„Den schlechten Ruf hat sich die Branche in der Vergangenheit leider erarbeitet“, stellt Harald Schopf, Leiter des Kurhauses der Barmherzigen Brüder in Schärding, gleich mal klar. Als mehrfach ausgezeichneter Arbeitgeber beweist er aber: „Die Zeiten der schwarzen Schafe sind vorbei.“ Wir haben uns bei drei Vorbildern in der Tourismusbranche in Oberösterreich umgesehen. Und schnell war klar: Viele Betriebe gehen hier einen völlig neuen Weg und könnten die Branche zu dem machen, was sie für unsere drei Interviewpartner:innen längst ist: „die schönste zum Arbeiten überhaupt.“
Es ist sechs Uhr am Morgen, als Harald Schopf das Kurhaus in Schärding betritt. Schon von draußen hört er ein herzhaftes Lachen. Als er die Eingangstür öffnet, verstummt sein Team nicht, sondern bindet ihn gleich freundschaftlich in die Unterhaltung ein. So war das nicht immer in der Tourismusbranche, wenn der Chef oder die Chefin plötzlich auftauchte. Strenge Hierarchien waren typisch für touristische Betriebe.
Harald Schopf ist einer von immer mehr Verantwortlichen in der Branche, die dieses negative Image korrigieren möchten. „Nach unserer Auszeichnung als ‚Bester Arbeitgeber Österreichs 2022‘ und einer der ‚TOP-Workplaces of
Europe 2022‘ setzen wir auch dieses Jahr unsere Arbeit als wertorientierter Arbeitgeber fort“, sagt Schopf. Auf die Frage, warum sie diese Auszeichnungen verdient haben, antwortet er: „Ich glaube, es ist unsere Einstellung zu unseren Mitmenschen, unsere Freude an der Arbeit mit den Menschen und unser gemeinsames Verständnis, immer besser werden zu wollen.“ Wichtig sei auch, dass sie sich, ihre Abläufe und ihre Beziehungen zu den Stakeholdern immer wieder hinterfragen. „Wir behalten das, was uns guttut, und trennen uns von jenem, das uns und unsere Arbeit belastet.“
Der Gast ist König? Das Team auch!
Ganz im Norden von Oberösterreich, im Aviva Hotel im Mühlviertel, spielen sich ähnliche Szenen ab. Ebenfalls als „Top Arbeitgeber“ ausgezeichnet, weiß Geschäftsführer Christian Grünbart, worauf es ankommt, um ein Hotel erfolgreich (in die Zukunft) zu führen: „Die Zufriedenheit von Mitarbeiter:innen und jene der Gäste sind zwei Seiten derselben Münze, und beide sind für den Erfolg unseres Unternehmens von entscheidender Bedeutung.“ Dazu müsse er die Bedürfnisse von beiden kennen – jene der Gäste, aber auch jene der Mitarbeitenden. Diese zufriedenzustellen, erfordere eine Unternehmenskultur, die auf Wertschätzung, Kommunikation, Weiterbildung und Karriereförderung basiert. „Wenn sich die Mitarbeiter:innen geschätzt und unterstützt fühlen, Entlohnung und Benefits passen, sind sie eher bereit, ihr Bestes zu geben. Und das spiegelt sich direkt in der Zufriedenheit unserer Gäste wider“, sagt Grünbart.
Aber auch die Gäste könnten ihren Teil dazu beitragen, dass sich das Image der Tourismusbranche als Arbeitgeber bessern kann: „Manchmal braucht es etwas mehr Respekt den Mitarbeiter:innen gegenüber. Wenn wir zur Sperrstunde mitten in der Nacht zusperren, müssen wir uns oft beleidigen lassen. Wenn hingegen um 18 Uhr der Supermarkt schließt, ist das normal.“ Zudem werde der Beruf zu Unrecht schlechtgeredet. „In Frankreich etwa sind Köche Stars und genießen höchsten Respekt in der Bevölkerung.“ In Österreich sei das leider (noch) nicht so.
Seine Leidenschaft für Tourismus lebt Christian Grünbart nicht nur im Hotel Aviva aus, sondern auch in der Leitung der G7 Tourismusberatung. „Ergänzend zur klassischen Hotelberatung begleiten wir Hotelprojekte und sind temporär bei der Realisierung aktiv dabei. Kernziel ist die nachhaltige Weiterentwicklung“, erklärt Grünbart. Auch für die ökologische Ausrichtung eines Betriebes weiß er Rat, hat er doch selbst für das Hotel Aviva das österreichische Umweltzeichen und das EU-Ecolabel erhalten. „Das sind renommierte Auszeichnungen, die strenge Umweltstandards einhalten. Eine PV-Anlage alleine reicht nicht, sondern es müssen unzählige Prozesse evaluiert und umgestellt werden“, erklärt der Tourismusexperte.
Mut zu Investitionen
Tourismus spielte auch für Sabine Stummer immer schon eine bedeutende Rolle in ihrem Leben. Aufgewachsen in einem Gasthof, ist sie mit viel Arbeit an den Wochenenden, aber auch mit der großen Leidenschaft, Gastgeberin sein zu dürfen, groß geworden. „Ich war am liebsten in der Küche hinter dem Herd mit meiner Oma und meiner Mama und liebe es noch heute, Gaumen zu verwöhnen“, erzählt Stummer, die nach ihrer Zeit als Hoteldirektorin mit 40 Mitarbeiter:innen nun mit „Your Austrian Home“ ihr eigenes Herzensprojekt im Salzkammergut verwirklicht. „Der Trend zu Ferienhäusern und Appartements ist definitiv wieder da und dank Airbnb werden viele Menschen ermutigt, das Eigenheim für Gäste zu öffnen.“ Rasch merke man dann, dass es auch mit Arbeit verbunden ist. „Da komme dann ich ins Spiel und darf mich heute um über 30 Ferienhäuser und Wohnungen im Salzkammergut kümmern. Ich belege eine Nische und nehme nur Unterkünfte, in denen man sich wohl fühlt wie in einem zweiten Zuhause.“ Sie ist überzeugt, dass Ideen wie diese im Tourismus Erfolg haben können – jedenfalls dann, wenn man „out of the box“ denkt und bereit ist, zu investieren. „Ohne Investitionen wird es keine Zukunft geben.“
Und damit meint sie auch die Bereitschaft, in Mitarbeiter:innen zu investieren. „Es ist essentiell, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer:innen fair behandeln. Wer heute Gutes leistet, wem die Arbeit Spaß macht und wer auch flexibel agiert, der hat doch wirklich verdient, über Kollektiv bezahlt zu werden.“ Das würde sich ohnehin für das Unternehmen lohnen. „Denn dieser Mitarbeiter wird aktiv nach einem weiteren Getränk fragen oder bietet zum Dessert einen Kaffee an.“ Wenn Sabine Stummer über „ihre“ Branche spricht, dann sprüht sie vor Begeisterung. Mit eben dieser möchte sie unbedingt viele Menschen anstecken: „Mein größter Wunsch ist, positiv von dieser Branche zu sprechen. Damit gezeigt wird, dass richtig viele Menschen total gerne in dieser Branche arbeiten.“ Außerdem sei wichtig, die Vielfalt des Tourismus zu zeigen. „Tourismus ist nicht nur Köchin, Kellner, Zimmermädchen. Es braucht Werbeprofis, Menschen mit Foto- und Sprachtalent, Rechengenies und Alleskönner – man muss sich nur anschauen, wie viele Lehrberufe die Branche zu bieten hat.“ Und allen Unternehmer:innen der Branche rät sie: „Oft hat man eigene Grenzen im Kopf, aber mit Mut und Investitionsbereitschaft lässt sich auch alt Eingesessenes wieder neu beleben.“
Hotel Wesenufer
Das Inklusionshotel an der Donau ist das erste und einzige Hotel in Österreich, das aktive Sozialarbeit in einem hohen Dienstleistungsniveau integriert anbietet. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen bekommen so die Möglichkeit, sinnstiftenden und somit gesundheitsfördernden Beschäftigungen nachzugehen.
Wolfgangsee Tourismus – Projekt „Work the Lake“
„Work the Lake“ ist ein digitales Bonussystem für Mitarbeiter:innen am Wolfgangsee in den Branchen Gastronomie, Beherbergung, Handel und Freizeit. Die App bietet neben attraktiven Ermäßigungen auch Veranstaltungen speziell für Mitarbeitende verbunden mit Gratiseintritten und wurde 2019 mit „Notos“, dem oberösterreichischen Innovationspreis für Tourismus, ausgezeichnet.
Eurothermen – Lehre mit Social Media
Die Eurothermen (Bad Schallerbach, Bad Hall, Bad Ischl) haben die Ausbildung massiv aufgewertet und die Lehre mit Social Media entwickelt. Zusätzlich zu den bestehenden Inhalten erhalten die Lehrlinge in neun Modulen über die gesamte Lehrzeit eine Social-Media-Ausbildung durch Spezialist:innen. Sie lernen, professionell mit sozialen Medien umzugehen, Inhalte zu entwickeln und dabei ein Unternehmen zu repräsentieren. Dafür wurden die Eurothermen mit dem HRbert, dem Preis für innovative und nachhaltige HR-Projekte der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria, ausgezeichnet.
Emotionale und soziale Skills sind in unserer Branche entscheidend.
Christian Grünbart
Geschäftsführer, Hotel Aviva
Wir begegnen uns als Menschen, frei von jeglicher Funktion und Position.
Harald Schopf
Leiter, Kurhaus Schärding
Wer wie vor 40 Jahren agiert, wird sich schwertun.
Sabine Stummer
Geschäftsführerin, Your Austrian Home