Bildung
Wenn gut nicht gut genug ist
Vorweg: Quer durch das Land sind die Firmen voll des Lobes für ihre Mitarbeiter – besonders für deren persönliches Engagement und gute Ausbildungen. In den ländlichen Regionen wird der Arbeitseinsatz noch einmal stärker gelobt. Mit den Ausbildungsstätten ist man sehr zufrieden. Einzig in der Grundschule wünscht man sich teilweise Verbesserungen. „Neue Mittelschule-Absolventen haben oft unzureichende Grundkenntnisse“, sagt Pfahnl von Pfahnl Backmittel. Gleichzeitig müssen die Ausbildungsstätten nun weiterhin ausgebaut werden. Ein Thema ist auch, so Fronius-CTO Herndler, „dass in Österreich im Bereich der Ausbildung von MINT-Fächern zu wenig gemacht wird“. Wegen des Fachkräftemangels spielen firmeninterne Ausbildungsprogramme eine zunehmend wichtigere Rolle, immer mehr Firmen richten eigene Ausbildungsschienen ein. So könnten etwa in der FACC-Akademie ältere Mitarbeiter ohne Ausbildung diese nachholen. IV OÖ-Geschäftsführer Haindl-Grutsch bezeichnet den Ausbau des Hochschulsektors gemäß den industriellen Stärkefeldern als einen entscheidenden Punkt für den Wirtschaftsstandort. Dafür brauchen die JKU Linz und die FH OÖ jegliche Unterstützung, um zum bestehenden Budget mehr Geld vom Bund für den Ausbau von MINT-Studienrichtungen zu erhalten. Und „Budget“ ist laut FACC-Vorstand Machtlinger das Stichwort: „Wir brauchen gut ausgebildete Mitarbeiter und dementsprechend darf in diesem Bereich nicht gespart werden.“
Das duale Ausbildungssystem ist weltweit einzigartig. In Zeiten des Fachkräftemangels versuchen Firmen mehr Lehrlinge aufzunehmen und das gelinge auch einigermaßen. Schulen würden aber wegen der sinkenden Geburtengänge immer stärker um Schüler buhlen und das merken die Firmen. „Wir bekommen nach wie vor genug Bewerbungen für unsere ausgeschriebenen Lehrstellen, aber die Anzahl an Top-Bewerbungen geht zurück – wir sind da stark in Konkurrenz mit den höheren Schulen. Wir kennen diese Problematik auch von anderen Firmen. Je weiter man in den Zentralraum Richtung Linz kommt, desto schwieriger wird es. Wir sind da noch in der glücklichen Lage, eher im ländlichen Bereich zugreifen zu können“, sagt Herndler. Bei der Tischlerei Schwingenschuh in Nußbach bemerkt man wieder einen höheren Stellenwert der Lehre und bekomme wieder sehr gute Bewerbungen.
Fachkräfte
Vom Fachkräfte- zum Arbeitskräftemangel
Wenig überraschend wird der Fachkräftemangel bei fast allen Firmen als die größte Herausforderung genannt. Die Wirtschaft floriert. Die Firmen wachsen, der bereits seit längerem vorausgesagte Fachkräftemangel wird jetzt noch einmal akuter. Besonders in den technischen Bereichen suchen die Firmen hängeringend nach Personal. Haindl-Grutsch nennt als einen wichtigen Punkt für den Standort, mehr Jugendliche für MINT-Ausbildungen von der Lehre bis zur Hochschule zu gewinnen. Gleichzeitig gehe es aber zunehmend vom Fachkräfte- zum Arbeitskräftemangel. „Während wir früher nur schwer geeignete Fachkräfte und Akademiker gefunden haben, ist es nun auch eine Herausforderung, Hilfskräfte zu finden“, sagt TCG Unitech-Geschäftsführer Wienerroither. Feuerhuber, CEO bei Glass-Inspiration, pflichtet dem bei und sagt, dass die Mitarbeitersuche für kleinere Unternehmen noch einmal schwieriger ist: „Die großen Firmen rund um uns ziehen alle guten Leute vom Markt ab.“ Diese könnten etwa mit Schichtarbeit höhere Löhne bezahlen und auch sonst mehr Zusatzleistungen bieten. Feuerhuber könne als Zuckerl Umsatzbeteiligungen an gewonnenen Aufträgen oder auch flexible Arbeitszeiten anbieten.
Höherer Aufwand
Bei den größeren Unternehmen wird die Aussage von Feuerhuber indirekt bestätigt, es wird betont, dass bereits seit längerem auf das Thema reagiert wird und die Mitarbeiter daher mit höherem Aufwand im Personalbereich schon noch gefunden werden. Es werden mehr Lehrlinge aufgenommen und es fällt immer wieder das Stichwort „Employer Branding“. „Wir spüren die gesellschaftlichen Veränderungen, aber wir jammern grundsätzlich auf sehr hohem Niveau. Unsere Lehrlingsausbildung macht sich bezahlt“, sagt Helmut Schwingenschuh, Josko-Bereichsleiter für Produktion und Versand. Wienerroither: „Das Geld ist die Basis, aber daneben spielen viele andere Faktoren eine immer wichtigere Rolle.“ Die Firmen bieten mittlerweile eine beträchtliche Anzahl an Sozialleistungen, von der Kantine über die Krabbelstube bis hin zu Workouts und speziellen Teamevents ist alles dabei und das Angebot wird ständig noch verbessert. So verkündete Fronius kürzlich, dass man die beste Betriebsgastronomie Österreichs anbieten möchte. Familienunternehmen betonen, dass man besonders mit einer familiären Atmosphäre mit einem guten Betriebsklima punkten könne.
Man ist sich einig, dass die Mitarbeitersuche zukünftig noch schwieriger werde, aber gleichzeitig betont eine Reihe von Unternehmen, dass man als attraktiver Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern etwas bietet, auch zukünftig nicht das große Problem haben werde. Bieten müsste man den Mitarbeitern in allen Regionen das Gleiche, sagt Internorm-Miteigentümerin Klinger: „Es geht im Wesentlichen um die Unternehmenskultur, die Bezahlung und einen fairen Umgang mit Mitarbeitern.“ Schwaighofer von Aspöck Systems fasst zusammen: „Die Mitarbeiter müssen sich im Unternehmen wohlfühlen.“ Klinger hat mit einem Produktionswerk in Traun im Zentralraum und einem in Sarleinsbach im Oberen Mühlviertel einen guten Vergleich. Als Unterschied nennt Klinger, dass man im Zentralraum auf einen größeren Pool an Mitarbeitern zurückgreifen könne, allerdings sei die Fluktuation höher. Beim Wettbewerb um die Fachkräfte nach Regionen werden laut Franz Josef Wiener, Mayr Schulmöbel-Geschäftsführer, diejenigen gewinnen, bei denen das gesamte Umfeld, von leistbarem Wohnraum bis hin zu ausreichend Freizeitmöglichkeiten, passe.
Kreative Ideen
Einen großen Vorteil hätten Firmen, die ihre Produktionsstandorte verteilt haben, wie etwa Fronius, Stiwa oder FACC. „Unser Einzugsgebiet für unsere vier Fertigungswerke zieht sich über die Bezirke Ried, Grieskirchen, Vöcklabruck, Schärding, Braunau und über den bayrischen Raum“, sagt FACC-Vorstandschef Machtlinger. In den vergangenen sieben Jahren konnte FACC den Mitarbeiterstand von 1.600 auf 3.400 Mitarbeiter aufstocken und man ist auch positiv gestimmt, dass man die in den nächsten drei Jahren rund 800 neu benötigten Leute finden wird. Möglicherweise müsse man aber das Einzugsgebiet ein wenig erweitern und dafür gibt es Ideen für Busservices, die zu einem wesentlichen Teil vom Unternehmen bezahlt werden sollen. FACC ist dafür bereits mit AMS-Stellen und auch Ämtern in Passau in Verbindung. Es wurde noch nichts fixiert, aber in Österreich gibt es bereits konkretere Pläne und eine mögliche erste Verbindung könnte ab Anfang 2019 in den Welser Raum gehen: „In Wels ist die Nicht-Beschäftigtenquote fast doppelt so hoch wie im Innviertel.“
Öffentlicher Verkehr
Pendlermühen
„Der öffentliche Verkehr muss besser ausgebaut werden“, war ein häufig gehörter Satz bei den Firmenbesuchen quer durch Oberösterreich. Den meisten Firmen geht es dabei vorwiegend um bessere Möglichkeiten zum Pendeln für ihre Mitarbeiter. Die öffentlichen Verkehrsverbindungen passen nicht mit den Bedürfnissen der Unternehmen zusammen oder es gibt gar keine, wie etwa in Holzhausen bei der Firma Schwingshandl Automation oder bei den Fronius-Standorten in Pettenbach und Sattledt. „Ein Mitarbeiter, der nicht mobil ist, kann da nicht arbeiten“, sagt Fronius-CTO Herndler.
Busse für Lehrlinge
Bei allen FACC-Werken im Innviertel führt eine Zuglinie vorbei, aber die Taktung der Züge passe nicht zu den Arbeitszeiten. „Wir sind bereits im Gespräch mit dem zuständigen Ministerium, der ÖBB und der Landesregierung. Aber es ist gar nicht so einfach, da eine Lösung zu finden“, sagt Vorstandsvorsitzender Machtlinger. Positiv sei, dass die täglich 3.000 pendelnden Mitarbeiter zunehmend mehr Fahrgemeinschaften mit ihren Autos bilden würden. Diese hätten sich laut Helmut Schwingenschuh, Josko-Bereichsleiter für Produktion und Versand, auch bei Josko gut entwickelt, sodass der „abgelegene Standort mitten im Sauwald mit einer wirklich mangelhaften öffentlichen Verkehrsanbindung“ kein großes Thema sei. Für die weniger mobilen Lehrlinge wird bereits seit vielen Jahren ein Bus organisiert, der diese von zu Hause abholt und wieder zurückbringt: „Das ist eine wichtige Maßnahme, damit wir unsere Lehrlingsausbildung auf solch einem hohen Niveau halten können.“
In Attnang-Puchheim gibt es mit dem Bahnanschluss eine gute öffentliche Verkehrsverbindung für Personen. „Beim Güterverkehr wundern wir uns, warum die Bahn so wenig wettbewerbsfähig ist und hauptsächlich auf Lkw zurückgegriffen wird“, sagt Spitz-Geschäftsführer Mayer. Als einen weiteren Punkt beim Thema „öffentlicher Verkehr“ nennt Mayer den Linzer Flughafen: „Dieser verliert leider zunehmend an Bedeutung. Da sollte man sich schleunigst einigen, ob Linz oder Salzburg stärker ausgebaut wird.“
Bürokratie
Fehlende Dynamik
„Behörden und Bürokratie sind in Oberösterreich und Salzburg im Vergleich zu allen anderen Bundesländern sehr effizient“, lobt Internorm-Miteigentümerin Klinger. Gleichzeitig werde aber die Bürokratie mehr und damit zu einer immer größeren Belastung. „Die Bürokratie ist wirklich eine Katastrophe“, sagt Pfahnl Backmittel-Eigentümer Andreas Pfahnl. So würden etwa Genehmigungsverfahren immer länger dauern, sodass Unternehmen gar nicht mehr schnell genug auf den Markt reagieren könnten.
Das ist besonders für Firmen mit einem hohen Exportanteil ein großes Problem: „Bis man bei uns mit einer neuen Produktion in Betrieb gehen kann, haben uns die ausländischen Mitbewerber schon drei Mal überholt.“ Beim Lebensmittelproduzenten Spitz habe man zuletzt ein Problem bei einer Parkplatzgenehmigung gehabt: „Wir haben länger für die Genehmigung als zum Bauen gebraucht.“ Mayer sieht dabei einen Zusammenhang mit fehlenden „ordentlichen Flächenwidmungsplänen“ in Österreich. Klinger fügt hinzu: „EU-Richtlinien werden in jedem Land unterschiedlich umgesetzt. Wir sind in 22 Ländern tätig und müssen jetzt etwa das neue Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz in all diesen Ländern aktuell halten.“ Für kleine Firmen sei die Bürokratie noch einmal schwerer zu bewältigen, sagt Christoph Schwingenschuh, Geschäftsführer der gleichnamigen Tischlerei.
In Österreich und der EU fehle es zunehmend an Dynamik, sagt Pfahnl: „Wir verwalten uns zu Tode. Die vergangenen drei Jahre wurde nur über das Flüchtlingsthema diskutiert.“ So sei es auch kein Wunder, wenn Europa von anderen Erdteilen technologisch und wirtschaftlich überholt werde. „Während man in Linz 30 Jahre über eine Brücke diskutiert, ist in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul innerhalb von zehn Jahren ein Stadtteil mit fünf Millionen Menschen entstanden.“ Was die Ankündigungen von Erleichterungen im Bereich der Bürokratie von Seiten der Regierung anbelangen, ist Pfahnl vorsichtig: „Angekündigt wird viel, jedoch zählt allein die tatsächliche Umsetzung – aber ich lasse mich gerne positiv überraschen.“