Die Krise hat uns allen viel abverlangt. Manchen aber noch mehr. Bei Josef, genannt „Sepp“, Schwaiger liegt das aber gar nicht nur daran, dass er in der Tourismusbranche arbeitet, einer jener Branchen, die am meisten von der Coronakrise betroffen ist. Er und seine Familie mussten noch ganz andere Krisen meistern. Seine Frau Tanja bekam im ersten Lockdown die Diagnose einer schweren Krankheit, gegen die sie ankämpfen musste. Trotzdem sagt der Hotelier: „Wir wollen unsere Träume verwirklichen. Jetzt erst recht.“ Woher nimmt er bloß die Energie?
Eigentlich hat Schwaiger Architektur studiert. Ob er sich zur Coronazeit gewünscht hätte, lieber Architekturbüros statt Hotels zu führen? „Nein“, antwortet er prompt. „Ich bin einfach gern in der Branche. Und ich glaube fest daran, dass es wieder voll weitergeht, Urlaub wird eine ganz besondere Wertigkeit bekommen.“ Dass er das nicht nur so sagt, sondern tatsächlich überzeugt davon ist, beweist sein neues Projekt.
Neue Herausforderungen, neue Ideen
Gemeinsam mit seiner Frau Tanja übernahm er das Hotel Alpenland in Maria Alm. 20 Millionen Euro fließen in Ablöse und Umbau – bis schließlich noch heuer die „Tante Frida“ fertig werden soll. „Wir nennen es ‚the next generation family hotel‘, ein Hotel für Familien, aber kein Kinder- oder Familienhotel, wie man‘s eh schon kennt“, beschreibt Sepp Schwaiger seinen „dritten Streich“ in Maria Alm. Denn hier gibt es auch noch das Hotel Eder, das er von seinen Eltern übernommen und zum Dorfmittelpunkt gemacht hat. Und sein Adults-only-Hotel Sepp, das komplett aus seiner eigenen Architektenfeder stammt. Wir wollen von ihm wissen, wie es ihm gelingt, in dem ganzen Corona-Alptraum Träume zu verwirklichen.
Die gesamte Hotelbranche stand während der Coronazeit still. Warum war das bei Ihnen anders?
SCHWAIGERPositive Menschen leben länger. Das hat mal ein Professor im Studium gesagt. Und mein Antrieb war immer schon, lieber etwas zu machen, als nichts zu machen. Auch wenn‘s schwierig ist. Zu Corona kam im Mai letzten Jahres noch eine ganz andere Herausforderung auf uns zu. Meiner Frau wurde eine schwere Krankheit diagnostiziert und wir wussten weder, wie sich diese, noch, wie sich Corona entwickelt.
Und trotzdem haben Sie Ihr neues Hotelprojekt „Tante Frida“ in Angriff genommen. Warum?
SCHWAIGERWir wollen unsere Träume verwirklichen, das ist unser Antrieb. Wir wollen, dass unser Sohn – Seppi ist jetzt drei Jahre alt – in einem Familienhotel aufwächst. Wir wollten den Kopf nicht in den Sand stecken. Das Gute an der Coronapause war ja, dass ich nun Zeit hatte, den Kleinen in den Kindergarten zu bringen; wir hatten Zeit zum Planen, zum Geschichtenspinnen – das Ziel ist ja, dass die Geschichte der Tante Frida über den Tellerrand des Hotels hinauswächst.
Und wie haben Sie Ihre Mitarbeiter mit auf die Reise durch die Coronazeit genommen? Viele Hoteliers klagen, dass sie ihr Personal zum Teil verloren haben.
SCHWAIGERDu musst deine Leute begeistern, um sie nicht zu verlieren. Wir haben zum Beispiel einen Future Day veranstaltet, da haben wir zurück- und nach vorne geblickt und uns gemeinsam überlegt, wohin die Reise gehen kann. Wir haben versucht, ihnen Sicherheit zu geben. Das ist ein bisschen wie beim Seefahren, du musst genau definieren, wohin du fahren wirst. Und mit dem Bau des neuen Hotels konnten auch rund 25 Mitarbeiter auf der Baustelle mitanpacken. So manche Abrissarbeit wurde glatt zur Teambuilding-Aktion. Und was die Frage betrifft, ob man in der Gastronomiebranche genügend Mitarbeiter bekommt: Ich glaube, die besten Betriebe werden immer ihre Mitarbeiter bekommen. Letztendlich geht es also darum, bei den Besten dabei zu sein. Am Ende des Tages liegt es an uns, ob wir Mitarbeiter kriegen.
Nehmen Sie etwas aus der Krisenzeit mit?
SCHWAIGERAuf alle Fälle. Diese Krise hat auch Chancen mitgebracht – sie hat uns alle digital fit gemacht. Sie hat uns zum Nachdenken gebracht. Sie hat uns familiär noch mehr zusammengeschweißt. Wenn ich „Familie“ sage, dann meine ich übrigens auch unsere Mitarbeiter. Denn ohne die würde ich ja gar nichts ausrichten können. In unserem Fall hat diese Zeit uns auch ganz klar aufgezeigt, dass die Gesundheit das höchste Gut ist und man sehr, sehr dankbar dafür sein muss. Und grundsätzlich ist es ja immer so bei Krisen: Da ist zunächst mal ein Problem und dann geht es darum, Lösungen dafür zu suchen. Diese Lösungen sind die Chancen, die wir nützen wollen. Unsere Ideen treiben uns voran.
Welche Chancen kann der Tourismus nachhaltig aus dieser Krise mitnehmen?
SCHWAIGERDa gibt es mehrere Dinge. Viele haben in der Coronazeit zuhause gekocht, haben einiges hinterfragt und gehen nun bewusster mit Lebensmitteln um. Und auch mit ihrer Lebenszeit. Das Gesundheitsbewusstsein ist höher geworden und auch das Umweltbewusstsein. Darin stecken große Chancen für den Tourismus – denn dadurch könnten das Qualitätsbewusstsein und die Aufenthaltsdauer steigen. Wer nur eine Nacht bleibt, verursacht einen höheren Energieverbrauch, und darüber denkt man jetzt auch nach. Ich würde zum Beispiel nicht mehr für eine Nacht nach London reisen, das unterschreibe ich.
Was ist Ihre beste Quelle für positive Energie in schwierigen Zeiten?
SCHWAIGERMein Herz. Ich bin mit dem Herzen bei der Sache und ich versuche immer, die Herzen zu erreichen. Egal ob Mitarbeiter oder Gäste. Du musst mit dem Herzen handeln, wenn du die Herzen erreichen willst. Und wenn du eine Krise hast, dann musst du auch mal in dich gehen, damit du hörst, was dein Herz sagt.
Sagt Ihnen Ihr Herz auch, welche Ziele Sie verfolgen sollen?
SCHWAIGERAbsolut. Denn mit dem Herzen zu handeln, heißt auch, am Puls der Zeit zu sein. Das war immer schon mein Ansatz, weil ich gleichzeitig verwurzelt und kreativ bin. Verwurzelt musst du sein, damit du ausfliegen kannst. Mit Ideen am Puls der Zeit musst du ja oft fliegen oder ausbrechen. Aber du darfst auch nicht vergessen, dass du schon verwurzelt bist.
Gedanken
von Josef Schwaiger
Die Krise hat uns allen gezeigt_ dass Gesundheit unser höchstes Gut ist, für das wir zutiefst dankbar sein sollten.
Ziele_ finde ich wichtig. Wenn du ein Ziel hast, kannst du dir einen Plan schmieden, wie du dort hinkommst.
Ein guter Arbeitgeber_ erkennt die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter.
Ein großer Energieräuber ist_ Neid. Der gehört leider irgendwie zu den Menschen dazu. Dabei sehen viele das große Hotel, aber nicht die Arbeit, die dahintersteht. Insofern stimmt es wohl: Neid musst du dir erarbeiten.
Eine Energie, die ich schon immer gespürt hab_ Ich spürte schon von klein auf, dass ich Verantwortung übernehmen möchte. Ich hab bereits im Kindergarten gern den Bürgermeister gespielt, mit 26 war ich dann auch tatsächlich Vizebürgermeister – mein Antrieb war, etwas für die Region zu bewegen.