Dos und Don’ts beim Aufbau einer starken Arbeitgebermarke
Jasmin Rubner, Senior Brand Consultant beim Markenberatungsunternehmen BrandTrust
+ Das Unternehmen muss seine Unternehmenswerte definieren und herausarbeiten, was es besser kann als der Wettbewerb.
+ Die Unternehmenswerte müssen auch nach innen gelebt werden, inklusive des Top-Managements als Vorbildfunktion.
+ Bewerber und Mitarbeiter müssen spüren, wohin die Reise des Unternehmens gehen soll und es muss die Möglichkeit gegeben werden, diese mitgestalten zu können.
- 08/15-Stellenanzeigen mit den immer gleichen Floskeln
- Dinge versprechen, die man nicht halten kann
- Employer Branding als reine HR-Personalmarketing-Maßnahme und nicht als wirkliche Strategie sehen
Ralf Tometschek, Markenberater bei der Employer Branding-Agentur Identifire
+ Lebendige Unternehmenswerte (Employer Value Proposition) aufbauen, entlang derer sich das Unternehmen entwickeln kann.
+ Starke Webpräsenz mit Karrierewebsites, Social Media und auf Karriereplattformen, um von den Bewerbern gefunden zu werden
+ Führungskräftekonferenzen, auf denen die Rolle des Employer Branding klar gemacht wird und neue Arbeitgeber-Versprechen abgestimmt werden
- Fehlendes Commitment vom Top-Management
- Zu geringer Budgeteinsatz
- Nicht authentisch sein
„Firmen mit gutem Employer Branding haben bei der Bewerbersuche eindeutig Vorteile“
Gerhard Straßer, AMS OÖ-Landesgeschäftsführer
Wenn Firmen in Zeiten des Arbeitskräftemangels die besten Leute rekrutieren wollen, müssen sie sich von anderen Betrieben unterscheiden, sagt Gerhard Straßer, AMS OÖ-Landesgeschäftsführer: „Firmen mit gutem Employer Branding haben bei der Bewerbersuche eindeutig Vorteile.“ In Zeiten von Social Media & Co. genügt es aber auf keinen Fall, die Marke nur äußerlich zu polieren: „Die Bewerber sind gut informiert. Was man kommuniziert, muss man auch leben.“ Das Gehalt stehe bei den Bewerbern nicht mehr unbedingt an erster Stelle, sondern diese legen mehr Wert auf ganzheitliche Faktoren. Straßer nennt dabei Themen wie Arbeitszeitflexibilität, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Weiterbildungsmöglichkeiten. Daneben sei Bewerbern das Arbeitsklima sehr wichtig: „Speziell die Jüngeren erkundigen sich im Vorfeld über das Klima und die Hierarchien.“
Zusammengefasst sollten Firmen bei der Bewerbersuche laut Straßer auf folgende drei Punkte besonders achtgeben: 1. Freundlicher Auftritt und leichter Zugang für Bewerber; 2. Gutes Betriebsklima und Referenzen von den bestehenden Mitarbeitern; 3. Entgegenkommen bei Arbeitszeitgestaltung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Als absolute No-Gos nennt Straßer: 1. Keine Reaktionen auf Bewerbungen; 2. Keine konkreten Antworten auf Fragen bei Bewerbungsgesprächen; 3. Lange Entscheidungswege bei Bewerbungsverfahren.
„Sisyphus-Arbeit ist das Schlimmste“
Johannes Pracher, Geschäftsführer der Kepler Society
Das Gehalt ist heute nur mehr ein Hygienefaktor – aber wenn das Gehalt nicht passt, denkt man über das andere gar nicht mehr nach, weiß Johannes Pracher, Geschäftsführer der Kepler Society, dem Absolventenclub der JKU: „Primärer Treiber ist die Sinnhaftigkeit. Der Spaß und der Mehrwert an der Arbeit müssen vorhanden sein.“ Die Absolventen würden heute kaum noch den Job wechseln, wenn sie woanders 100 Euro mehr kriegen würden, aber in der Tätigkeit selbst keinen Sinn erkennen. „Eine sinnlose Tätigkeit war schon bei den Griechen das Schlimmste, das man jemandem antun konnte“, zieht Pracher den Vergleich mit Sisyphus, der täglich einen Stein auf den Berg rollt, der anschließend wieder runterkugelt.
Das Um und Auf bei der Erarbeitung der Arbeitgebermarke sei es, individuelle Lösungen für die unterschiedlichen Bereiche und Mitarbeiter zu finden: „Es ist komplett sinnlos, in eine Rutsche oder einen Wuzzler zu investieren, wenn die Mitarbeiter eigentlich flexible Arbeitszeiten wollen. Wenn Arbeitnehmer aus dem Mühlviertel kommen und die Arbeitszeiten wegen des Verkehrs nicht passen, ist ihnen ein Obstkorb komplett egal. Die Mitarbeiter müssen auch nicht alle Freunde sein, das ist nicht notwendig.“
„Es nützt nichts, einen gratis Apfel zu verteilen, wenn der Rest nicht passt“
Michael Pecherstorfer, WKOÖ Spartenobmann Gewerbe und Handel
Employer Branding beginne nicht damit, sich als Unternehmen nach außen aufzuhübschen, sondern nach innen das zu leben, was man wirklich ist, so Michael Pecherstorfer, WKOÖ-Spartenobmann Gewerbe und Handwerk. „Die Handwerksbetriebe schauen sehr auf ihre Mitarbeiter. Diese sind der beste Multiplikator des Employer Branding, weil wenn der Mitarbeiter im Freundeskreis von seiner Arbeit erzählt, ist das viel besser als die teuerste Stellenanzeige.“ Zum häufig noch etwas verstaubten Image sagt er: „Richtig ist, dass etwa die Tischler extrem zu kämpfen haben, weil es eine staubige Arbeit ist. Es wird aber schon sehr viel automatisiert. Und nicht verstaubt ist die Positionierung unserer Betriebe am Markt.“
Das Handwerk stehe für Karrieremöglichkeiten, Innovation und Tradition, Verantwortung, Individualität, Zukunft und Handschlagqualität. „Wenn diese Punkte transportiert werden, kommen wir auch gegen die Industrie an und sind absolut attraktiv. Die Jugend erkennt die Vielfalt der Branche immer mehr.“ Das Handwerk habe ja nicht einen Fachkräftemangel wegen der Industrie, sondern, wie alle, aufgrund der Demografie und der Hochkonjunktur. Gutes Employer Branding schafft man laut Landesinnungsmeisterin der Chemischen Gewerbe, Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger Ursula Krepp dann, wenn man seinen Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnet und ihnen das Gehalt pünktlich überweise: „Da nützt es sonst auch nichts, wenn man einen Apfel gratis verteilt, wenn der Rest nicht passt – denn dann ist das einfach nur Make-up.“