100 Schritte noch bis zum Tagesziel, sagt das Handy. Der Aufzug bleibt, wo er ist, die Treppe bekommt den Vorzug. Smartphone, Smartwatch oder Fitness-Tracker – eines dieser Geräte trägt heute fast jeder mit sich herum. Es zählt die zurückgelegten Schritte, misst den Puls, hilft beim Dokumentieren der Ernährungsgewohnheiten – in naher Zukunft wird es wahrscheinlich noch viel mehr tun. Und das ist nur einer von vielen Aspekten in der heutigen Gesellschaft, die auf ein großes Vorhaben abzielen: gesund bleiben. Denn nur ein gesundes Leben ist ein gutes Leben – klingt wie eine leere Floskel, aber holt man sich den letzten Infekt in Erinnerung, dann fällt es einem wieder ein. Gesund bleiben also – oder gesund werden: Jeder will es, jeder braucht es. Klingt nach besten Voraussetzungen für einen sicheren Job und unterschiedlichste Karriereaussichten.
Begehrte Ausbildungsstätte
Gesundheitsberufe liegen im Trend, da ist sich Bettina Schneebauer sicher. Die Geschäftsführerin der FH Gesundheitsberufe OÖ verdeutlicht das mit einer Zahl: „Wir haben circa 4,5 mal so viele Bewerber wie Studienplätze und bei den therapeutischen Studiengängen noch viel mehr“. Auch die Nachfrage nach Absolventen sei sehr groß, so Schneebauer. Und man kann ihr das ruhig abnehmen, denn für die Zukunft prophezeit das allein schon der demografische Wandel: Unsere Gesellschaft verändert sich – die Menschen werden immer älter und nehmen immer mehr gesundheitsbezogene Dienstleistungen in Anspruch. Die Anforderungen an das Fachpersonal werden dabei komplexer und differenzierter. Und eines macht auch vor der Gesundheitsbranche nicht Halt: „Technologie wird ein wesentliches Thema in den kommenden Jahren sein“, meint Schneebauer, „in den diagnostischen Berufen spielt sie die größte Rolle, aber sie betrifft alle“. Die Karrieremöglichkeiten sind vielfältig, wie Schneebauer verspricht: Jobs warten im Spitalsbereich direkt am Patienten, im Management, in der Gesundheitswirtschaft oder in der Industrie, am Puls der Technologieentwicklung. Und auch die Selbstständigkeit ist eine Option. Hohe Priorität in allen Studiengängen hat die Vermittlung des interprofessionellen Ansatzes im Gesundheitssystem. Das wird an der FH Gesundheitsberufe OÖ in gemeinsamen fächerübergreifenden Lehrveranstaltungen gelebt, aber auch als Lehrinhalt in einem eigenen Seminar vermittelt. „Das Gesundheitswesen ist stark von der Expertise und der guten Zusammenarbeit der einzelnen Professionen abhängig“, begründet Schneebauer diesen Schwerpunkt.
Gesundheit pflegen
In der Branche zu arbeiten muss keineswegs bedeuten, nur mit kranken Menschen zu tun zu haben. Der Stellenwert vorsorglicher Tätigkeiten, wie etwa in der Diätologie, werde in den kommenden Jahren steigen, so Schneebauer. In der Pflege wird der präventive Ansatz im Sinne der Gesundheitspflege erst seit einigen Jahren stärker betont. Egal an welchem Ende der Einstieg erfolgt – ob in der Vorsorge oder Nachsorge, ob bei Neugeborenen oder älteren Menschen oder irgendwo dazwischen – eines ist unumstritten die Grundvoraussetzung: Freude an der Arbeit an und für Menschen.
Gesundheits- und Krankenpflege
Ein Klassiker neu konzipiert
Stationärer Betrieb im Krankenhaus läuft nicht ohne diplomierte Fachkräfte. „Wir sind diejenigen, die die Verbindung zwischen Ärzten und jenen mit einer niederschwelligeren Ausbildung herstellen“, beschreibt Heide Jackel, Leiterin des neuen Studiengangs für Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Gesundheitsberufe OÖ, die Position der Absolventen im Spitalsbetrieb.
Kontrollieren, wahrnehmen, beobachten und agieren – etwa bei frisch operierten Patienten – fasst Jackel die grundsätzlichen Aufgaben zusammen. In der öffentlichen Meinung sei das bedauerlicherweise noch nicht ganz angekommen: „Es ist bedenklich“, beklagt Jackel, „dass die Komplexität des Berufsbildes der Gesundheits- und Krankenpflege nicht im vollen Umfang bekannt ist.“
An der Außenwahrnehmung wird sich künftig definitiv etwas ändern: Seit heuer ist die Ausbildung akademisch, also auf Hochschulniveau –deshalb auch neu an der FH Gesundheitsberufe OÖ. Die Tätigkeiten werden komplexer, organisatorische und interdisziplinäre Aufgaben sowie evidenzbasierte Lehre auf aktuellen Ergebnissen der Forschung rücken in den Vordergrund. „Grundsätzlich ist das eine Aufwertung“, sagt Jackel, man brauche eben einen adäquaten Bildungsabschluss, um den heutigen Anforderungen in der Gesundheits- und Krankenpflege gerecht werden zu können. Gelingen müsse nun noch die Etablierung dieses neu konzipierten Berufsklassikers. Mit der Akademisierung der Ausbildung haben sich natürlich auch die Zutrittsbedingungen verändert. Zwingend notwendig ist die Matura dennoch nicht. Mit einschlägigen beruflichen Erfahrungen im Gesundheitsbereich fehlt oft nur noch Englisch auf Maturaniveau als Zugangsvoraussetzung.
Mit Wissen umgehen lernen
Um die Studierenden „State of the Art“ auszubilden, greift der Lehrkörper auf die aktuellsten Ergebnisse der Pflegeforschung zurück. „In Zukunft werden wir unter Einbeziehung der Studierenden an oberösterreichweiten bis hin zu internationalen Projekten der Pflegeforschung teilnehmen“, kündigt Jackel an. Ab dem zweiten Semester werden deshalb auch die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens gelehrt. Zum Abschluss ist dann eine umfassende Bachelor-Arbeit zu schreiben. Wichtig ist, dass die Absolventen wissen, wie sie mit aktuellem Wissen umgehen und auch, wie sie Wissen generieren können. Erfahrung sei zwar auch Wissen, aber um wirklich schlagkräftig argumentieren zu können, brauche man eine gewisse Grundlage – und das seien die Forschungsergebnisse.
Die Möglichkeiten der Weiterentwicklung nach einem Gesundheits- und Krankenpflege-Bachelor seien sehr groß, so Jackel: „Es kommt nur darauf an, was man daraus macht.“ Master, Doktor, Wissenschaft, Management – alles ist möglich. Wie Mediziner können sich die Studenten in verschiedenste Richtungen spezialisieren. „Das fängt beim Neugeborenen an und endet beim Sterbenden“, umreißt Jackel die gebotene Vielfalt, „und diese Breite kommt gut an.“ Im Bereich der nicht medizinischen Gesundheitsberufe, biete die Gesundheits- und Krankenpflege die meisten Spezialisierungsmöglichkeiten.
Biomedizinische Analytik
Die, bei denen immer alles stimmt
Fast gänzlich weiblich ist die Studienrichtung Biomedizinische Analytik an der FH Gesundheitsberufe OÖ. Warum das so ist, fragt sich auch Studiengangsleiterin Karin Dorfer – würde doch der Fokus auf Technik und Zahlen eher eine Männerdomäne markieren. Pro Jahrgang gibt es aber fast immer zwei bis drei männliche Studierende.
Im Krankenhausalltag spielt die Biomedizinische Analytik vor allem in der Diagnostik eine wichtige Rolle. Allein die Blutwerte sind für die Behandlung von Patienten unverzichtbar und erst die genaue Identifikation von Erkrankungen macht eine gezielte Behandlung möglich. „Zwei Drittel aller Diagnosen erfordern Laborwerte, die die Biomedizinische Analytik liefert“, erklärt Dorfer. Die Handarbeit wird dabei immer weniger. Automatisierte Laborstraßen übernehmen die Proben und führen mehrere Schritte ohne äußeres Zutun aus – für den biomedizinischen Analytiker bleibt schließlich die Aufbereitung der Ergebnisse, die im nächsten Schritt von den Ärzten interpretiert werden. Eine gewisse Zahlenaffinität ist da unabdingbar. Die Frage danach, ob die biomedizinischen Analytiker sowas wie die Streber der FH Gesundheitsberufe OÖ sind, amüsiert Dorfer, nach kurzer Überlegung meint sie aber: „Man hört schon immer, dass wir die Genauen sind, bei denen immer alles stimmt“. Und ohne Genauigkeit hat die Sache einfach wenig Sinn. Das größte Gefahrenpotential in der Biomedizinischen Analytik liegt nämlich in der Präanalytik, also der Phase vor der Untersuchung des Probenmaterials, etwa bei der Vorbereitung des Probenröhrchens.
Die Welt außerhalb des Labors
Beim Stichwort „Röhrchen“ eröffnet sich den Absolventen des Studiengangs Biomedizinische Analytik die Berufswelt außerhalb des Labors. Gute Karrierechancen ergeben sich nämlich auch in der Industrie, die das erforderliche Material produziert – Know-how aus der Laborpraxis kann dort unnötige Fehler vermeiden. Gestartet werden Karrieren außerhalb der medizinischen Praxis häufig auch durch die schriftlichen Bachelorarbeiten, die zum Abschluss des Studiums geliefert werden müssen. Die Unternehmen bieten sich dabei als Partner an und liefern praxisbezogene Forschungsansätze, die von den Studenten umgesetzt werden.
Geht ein Absolvent in die Forschung, so warten Aufgaben wie die Arbeit an der Identifikation neuer Erkrankungen oder vielmehr unbekannter Viren- und Bakterienstämme. Die Entwicklung von Impfstoffen ist nur nach eingehenden Analysen möglich. Und auch die Inhalte der Lehre sind – wie in den anderen Fachrichtungen – von den Ergebnissen der Forschung abhängig.
Radiologietechnologie
Warum strahlen die Studenten so?
Liegt in der Pflege der Schwerpunkt eher bei der Arbeit am Patienten und in der Biomedizinischen Analytik verstärkt in der technikgeleiteten Analyse sowie der inter-disziplinären Zusammenarbeit mit den Kollegen, so vereint die Radiologietechnologie beides. Gefragt sind deshalb soziale Kompetenzen ebenso wie technisches Verständnis.
Durch den hohen Praxisanteil im Studium – rund ein Drittel – wird man aufs Berufsleben gut vorbereitet, kann unmittelbar als Radiologietechnologe in einem Krankenhaus oder bei einem niedergelassenen Radiologen arbeiten. Mit Berufserfahrung werden Absolventen auch für die Industrie interessant – und zwar dort, wo die Arbeitsgeräte der Radiologie entwickelt werden. Berufliche Praxsiserfahrung mit den komplexen Maschinen ist dort sehr wertvoll, wie Alice Reiter, Leiterin des Studiengangs an der FH Gesundheitsberufe OÖ, verrät. Und es tut sich einiges auf diesem Gebiet: „In den vergangenen zehn Jahren haben wir vier Generationen an Computertomographen erlebt“, sagt Reiter und weist dabei auf die bestehende Weiterbildungspflicht im Fachbereich hin. Wer dennoch Angst vor Langeweile hat, dem sei das Stichwort Unfallröntgen ans Herz gelegt – nach Verletzungen oder bei Schlaganfällen muss alles sehr schnell gehen, oft geht es um Leben oder Tod. Intraoperative Methoden versetzen Radiologietechnologen direkt an den Ort des Geschehens, machen quasi den Fotografen zum Kameramann.
Gefahr durch Strahlung?
Die durchaus bestehenden Sorgen wegen der Strahlung kann Reiter zerstreuen: Die Studenten werden im Umgang mit Strahlung bestens ausgebildet und und tragen permanent ein sogenanntes Dosimeter mit sich herum – es misst die Strahlendosis, die auf eine Person einwirkt. Und selbstverständlich gibt es strenge Vorschriften bezüglich Schutzkleidung und vermeidbarer Strahlenexposition. Da sei die Gefahr durch die atmosphärische Strahlung, etwa bei Flugpersonal, größer, argumentiert Reiter.
Vergleichsweise wenige Studenten bewerben sich derzeit für ein Studium der Radiologietechnologie. „Wir kämpfen mit den geburtenschwachen Jahrgängen“, sagt Reiter. Hoffnung könnten da die Quereinsteiger bringen. Jedes Jahr gesellen sich einige von ihnen zu den sonst größtenteils direkt von der Matura oder aus einschlägigen, jedoch abgebrochenen Universitätsstudien kommenden angehenden Radiologietechnologen. Die Liste an Berufen, die den Zugang zu diesem Studiengang erlauben, ist lang – vom Fotografen bis zum Vermessungstechniker könnte sich der eine oder andere da schnell wiederfinden. „Natürlich tut sich ein HTL-Absolvent leichter, aber mit Fleiß und Initiative kann man fast alles aufholen“, sagt Reiter. Die relative geringe Zahl der Bewerber und Absolventen hat für letztere einen großen Vorteil: „Die Berufsaussichten sind exzellent“.