Die britische Designerin Ilse Crawford sagte einmal, dass nicht der Konsum allein das Problem sei, sondern dass man Dinge, die man kaufe, nicht genug liebe. Eine Folge davon ist Müll. Die neue „Generation Kreislauf“ hat von der Geschichte gelernt und will alles – einen modernen Lebensstil und eine abfallfreie Welt. Doch wie wird man zum „Homo Circularis“, der beides im Blick hat? Eine Annäherung.
Die Atacamawüste im Westen Chiles ist ein Naturjuwel, bekannt für ihre Geysire, sonnengegerbten Landschaften und den gigantischem, zum Greifen nahen Sternenhimmel. Und wenn endlich Regen fällt, verwandelt sich die karge Wüste für eine kostbar kurze Zeit in ein farbenprächtiges Blütenmeer. Dass heute LKW an die zwanzig Tonnen Altkleider pro Tag in die karge Idylle kippen, wirkt nahezu surreal.
Jährlich verursachen Österreicher:innen pro Kopf etwa 590 Kilo Müll, sechs Prozent davon entfallen auf Textilien. Zu Großmutters Zeiten wurde das selbstgenähte „Pfoad“ des Hausherrn zum Kinderhemd – und irgendwann zu Putzlappen geschnitten. Heute erleben Kleider in der Regel keinen zweiten oder gar dritten Frühling mehr. Sie landen als Kleiderballen auf einem Wochenmarkt in Übersee, als zerschredderte Fasern in billigen Textilmatten – oder auf illegalen Deponien. Doch die Zeiten ändern sich gerade.
Das Bild des Homo Circularis
Seit einigen Jahren wächst das Mosaik der Kreislaufwirtschaft bunter denn je. Innovative Köpfe tüfteln an Kunststoffen, die unendlich wiederverwendbar sind, bauen alte Firmengebäude zu Co-Working-Zentren um oder verwandeln Reststoffe in grüne Energie. Was sehen die Kreativen, was andere nicht sehen?
Potential erkennen.
Wer die Dinge mit einer gewissen Flexibilität und Unvoreingenommenheit betrachtet, wird nicht nur das „Alte“ und „Schäbige“ sehen, sondern das Ausgangsprodukt für Wiederverwertung. Und imstande sein, Produkte, Materialien oder Häuser zu entwickeln, die den Keim für neue Nutzungszyklen schon in sich tragen.
Nutzen statt besitzen.
Muss ich ein Auto besitzen, um von A nach B zu kommen? Der Homo Circularis sieht das kollektive Nutzen von Ressourcen als Teil seines Lebensstiles. Gemeinschaftlich genutzte Autos, Kleider oder Gärten bieten zudem die Gelegenheit, mit leistbaren Einzelinvestitionen in den Genuss von hochwertigeren Gütern und mehr Lebensqualität zu kommen.
Die Liebe zum großen Ganzen entwickeln.
Am Ende ist es doch die Liebe – jedoch nicht nur zu den Dingen –, die die Kreisläufe in Gang bringt. Zu sich selbst, seinen Mitmenschen und Nachkommen, sogar zu den Regenwaldbäumen, denen man persönlich nie begegnen wird. Indem man im eigenen Wirkungskreis kreislauffähige Entscheidungen trifft, mit dem guten Gefühl, ein kleiner und gleichzeitig wichtiger Teil des großen Mosaiks zu sein._
WeDress steht für wertebasiertes Unternehmer:innentum – let’s make it big.
Jasmin Huber
Gründerin, WeDress Collective
Wir setzen auf die Recyclingfähigkeit der Materialien.
Pim Vervaat
CEO, Constantia Flexibles
Im Kreis gedacht
Ausleihen ist das neue Schwarz
Kann Kleiderkonsum nachhaltig sein? Nicht, indem man jeder Modelaune nachgibt und ins nächste Geschäft läuft. Nachhaltigkeitsexpertin Jasmin Huber begann vor etwa zehn Jahren, ihren Modekonsum zu hinterfragen. Zuerst wurde sie zur „Heavy Userin“ von Secondhandkleidung. Bis ihr die Idee zu WeDress Collective kam, einer Verleihplattform für hochwertige Mode. Sie erkannte, dass sie nicht die einzige war, die sich nachhaltiger stylen wollte. Das Prinzip ist einfach: Man stöbert online in den interessantesten Kleiderschränken der Stadt, bezahlt eine kleine Leihgebühr bei der Besitzerin und kommt für eine bestimmte Zeit in den Genuss von ausgefallenen Stücken. www.wedresscollective.com
Plastik für die neue Recyclinggeneration
Die Optimierung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen ist eine der wichtigsten Aufgaben für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Ein Baustein auf diesem Weg sind Monomaterialien, die – bis auf den Aufdruck – aus einem einzigen Material bestehen. Der österreichische Verpackungshersteller Constantia Flexibles aus Wien, mittlerweile der drittgrößte Produzent der Welt, hat dazu „EcoLam“ entwickelt. Es ist ein recycelbares Mono-PE-Laminat, flexibel und leicht und kann in verschiedenen Durchlässigkeiten hergestellt werden. Von der Verpackung für die Bio-Nussmischung bis zum Flüssigwaschmittel werden damit unterschiedlichste Nutzungsbedürfnisse befriedigt.
Mit grüner Energie erfolgreich wirtschaften
Unternehmen benötigen Energie für ihre Produktion. Wie macht es ein großes Holzbauunternehmen wie die Firma Wolf? Nachhaltiges Wirtschaften sind dem international agierenden Familienunternehmen sehr wichtig. Der Betrieb wird zu 100 Prozent mit Biomasse beheizt, man verwertet auf diese Weise die Holzreste, die bei der Produktion anfallen. Auch die Photovoltaik ist ein wichtiger Baustein für die betriebliche Energieversorgung. Die PV-Anlage deckt mit insgesamt 950 kWp mittlerweile ein Drittel des gesamten Strombedarfs am Produktionsstandort in Scharnstein ab. Sie liefert den Strom für Firmen- und Transportfahrzeuge und auch die Stapler fahren mit der Kraft der Sonne.
Sinnvolle Investitionen sind immer solche in die Energieversorgung.
Thomas Stadler
Geschäftsführer,Wolf