Manche Entscheidungen trifft man am besten aus dem Bauch heraus – vor allem, wenn es ums Essen geht: Steinhauser Fischduett oder Südtiroler Gerstenrisotto? Große oder kleine Portion? Dazu Dillerdäpfel, Petersilienwurzelgemüse oder beides? Salat, Suppe, Nachspeise, und wenn ja, in welcher Größe? Trägt man den Teller schließlich zu einem der pflanzenumrankten Tische des Betriebsrestaurants, passt die Portion genau zum eigenen Appetit – und bezahlt wird nur, was tatsächlich auf dem weißen Plastiktablett landet. „Für mich ist der Preis immer ein wichtiger Hinweis auf die Qualität“, erklärt Thomas Weinberger, Leiter der Betriebsgastronomie. „Mit dem Komponentensystem wollten wir erreichen, dass sich der Mitarbeiter überlegt, wie viel esse ich denn heute.“
Im Jänner 2018 hat das Familienunternehmen Fronius, Spezialist für Schweiß-, Solar- und Batterieladetechnik mit Sitz in Pettenbach, seine Betriebsgastronomie völlig umgestellt, um dem ausdrücklichen Wunsch der Mitarbeiter nach besserem, gesünderem Essen zu entsprechen. In Zeiten des Fachkräftemangels und bei 200 offenen Stellen im Unternehmen hat man sich davon größere Zufriedenheit, stärkere Mitarbeiterbindung und leistungsfähigere Arbeitskräfte erhofft. Nach etwas mehr als einem Jahr zieht Matthias Uhl zufrieden Bilanz: „Das ist definitiv voll aufgegangen.“
„Beste Betriebsgastronomie Österreichs“
Der Leiter des Bereichs Personalentwicklung war federführend an der Entwicklung der neuen Betriebsküche beteiligt. „Vor zwei Jahren haben wir die Mitarbeiter gefragt, was sie sich beim Ernährungsangebot wünschen“, erzählt Uhl. „Immer mehr Menschen bei uns setzen sich mit dem Thema Ernährung und Gesundheit auseinander. Auf diesen Trend wollten wir reagieren.“ Also holt man Thomas Weinberger ins Haus, um das 30-köpfige Küchenteam auf das erklärte Ziel einzuschwören, die „beste Betriebsgastronomie Österreichs“ zu werden.
Als ersten Schritt in diese Richtung stellt Weinberger gänzlich auf regionale, nachhaltige Produkte um: „Je weniger verarbeitet die Lebensmittel sind, je weniger sie gereist sind, je mehr Sonne sie erwischt haben, umso hochwertiger ist die Ernährung.“ Wichtig ist ihm der persönliche Kontakt: „Wir fahren zu jedem Lieferanten, wir reden mit ihm, wir schauen in den Stall.“ Die Zutaten in den benötigten Mengen zu bekommen, ist allerdings mitunter „extrem schwierig“, zumal er auch die zurückgelegten Kilometer reduzieren will. „Es hat keinen Sinn, wegen fünf Kilo Dinkelreis quer durch Oberösterreich zu fahren“, erklärt Weinberger, warum er Regionalität „nicht um jeden Preis“ realisieren will.
Mehr Kosten, mehr Zufriedenheit
Wichtiger ist ihm – und dem Unternehmen – ohnedies das Thema Gesundheit: „Unser Fokus ist es, gesunde, leistungsfähige, motivierte Mitarbeiter zu fördern.“ Sämtliche Rezepte werden durchforstet, die Menüpläne vollständig überarbeitet, Schnitzel und Leberkässemmerl schrittweise durch gesündere Angebote ergänzt und ersetzt. „Wichtig ist, dass die Alternative richtig gut ist. Die muss Spaß machen, attraktiv zubereitet sein, einfach fantastisch schmecken“, schildert Weinberger, wie er möglichst viele Mitarbeiter abholen will. „Meine Aufgabe ist es, dass sie gern zu uns kommen.“
Das ist ihm bereits im ersten Jahr durchaus gelungen: Während davor an den fünf Fronius-Standorten in Oberösterreich täglich rund 800 Hauptgerichte verkauft wurden, sind es heute zwischen 1.100 und 1.200, an Spitzentagen auch 1.600 Portionen. Hinzu kommt noch eine beträchtliche Dunkelziffer an Personen, die nur einen Salat, eine Suppe oder ein Weckerl essen. 40 Prozent des Preises übernimmt das Unternehmen, sagt Matthias Uhl: „Wir wollen mit den Restaurants keinen Gewinn machen und haben seit der Umstellung Mehrkosten zwischen fünf und 20 Prozent. Gleichzeitig haben wir einen Zufriedenheitszuwachs im hohen zweistelligen Bereich. Das positive Echo ist einfach überwältigend.“
Gesund und leistungsfähig
Ganz uneigennützig ist die Umstellung auf die neue Gastronomie natürlich nicht: „Je gesünder ein Mitarbeiter, desto leistungsfähiger wird er die Organisation mitgestalten können“, argumentiert Uhl. „Viele sagen mir, dass der Nachmittag jetzt viel produktiver und besser verläuft als vorher. Das in irgendwelchen Geldbeträgen zu beziffern, macht keinen Sinn. Aber wir sehen, dass es sich schon jetzt rentiert.“
Neben der Ernährung wird ganzheitliche betriebliche Gesundheitsförderung für die Personalentwicklung bei Fronius eine immer wichtigere Rolle spielen: Dabei sollen körperliche, seelische und soziale Aspekte gleichermaßen thematisiert werden, etwa Bewegung, Yogastunden, Resilienztrainings oder der interne Umgang miteinander, wie Uhl ausführt. „Wir müssen dauerhaft daran arbeiten, dass es unseren Mitarbeitern gut geht, damit wir auch in Zukunft am Markt erfolgreich sind.“_