×


Wir wollen dir schreiben ...

... und zwar pünktlich donnerstags.


Der Newsletter ist kostenfrei und kann jederzeit abbestellt werden.

„Es tut weh, wenn Lebensmittel weggeschmissen werden“

Der Lebensmittelkonzern Vivatis verarbeitet mehr als 100 Millionen Kilo Fleisch, Obst, Gemüse und Milch aus Österreich. Ein besonderes Anliegen ist dem Konzern und dem Vorstandsvorsitzenden Gerald Hackl eine Reduktion der Lebensmittelverschwendung. Im Interview erzählt Hackl, welche Missverständnisse es bei den Konsument:innen gibt, welche Maßnahmen er sich wünscht – und warum das Thema für ihn persönlich besonders emotional ist.

Lebensmittelverschwendung verursacht extrem hohe CO2-Emissionen: Die Hälfte der Emissionen aus der Produktion geht auf Abfälle und Verluste zurück. Was unternimmt man bei Vivatis dagegen?

Gerald Hackl: Wir unternehmen wirklich sehr große Anstrengungen, um die Lebensmittelverschwendung soweit als möglich zu minimieren. Es geht los beim richtigen Einkauf in unseren Unternehmen. In der Produktion werden Prozesse gesteuert, damit es keine Überproduktionen gibt, das ist oftmals teurer, als einfach zu viel zu produzieren. Wichtig ist auch die richtige Verpackungs- und Portionsgröße für die Konsument:innen. Oft wird kritisiert, dass durch kleine Portionsgrößen viel Verpackungsmaterial benötigt wird, allerdings ist es auch nicht sinnvoll, wenn Konsument:innen mehr kaufen, als sie tatsächlich brauchen. In den Horten, Kindergärten, Seniorenheimen und Betriebskantinen berechnen wir penibel die richtige Portionsgröße. Beim Marktführer in der Gemeinschaftsverpflegung Gourmet konnten wir die Abfallquote so um ein Viertel senken, sie beträgt jetzt nicht einmal mehr ein Prozent. Besonders wichtig ist aber die Aufklärung für uns, die wir unter anderem gemeinsam mit dem Fachverband der Lebensmittelindustrie und der Wirtschaftskammer betreiben. Auch mit dem WWF und anderen NGOs gehen wir gemeinsam gegen das Thema vor. 

Nachhaltigkeit ist derzeit ein dominierendes Thema. Haben Sie den Eindruck, dass auch die Sichtbarkeit für Lebensmittelver-schwendung steigt?

Gerald Hackl: Leider nicht. In der öffentlichen Wahrnehmung dominiert bei weitem die Diskussion über die Preise, über das Wegschmeißen redet kaum jemand. Wir können nicht 900.000 Tonnen an hochqualitativen Produkten jährlich wegschmeißen und dann von Nachhaltigkeit reden. Lebensmittel haben einen Wert – das Gefühl dafür ist leider völlig verloren gegangen.

Worauf führen Sie das zurück?

Gerald Hackl: Lebensmittel sind immer verfügbar, vor 50, 60, 70 Jahren war das noch nicht so. Und sie sind immer noch relativ günstig. Ja, es stimmt, es gibt etwa 200.000 bis 250.000 Menschen in Österreich, die sich Lebensmittel nur mehr schwer leisten können, das betrifft aber nur einen Bruchteil der Bevölkerung. 1950 wurden etwa 50 Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben, 1970 25 bis 30 Prozent, heute sind es nur noch knapp an die zehn Prozent. Man hat einfach vieles im Überfluss, die Lebensmittelverschwendung ist eine Folge der Wohlstandsgesellschaft.

Trotzdem lässt sich eine deutliche Preissteigerung bei den Lebensmitteln nicht leugnen.

Gerald Hackl: In den vergangenen 30 bis 40 Jahren sind Lebensmittelpreise bei Weitem nicht so gestiegen wie jene in anderen Bereichen, etwa Wohnen, Mobilität oder auch Freizeit beziehungsweise Urlaub. Es wird leider medial und politisch massiv polarisiert, man haut hin. Natürlich gibt es in Österreich große multinationale Lebensmittelkonzerne mit großen Gewinnmargen, die viel Geld verdienen. Heimische, österreichische Betriebe sind aber weit weg von diesen Margen. Auch die Preisvergleiche zum angeblich billigeren Deutschland sind irreführend. Durch die Topografie, deutlich höhere Abgaben und einen viel geringeren Aktionsanteil in Deutschland sind die Zahlen extrem verzerrt.

Was müsste sich in der öffentlichen Diskussion Ihrer Meinung nach ändern?

Gerald Hackl: Uns wäre schon geholfen, wenn weniger polarisiert wird. Es wurde ein Lebensmittelgipfel einberufen, der im Endeffekt gar nichts brachte. Wenn man sich wirklich mit dem Thema auseinandersetzen würde, könnte man sehen, dass die Preise für in Österreich produzierte Lebensmittel gerechtfertigt sind. Wir verdienen uns keinen goldenen Hintern, jeder kann das in unseren Bilanzen sehen. Und Tatsache ist, dass wir die auf Grund der höheren Energiekosten notwendigen Preissteigerungen teilweise bis heute noch gar nicht weitergegeben haben. 

Zurück zur Lebensmittelverschwendung. Man merkt, dass Sie dieses Thema emotional besonders bewegt. Warum?

Gerald Hackl: Als Lebensmittelproduzent weiß man, was man leisten muss, damit die Rohprodukte, also etwa Fleisch, Obst und Gemüse, Milch in der Produktion verarbeitet werden, was die Landwirt:innen mit Herzblut und Leidenschaft schaffen. Wenn das Endergebnis dann weggeschmissen wird, tut das einfach verdammt weh. Die Lebensmittelverschwendung beträgt bis zu 40 Prozent in Österreich. Wenn man sich vor Augen führt, dass von zehn Rindern oder Schweinen drei bis vier völlig umsonst sterben, ist das wirklich tragisch und traurig. Wir sind als Kinder so erzogen worden, dass alles aufgegessen wird. Bei diesem Thema werde ich generell sehr emotional. Wenn ich im Gasthaus sehe, dass jemand die Hälfte überlässt, fällt es mir schwer, mich zurückzuhalten.

Was fordern Sie, um das Problem effektiver anzugehen?

Gerald Hackl: Leider werden Konsument:innen dahin erzogen, immer mehr zu kaufen, etwa durch Gratisaktionen. Dadurch werden viel zu große Mengen eingekauft. Warten Sie, da muss ich Ihnen etwas zeigen. 

Hackl holt sein Smartphone auf den Besprechungstisch und swipet durch seine Bilder, deutet auf ein Foto von einem offensichtlich überfüllten Kühlschrank.

Gerald Hackl: Schauen Sie sich das an. Das Foto von dem völlig überladenen Kühlschrank, hat mir ein Freund von seiner Mutter geschickt. Ich schäme mich für diese Maßlosigkeit. Ein durchschnittlicher Haushalt kann das nie und nimmer konsumieren. Unser Kühlschrank daheim ist meistens fast leer, wir kaufen immer nur ein, was wir auch wirklich brauchen. Um zu meinen Forderungen zurückzukommen: Es braucht mehr Aufklärung, das geht schon in der Schule los. Das Gute ist: Jede:r Einzelne kann einen Beitrag leisten._

Die Lebensmittelverschwendung ist eine Folge der Wohlstandsgesellschaft.

Gerald Hackl Vorstandsvorsitzender, Vivatis

#Ähnliche Artikel

„Wir haben eine besonders hohe Verantwortung“

Der Fleischverarbeiter Gourmetfein stellt Leberkäse, Wurst und Fleischwaren her – und setzt dabei sowohl beim Fleisch als auch bei den Futtermitteln zu 100 Prozent auf Regionalität. Garantiert wird dieser Ansatz mit einer eidesstattlichen Erklärung. Fleisch und Nachhaltigkeit – passt das zusammen?

Afrikanischer Wels statt Schwein

Wetterextreme, Preisschwankungen und hoher Investitionsbedarf: Die Rahmenbedingungen für Landwirt:innen werden schwieriger, die Zahl der Betriebe sinkt stetig. Andere reagieren mit kreativen und innovativen Projekten auf die neuen Gegebenheiten. Unterstützung gibt es durch Startups wie AgroBiogel, die mit ihren Produkten die negativen Folgen des Klimawandels zumindest abschwächen können.

Hungrig auf ein gutes Gefühl

Muss man eigentlich ein schlechtes Gewissen haben, wenn man noch Fleisch isst? Die Menschen sind hierzulande bekanntlich genüssliche Fleischtiger. Warum das mit dem schlechten Gewissen trotzdem nicht sein müsse, beweist ein Pionierbetrieb in Oberösterreich: [Hütthaler](https://huetthaler.at/) ist Europas erster Betrieb, der Tierwohl über die gesamte Wertschöpfungskette abbildet.

Genussland pur

„Den echten Geschmack einer Region zu erkosten und zu genießen, wird immer mehr zu einem Leitmotiv im Tourismus“, sagt Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger. Auch Oberösterreich soll sich deshalb durch ein Zusammenwirken der regionalen Betriebe mit dem heimischen Tourismus eine Sonderstellung bei Genusstouristen erarbeiten. Die Voraussetzungen dafür wären jedenfalls gut.

Dort, wo der Leberkäse wächst

Die Landwirtschaft ist in ländlichen Regionen nach wie vor ein großer Wirtschaftsfaktor. 162.018 land- und forstwirtschaftliche Betriebe gibt es in Österreich, 31.477 davon werden in Oberösterreich von 79.124 Arbeitskräften bewirtschaftet. Einer dieser Betriebe ist der Schaubermair-Hof von Gourmetfein-Bauer Franz Dietachmair.

Mahlzeit!

Regional und Bio – zwei sehr häufig benutzte Wörter im Zusammenhang mit Lebensmitteln. 8,4 Prozent des Gesamtumsatzes des Lebensmittelhandels in Österreich werden mit Bioprodukten gemacht. Zum Bereich Regionalität gibt es keine genauen Zahlen, da es auch an einer einheitlichen Definition fehlt. Wir haben daher bei verschiedenen Institutionen und Produzenten nachgefragt, wie sie den Begriff definieren, und dabei auch noch einiges über Schwindeleien und falsche Preispolitik erfahren.

30 Jahre auf Reisen

Eigentlich ist Christian Klar wahnsinnig gern daheim. Trotzdem dreht sich bei ihm seit 30 Jahren alles ums Thema Urlaub. Als er 1994 Invent gründete, erfand er das Rad, also Hotelschecks, nicht neu, aber anders als bei vielen Mitbewerber:innen hatte seine Reise – mit vielen Learnings übrigens – kein Ende. Und sie geht auch nach 30 Jahren weiter.

„Gewürze kennen keine Grenzen“

„Weil es einfach geile Gewürze sind!“ Damit ist eigentlich alles gesagt. Das Erfolgsrezept ist erklärt. Die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen dem Linzer Restaurant Rossbarth und den Grazer Gewürzexperten von Van den Berg ist erzählt. Aber wie kam das alles zustande?

Party-Rock statt Zuckerschock

Spätestens seit den Investments von Stars wie Dominic Thiem oder RAF Camora in „Sugarless-Produkte“ entdecken viele ihren süßen, aber zuckerreduzierten Zahn. In diese Kerbe schlagen auch Raphael Reisinger und Marcel Winkler aus Alberndorf in der Riedmark mit ihrem figurbewussten Weingetränk. Der Partydrink „Wyld Fizz“ ist kein Sturm im Wasserglas, sondern sprudelt aus der farbenfrohen Dose.

Nur keine Normalität

„Die Pastamacher“ haben sich mittlerweile in Linz zur Pilgerstätte für Liebhaber:innen handgemachter Pasta, Sugos, Ravioli und anderer italienischer Spezialitäten entwickelt. Das von Melanie Heizinger und ihrem Vater Dietmar Öller gegründete Unternehmen setzt kompromisslos auf Regionalität und Frische. Das Alleinstellungsmerkmal liegt aber woanders.

PR

Wenn Tradition und Digitalisierung Hand in Hand gehen

Rund 60 Jahre. So lange entwickelt das Familienunternehmen backaldrin in Asten bereits Ideen für Brot, Gebäck und Feinbackwaren. Nach wie vor setzt es dabei auf traditionelles Bäckerhandwerk: Es wird gestaubt, geknetet und geformt – jedoch immer mit einem gewissen Hang zur Innovation. Denn um am Puls der Zeit zu bleiben, ist auch für einen Traditionsbetrieb die digitale Transformation unerlässlich.

Geschäftsidee gesucht, Sucht gefunden

Biobrote mit kreativen Namen wie Roger Roggen oder Krustav verbunden mit aufwendiger Handwerksarbeit sind in der heimischen Handelslandschaft nicht üblich. Ein IT-Experte und ein Projektmanager in der Backstube eigentlich auch nicht, doch für die verschwägerten Unternehmer Oliver Raferzeder und Stefan Faschinger ist das ihr täglich Brot. Nachdem die Anfangszeit von Brotsüchtig nahezu so hart war wie altes Gebäck, schnuppern sie momentan am Erfolgsduft, der ähnlich süß riecht wie frische Christine Croissants aus dem Ofen.

Erfolgreich durch die Krise(n) navigieren

Die Vivatis Holding knackte vergangenes Jahr zum ersten Mal die Umsatzmilliarde und das trotz der anspruchsvollen Zeiten für die gesamte Lebensmittelbranche. Vorstandsvorsitzender Gerald Hackl erzählt, was es braucht, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können: Unternehmertum, gemeinsame Visionen und Zusammenhalt. Sowie eine gehörige Prise Herzblut, Mut und Leidenschaft.

Gelebte Regio-genial-ität

Sei es dank der traditionellen Brettl-jausen auf der Alm, der modernen Gastrokonzepte mit internationalen Einflüssen oder der klassischen Haubenküche – durch sie wird Öster-reich zu einem echten Genussland. Was dabei nicht fehlen darf, sind hochwertige Zutaten und Lebensmittel, am besten aus heimischer Herstellung. Und wo sind diese zu finden? Wir haben uns umgesehen und festgestellt: Geniale und regionale Konzepte lebt man …

Die Zukunft beginnt am Land

Von Klima über Krieg bis Teuerung – wie geht die Landwirtschaft mit den aktuellen Veränderungen um? Im Gespräch mit Oberösterreichs Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger über eine herausfordernde Realität, der sich die Bäuerinnen und Bauern gerade stellen müssen. Die – trotz aller Schwere – völlig neue Zukunftschancen in sich birgt. In denen die Akteur:innen auf dem Feld eine noch wichtigere Versorgungsrolle in der Gesellschaft einnehmen werden.

Sprint oder Marathon? Wie schnell Bio die Welt ernähren kann

Kann man die Landwirtschaft von heute auf morgen auf Bio umstellen und die Weltbevölkerung satt machen? „Ja, aber nicht aus dem Stand heraus“, sagt die Geschäftsführerin von Bio Austria, Susanne Maier. Über die Vision einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion, die machbarer ist, als sie auf den ersten Blick erscheint.

Wenn Duroc-Schweine Yoga-Chill-out-Musik lauschen

Mit dem Musterhof in Rüstorf wollen Philipp und Daniela Hütthaler auf insgesamt 37 Hektar ihre Vision vom Bauernhof der Zukunft zeigen – mit einer neuen Herangehensweise an die Landwirtschaft. Die konventionelle Mast soll auf einen neuen Standard gehoben werden, der Hof ist als ein Bindeglied zwischen Landwirtschaft und Produktion ein Leuchtturm für „Hütthalers Hofkultur“ – den Qualitätsgrundsatz des Fleischverarbeiters Hütthaler. Mittlerweile haben 38 Partnerhöfe das Konzept übernommen – und die Warteliste für weitere ist lang.