Eines muss man der Coronakrise lassen. Sie hat die Digitalisierung vorangetrieben, als wären wir plötzlich in der Zukunft gelandet. Online kommunizieren? Völlig normal. Und Lockdown hin oder her, die Kommunikation im Netz wird bleiben. Umso wichtiger die Frage: Wie kommunizieren wir digital am besten? Worauf müssen wir achten, damit wir gehört, gesehen und vor allem verstanden werden?
Digitale Meetings
Klar, persönliche Kontakte sind durch nichts zu ersetzen, weil der Mensch als Ganzes wahrgenommen werden möchte. Doch mittlerweile sind digitale Meetings zum „new normal“ geworden. Worauf es ankommt, damit digitale Kommunikation (richtig) ankommt. Kommunikationsprofi Gerald Kneidinger verrät die wichtigsten Tricks.
#1 Bevor es losgeht. Vorbereitung ist alles.
Ein altes Sprichwort, das aber auch oder gerade für neue Medien gilt. Denn hier zählt noch eine weitere alte Weisheit: In der Kürze liegt die Würze. Untersuchungen haben nämlich ergeben, dass digitale Meetings unsere Konzentration extrem fordern und daher schneller zu Ermüdung führen. Je kompakter sie also abgehalten werden, desto besser. Soll heißen: Bitte auf das Wesentliche beschränken, schnell auf den Punkt kommen. Dazu am besten zuvor sich selbst folgende Fragen stellen: Was sind meine wichtigsten Kernbotschaften? Wie möchte ich sie rüberbringen?
#2 Auf die Plätze. Fertig.
Set! Bevor wir auf „Meetingraum betreten“ klicken, müssen wir noch ein paar wesentliche Dinge beachten, denn: Ein gutes Setup ist die halbe Miete! Wie sieht meine Kulisse für die anderen Teilnehmer aus? Lenkt sie ab? Wäscheständer, prall gefüllte Bücherregale und unruhige künstlerische Gemälde oder Poster sind kein idealer Hintergrund. Auch die Geräuschkulisse sollte möglichst ruhig sein (wobei uns in der Redaktion noch keine pädagogisch einwandfreie Methode in den Sinn gekommen wäre, wie man lärmende Kinder zum Schweigen bringt ). Fehlt nur noch das Thema Licht. Wer die Möglichkeit hat, seinen Schreibtisch so zu platzieren, dass eine natürliche Lichtquelle das Gesicht erhellt, der sollte das unbedingt nutzen. Ansonsten unterstützen Lampen. Aber Vorsicht: Die Lichtquelle sollte nie direkt in die Kamera leuchten. Dann gilt es nur noch, den Bildschirm so zu platzieren, dass die Kamera auf Augenhöhe ist. Wer auf den Laptop hinunterblickt, wirkt nicht nur herablassend, sondern zeigt vielleicht auch Nasenhaare oder Doppelkinn.
#3 Schau mir in die Augen …
Ist die Kamera nahe am Gesicht platziert (also so, wie wir für gewöhnlich vorm Computer sitzen), dann gibt es eine wichtige Grundregel, um den Teilnehmern Blickkontakt zu vermitteln: beim Sprechen in die Kamera schauen! Einfach ist das nicht, denn der Blick fällt dabei in ein kleines schwarzes Loch, im Augenwinkel müssen wir die Reaktionen der Teilnehmer beobachten. Das durchzuhalten, fällt schwer. Einfacher ist es, die Kamera weiter weg zu platzieren. Hilfreich sind dabei externe Kameras, die direkt am Bildschirm befestigt werden und mehr Raumgefühl geben.
#4 Nervosität? Ja, und?
Nervosität hält uns konzentriert und unsere Sinne scharf. Außerdem: Auch wenn wir selbst vor Nervosität fast umkommen, bedeutet das noch nicht, dass die anderen Teilnehmer das überhaupt merken. Und übrigens: Es ist völlig normal, dass man vor einer Kamera nervös ist. Das Wichtigste daher: den eigenen Perfektionismus ablegen. Niemand verlangt, dass man perfekt ist und vor der Kamera zum Hollywoodstar mutiert. Viel besser (und sympathischer): natürlich sein und sich nicht verstellen.
#5 Es bleibt spannend.
Bei seinen Analysen von virtuellen Meetings ist Gerald Kneidinger eines ganz besonders aufgefallen: Die Menschen erstarren förmlich. Dabei braucht es auch im virtuellen Raum vor allem Mimik und Gestik, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu gewinnen. Körpersprache bringt Emotionen ins Gespräch! Ein aufrechter Sitz, eine gute Körperspannung und der Einsatz der Hände machen uns glaubhafter und lebendiger.
#6 Konzentration, bitte!
Wenn digitale Meetings also müde machen, wie halten wir dann die Konzentration der Teilnehmer hoch? Zunächst braucht jedes Meeting eine klare Struktur, die den Teilnehmern auch kommuniziert wird: Was kommt auf sie zu? Wie lange wird das Meeting dauern? Was wollen wir besprechen? Präsentationsunterlagen ins Spiel zu bringen ist immer gut, aber: bitte keine Folienorgien! Was generell die Konzentration oben hält: kurze Sätze, nachfragen und einzelne Themenpunkte zusammenfassen, um die Leute abzuholen. Und ganz wichtig: Pausen! Die ermöglichen nämlich, dass sich die Teilnehmer auch einbringen können. Wenn andere sprechen, hin und wieder nicken – das signalisiert: „Ich verstehe, was du sagst, und ich unterstütze das.“
#7 Must-have: Interaktion!
Wer nur berieselt wird, schläft irgendwann ein. Oder hat zumindest keine hohe Konzentration mehr. Wer hingegen Fragen gestellt bekommt oder eingeladen wird, sich einzubringen, bleibt konzentriert. Damit eine Diskussion entstehen kann, muss klar sein: Wie gestalten wir die? Es braucht also Kommunikationsregeln. Softwaretools von der virtuellen Hand, die man heben kann, bis hin zu Umfragen oder virtuellen Brainstorming-Tools machen die Interaktion natürlich lebendiger.
- Tipp: Das Interview zum Nachhören als Podcast.
Bitte nicht erstarren! Auch im digitalen Meeting braucht es Gestik und Mimik.
Gerald Kneidinger
Kommunikationsberater, Agentur Kneidinger und Partner