Um das gewünschte Personal zu finden, müssen Arbeitgeber:innen neue Anreize finden. Immer wichtiger wird den Mitarbeiter:innen die Familienfreundlichkeit des Unternehmens. Bei Michaela Pachner kümmert sich ihr Arbeitgeber in der konzerneigenen Krabbelstube vor Ort um die Betreuung ihrer kleinen Tochter.
„Mama, ich mag heute nicht in den Kindergarten. Ich möchte lieber bei dir bleiben“ – viele Mütter kennen dieses Szenario nur zu gut. Nach dem oft schon stressigen Aufstehen folgt dann häufig die tränenreiche Trennung vor der Kinderbetreuungseinrichtung. Im Büro angekommen, wird gleich zum Hörer gegriffen und nachgefragt, ob sich die Lage eh wieder beruhigt hat.
Michaela Pachner ist diese Situation hingegen völlig unbekannt. Denn wenn sich die 37-Jährige aus Pucking (Bez. Linz-Land) auf den Weg zu ihrem rund 20 Kilometer entfernten Arbeitgeber nach Kremsmünster (Bez. Kirchdorf) macht, sitzt ihre Tochter Ella (18 Monate) mit im Auto. Die zweifache Mutter arbeitet in der Kommunikationsabteilung der Firma Greiner. Und dort sind Kinder gern gesehen. Denn nur wenige hundert Meter von ihrem Büro entfernt verbringt Ella den Tag in der betriebseigenen Krabbelstube. Während Mama wichtige Telefonate führt, Texte verfasst und an Meetings teilnimmt, spielt ihre Tochter fast in Sichtweite mit gleichaltrigen Buben und Mädchen. Aufgeteilt auf zwei Gruppen sind in dem Haus mit Garten und Spielplatz 20 Kinder untergebracht. Die Betreuungsplätze stehen auch Bewohner:innen des Ortes Kremsmünster zur Verfügung. Rund drei Viertel der Kapazitäten werden aber von Mitarbeiter:innen in Anspruch genommen. „Das erleichtert den Alltag ungemein. Wenn irgendetwas sein sollte, brauche ich nur ein paar Treppen hinuntergehen und ich bin bei meiner Tochter. Ich kann mich voll auf meine Arbeit konzentrieren und weiß, dass Ella in guten Händen ist“, erzählt Pachner.
Greiner selbst verdeutlicht auf der Firmenhomepage die Notwendigkeit der Krabbelstube, schreibt: „Die optimale Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist Greiner ein großes Anliegen. Mit der Krabbelstube bieten wir Müttern und Vätern beim Wiedereinstieg nach der Babypause Unterstützung und Entlastung an. Das Angebot soll helfen, individuellen, familiären und gesellschaftlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.“
Familienfreundlichkeit etablieren
Gerade angesichts des demografischen Wandels und des dadurch steigenden Fachkräftebedarfs ist es für Unternehmen wichtiger denn je, Familienfreundlichkeit als ihre Marke zu etablieren. Denn wer die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert, wird somit attraktiver für qualifizierte Fachkräfte und hat auch betriebswirtschaftliche Vorteile. Studien zeigen, dass in familienorientierten Firmen die Motivation steigt, die Mitarbeiter:innenbindung besser funktioniert und auch die Krankenstände sinken. Es muss aber nicht immer die betriebseigene Krabbelstube sein. Arbeitszeiten können zum Beispiel flexibler gestaltet werden, sodass Arbeitnehmer:innen ihre Stunden frei einteilen können und wichtige Besprechungen nicht am Nachmittag nach 15 Uhr angesetzt werden. Die Möglichkeit zu Homeoffice kann vielfach für Familien hilfreich sein, da Arbeitswege minimiert werden und die knappe Zeit besser genützt werden kann.
Die Investmentplattform Bitpanda mit Sitz in Wien ließ zuletzt mit einem ganz besonderen Zuckerl für seine Mitarbeiter:innen aufhorchen. Dort bekommen die rund 1.000 Angestellten so viel Urlaub, wie sie möchten. „Mit unserem neuen Ansatz stellen wir sicher, dass alle die Möglichkeit bekommen, sich nach arbeitsreichen Zeiten eine Auszeit zu nehmen“, heißt es aus dem Unternehmen. Um bei dem Thema Kinder zu bleiben: Für Jungeltern hat sich das Unternehmen auch was überlegt. Sowohl Müttern als auch Vätern stehen 20 Wochen bezahlte Elternzeit zur Verfügung.
Im Fall von Pachner hat die Familienfreundlichkeit ihres Arbeitgebers sogar dazu geführt, dass sie nach nur einem Jahr Karenz wieder auf ihrem Bürosessel Platz nehmen konnte. „In öffentlichen Krabbelstuben kann man die Kinder erst mit 18 Monaten hinbringen. Bei uns in der Firma ist das schon mit zwölf Monaten möglich. Das ist schon ein riesiger Vorteil. Darum beneiden mich viele aus meinem Bekanntenkreis“, so Pachner. Auch während eines Workshops durfte Ella schon einmal dabei sein.
Neue Kinderwelt bei der voest
Bei der voestalpine wird Familie ebenfalls groß geschrieben. Dort wird nämlich die vivo Kinderwelt nicht nur umgesiedelt, sondern für zehn Millionen Euro runderneuert. Der Neubau in der Schnopfhagenstraße in Linz wird ab Frühjahr 2023 170 Kinder (im Alter zwischen ein und sechs Jahren) beherbergen. Am alten Standort in der Lunzerstraße waren es noch 90 Kinder. 24 Mitarbeiter:innen sind für diese Einrichtung dann vorgesehen. Der Außenbereich mit rund 4.000 Quadratmetern Grünfläche ist ebenfalls sehr großzügig angelegt. „Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Mit der Aufstockung der Betreuungsplätze können wir unsere Mitarbeiter:innen noch besser unterstützen und ihnen mehr Familienzeit ermöglichen“, heißt es vonseiten des Konzerns.
Für die Puckingerin Pachner hat sich die firmenintegrierte Krabbelstube bereits doppelt ausgezahlt. Denn schon Sohn Leon (5) war lange Zeit nur wenige Meter von Mamas Büro entfernt beaufsichtigt worden. Inzwischen besucht er einen Kindergarten im Heimatort der Familie. Für die zweifache Mutter, die derzeit bei Greiner in Teilzeit angestellt ist, lässt sich das zeitlich sehr gut vereinbaren. Nach dem Mittagessen holt sie ihre Tochter ab und gemeinsam geht es dann zum großen Bruder. Auch in den Ferien muss Pachner nicht den Terminkalender zücken und die Großeltern mit der Beaufsichtigung beauftragen. Denn bis auf Weihnachten hat Greiners Krabbelstube das ganze Jahr geöffnet. „Das erleichtert die Planung irrsinnig. Und auch Leon freut sich, wenn er wieder mal zurückkommt und in meiner Nähe sein kann“, lacht Pachner. Denn in den Ferien werden neben den ganz Kleinen auch die Schulkinder bei Greiner betreut.
Ella wird auch in den kommenden Jahren stets mit ihrer Mama in die Arbeit fahren. Somit wird Pachner die tränenreichen Abschiede vor den Betreuungseinrichtungen weiterhin nur vom Hören-Sagen kennen.
Sollte irgendetwas sein, brauche ich nur ein paar Treppen zu meiner Tochter hinuntergehen.
Michaela Pachner
Angestellte, Greiner