Wohin wird das schließlich führen?
Philipp MaderthanerDie Unternehmen werden sich einerseits in ihren Stammmannschaften verkleinern. Innerhalb dieser Stammteams, die aus Leistungsträger:innen bestehen, wird es eine andere Verteilung von Ertrag geben. Darüber hinaus wird man mit weiteren Leistungsträger:innen zusammenarbeiten, die aber selbstständig sind und auf eigene Rechnung arbeiten. Der Rest der Aufgaben wird durch Künstliche Intelligenz weggekürzt. Mittelmaß wird von KI ersetzt. Wenn jemand im Job nur Durchschnitt abliefert, riskiert er in Zukunft, dass die KI das übernimmt und erledigt. Diesen ganz großen Shift werden wir in den nächsten zehn, zwanzig Jahren erleben. Man darf sich nicht täuschen lassen, weil es aktuell so aussieht, als ob die große Unterwerfung der Unternehmen bevorstünde. Aber es wird in einem sehr partnerschaftlichen Zusammenspiel von Leistungsträger:innen und Unternehmen münden.
Was bedeuten diese Veränderungen für die CEOs, die eine kleinere Stammmannschaft führen?
Philipp MaderthanerDas Endresultat wird extrem positiv sein. Du wirst als CEO flexibler, agiler sein und nur mehr mit den Leuten frei zusammenarbeiten, mit denen du wirklich zusammenarbeiten willst. Dein Stammteam wird extrem von Vertrauen und Miteinander geprägt sein, aber eben auch von einer fairen Verteilung des Kuchens. Am Ende werden gute Dinge entstehen, aber der Weg dorthin kann wirklich tough werden, weil ein paar Unternehmen an der Überforderung zugrunde gehen werden. Einige Unternehmer:innen werden sich überlegen, ob es ihnen das wert ist – oder ob sie allein besser dran sind.
Also die Frage: Tu ich mir das noch an?
Philipp MaderthanerJa, genau. Am Ende muss es auch eine Erfüllung sein, für beide Seiten. Niemand will sich heute noch vor den Karren spannen lassen. Die Bereitschaft, die eigenen Bedürfnisse dem Kollektiv unterzuordnen, verschwindet. Diese Entwicklung mit dem Druck auf die Unternehmen zur Entwicklung einer Unternehmenskultur, wo die Menschen Sinn und Erfüllung finden, ist positiv. Sie muss schlussendlich aber für alle – eben auch für die Unternehmer:innen, die das Risiko tragen – positiv sein. Wir kommen aus einem Extrem und gehen in ein anderes. Am Ende wird das Pendel in der Mitte landen und es wird ein guter Zustand sein.
Wie bereitet man junge Menschen, vielleicht die eigenen Kinder, auf diese Zukunft am besten vor?
Philipp MaderthanerBei jungen Menschen, aber auch bei allen anderen, müssen wir die Leidenschaft zünden. Wir müssen den Hunger, etwas zu lernen, etwas zu bewegen, etwas zu erschaffen, wecken. Jeder Fortschritt auf dieser Welt ist durch den Hunger und die Unzufriedenheit des Menschen entstanden. Ich bin eine Mischung aus fassungslos und verärgert, wenn ich von Great Resignation lese. Auf die faule Haut legen wird nicht funktionieren. Ich habe vor Kurzem eine beeindruckende Skirennläuferin kennenlernen dürfen. Was passiert, wenn die plötzlich nur noch halbtags trainieren möchte? Was ist das für eine Ambition, wenn wir nicht versuchen, die Grenzen zu verschieben und etwas zu dieser Welt beizutragen? Die Leute nehmen sich selbst so viel an Glück und Erfüllung. Das wird man beim dauerhaften Chillen nicht finden.
Braucht es für diesen Hunger nicht auch das richtige „Essen“? Aber wie findet man genau das – also Ziele, die man hungrig verfolgt?
Philipp MaderthanerWorum geht‘s eigentlich? Die Frage ist magisch. Wie finde ich meine Ziele? Indem ich herausfinde, was sich nicht nach Arbeit anfühlt und was so eine große Anziehungskraft auf mich ausübt, dass ich es einfach machen muss. Die Wahrscheinlichkeit, dass meine Ziele fremdbestimmt sind, ist nur leider sehr hoch.
Was sind deine eigenen Ziele?
Philipp MaderthanerIch habe große Ziele und erst wenige davon erreicht. Das haben große Ziele an sich. Ich liebe Menschen, die etwas bewegen wollen. Für die bin ich da, die will ich unterstützen und inspirieren. Ich möchte ihnen Werkzeuge in die Hand geben und sie dazu befähigen, Dinge zu erreichen. Jedes meiner Unternehmen macht seinen Job dazu – die Agentur, die Unternehmensberatung, meine Keynote-Tätigkeiten.
Das passt gut zu unserem Untertitel: Menschen, die bewegen.
Philipp MaderthanerJa, absolut. (lacht)_
Warum erreichen wir unsere Ziele nicht?
5 Gründe von Philipp Maderthaner
1 / Zweifel. Die Leute glauben immer, dass die Sicherheit zuerst da sein muss und sie dann den ersten Schritt machen. Es ist aber genau umgekehrt. Man macht den ersten Schritt und damit kommt die Sicherheit.
2 / Zu kurzfristig. Die meisten setzen ihre Ziele zu kurzfristig. Wer in diesem Jahr eine Million verdienen möchte, findet das im Jänner noch lustig, im Juli nicht mehr so und im November kommt der Frust. Das löst immensen Druck aus.
3 / Komfort. Viele trauen sich nicht, Ziele zu setzen, die sie wirklich hinter dem Ofen hervorholen. Daher: Raus aus der Komfortzone, große Ziele setzen und fragen: Warum will ich das? Ist es wirklich mein Ziel?
4 / Fremdbestimmte Ziele. Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Ziele fremdbestimmt sind, ist ziemlich groß. Was denken wohl die anderen darüber? Welches Ansehen ist damit verbunden? Wie machen die das auf Social Media? Die erste Frage, die wir uns beim Suchen nach den eigenen Zielen stellen sollten, ist: Was übt wirklich Anziehungskraft auf mich aus?
5 / Zu hoher Preis. Wenn das Ziel in keiner Relation zum Aufwand steht, dann werden wir die Kraft und die Konsequenz, die es braucht, um es zu erreichen, nicht aufbringen.