, sondern ihnen zeigt, dass es nachhaltige Alternativen gibt, die mindestens ebenso toll sind. Das betrifft nicht nur Elektroautos, sondern auch Fleischersatz, nachhaltige Mode oder coole Dachgärten. Ich sehe, wie viel Kreativität bei den Menschen freigesetzt wird, die auf der Suche nach nachhaltigen Lösungen sind. Hier müssen wir ansetzen und diese Innovationsfreude fördern. Deshalb: Mut fassen, kreativ werden, Spaß haben._