Stichwort Wasserstoffkompetenz-zentrum: 2018 präsentierte Fronius in Thalheim den Solhub. Nun sollen in Steinhaus ein Solhub und ein Wasserstoffkompetenzzentrum als nachhaltige Mobilitäts- und Energielösung entstehen. Wie geht es dem Projekt?
RÜHRLINGER_Der Solhub in Thalheim ist eine innerbetriebliche Tankstelle, ein Prototyp. Dieser ist im Zuge eines Forschungsprojektes aus der Abteilung Research entstanden. Die Geschäftsleitung hat sich damals dazu entschlossen, ein Kundenprojekt daraus zu machen. Eine neue Abteilung wurde gegründet, um die technische Entwicklung voranzutreiben. Der Platz war in Thalheim aber zu klein. So sind wir nach Steinhaus gekommen. Für uns war wichtig, alles unter einem Dach anbieten zu können: Forschung, Entwicklung, Fertigung und Schulung. Auch der Bereich Project Business soll nun am neuen Standort Platz finden. So sind alle Kompetenzen, die Fronius für das Thema Wasserstoff braucht, an einem Standort gebündelt. Zum Wasserstoffkompetenzzentrum gehört natürlich auch ein Solhub. Kein Prototyp mehr, sondern ein kundenreales System. Mit Niederdruck-, Mitteldruck- und Hochdruckspeicher und verschiedenen Applikationen. Spatenstich war am 1. März. Bedingt durch Corona rechnen wir aktuell damit, dass sich die Fertigstellung von Juli auf September verschieben wird.
Was versteht man eigentlich genau unter einem Solhub?
RÜHRLINGER_Das Wort selbst soll zeigen, dass es sich um einen Knotenpunkt handelt. Das ergibt sich aus dem englischen Wort „Hub“ und dem Begriff „Sol“ für die Sonnenenergie. Der Fronius Solhub ist unsere Systemlösung zur Erzeugung, Speicherung, Verteilung sowie Rückverstromung von solarem Wasserstoff. Der Solhub wandelt ökologisch vor Ort erzeugten Strom mittels Elektrolyse in grünen Wasserstoff um, der sich langfristig speichern lässt. Das eröffnet verschiedene Möglichkeiten: Einerseits lässt sich der Sonnenstromertrag des Sommers in den Winter bringen und dank Rückverstromung steht ganzjährig grüner Strom zur Verfügung. Andererseits kann der Wasserstoff zur Betankung von Wasserstofffahrzeugen verwendet werden. Immer mehr Fahrzeughersteller bieten bereits Modelle oder Prototypen mit Brennstoffzellen an. Betriebsinterne Logistik, Arbeitsfahrzeuge, Busflotten, LKWs, Spezialfahrzeuge oder Pistenfahrzeuge sind dafür gute Beispiele. Nun gilt es, die dazu benötigte Betankungsinfrastruktur aufzubauen. Als positiver Nebeneffekt kann darüber hinaus die Abwärme von Elektrolyse und Rückverstromung zum Heizen oder zur Warmwasserbereitung verwendet werden, wodurch ein attraktiver Gesamtsystem-Wirkungsgrad entsteht.
Wie weit kommt man mit einem Wasserstoff-Tank?
RÜHRLINGER_Die Reichweite der wasserstoffbetriebenen PKW ist etwa 600 Kilometer. Zur Veranschaulichung: Mit einem Kilogramm Wasserstoff kommt man 100 Kilometer weit. Das ist sehr beachtlich und auch der große Vorteil der Wasserstofftechnologie, wenn es um schwere Fahrzeuge wie LKWs oder Busse geht. So bietet Wasserstoff als Ergänzung in der Elektromobilität Vorteile zu rein batterieelektrischen Fahrzeugen.
Wird sich batterieelektrische Mobilität oder Wasserstoff durchsetzen?
RÜHRLINGER_Aus unserer Sicht ist das kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Die Batterietechnologie besitzt Vorteile, wenn es speziell um Leistungsspitzen oder um die Rekuperation von Energie geht. Wenn es aber um leichte Fahrzeuge mit kleineren Reichweiten geht, wird sich also bestimmt batterieelektrische Mobilität durchsetzen. Wenn es um schwere Fahrzeuge mit großen Reichweiten und der Anforderung an kurze Betankungszeiten geht, wird Wasserstoff einen großen Mehrwert beitragen können.
KASBERGER_Wir haben beim Thema Wasserstoff noch das Henne-Ei-Problem. Der Kunde will kein Auto kaufen, wenn er es nicht betanken kann, die Tankstellenbetreiber wollen keine Möglichkeiten anbieten, wenn sie keine Kunden haben. Irgendjemand muss den ersten Schritt machen. Und wir helfen dabei, die Infrastruktur mit aufzubauen.
Fronius hat die Vision: 24 Stunden Sonne. Wie wird das Ziel, den weltweiten Energiebedarf aus 100 Prozent erneuerbaren Energien zu decken, verwirklicht?
RÜHRLINGER_Wir können 24 Stunden Sonne nicht im Alleingang ermöglichen. Deswegen kooperieren wir mit anderen Innovatoren, die unsere Leidenschaft für diese Vision einer sauberen Energiezukunft teilen. Speziell bei den Photovoltaikanlagen sind wir seit über 25 Jahren aktiv. Wir produzieren und entwickeln seit 1992 Wechselrichter, die zwischen dem Photovoltaikmodul und dem Stromnetz den Strom umwandeln. Im letzten Vierteljahrhundert haben wir über zwei Millionen Wechselrichter erzeugt, die Nachfrage ist stark steigend. Wir planen, alleine für das Jahr 2020 über 500.000 Wechselrichter zu produzieren. Das entspricht einer Leistung von rund 5,5 Gigawatt womit jährlich etwa 5,5 Terawattstunden erneuerbarer Strom gewonnen werden können, was ungefähr fünf Donaukraftwerken gleichkommt. Wir haben zusätzlich Produkte, die zum passenden Zeitpunkt aus Überschussstrom in einem Privathaushalt Wärme erzeugen. Es gibt auch Lösungen, um in Zukunft batterieelektrische Fahrzeuge zu betanken. Und natürlich kümmern wir uns auch um die Integration der Wasserstofftechnologie. Es ist also ein schöner großer Blumenstrauß, bei dem auch das Thema Energiemanagement eine Rolle spielt._
„Der Fronius Solhub ist unsere Systemlösung zur Erzeugung, Speicherung, Verteilung sowie Rückverstromung von solarem Wasserstoff.“
Thomas Rührlinger
ist bei Fronius für die Geschäftsentwicklung der Wasserstofftechnologie verantwortlich.