#1 Neue Wege in der Versorgung
Eine der ersten und offensichtlichsten Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft war der Zusammenbruch globaler Wertschöpfungsketten. Durch Produktionsstopps in China aufgrund des ersten Lockdowns standen plötzlich viele Betriebe ohne Teile und Rohstoffe da, die sie für ihre eigene Produktion benötigt hätten.
Diese Versorgungsengpässe halten bis heute an, auch weil die Wirtschaft in vielen Ländern weiterhin eingeschränkt ist. „Dass die Auswirkungen so schnell eingetreten sind, ist auch eine Folge wirtschaftlicher Trends in der Zeit vor der Krise“, sagt Birgit Meyer, die am österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung und der Wirtschaftsuniversität Wien internationale Wirtschaft erforscht und lehrt. „Jahrelang wurden Lieferketten immer effizienter gestaltet, um Kosten zu reduzieren. Die Lagerhaltung wurde abgeschafft, stattdessen wurde ‚just in time‘ produziert.“ Grundsätzlich sei dieses Vorgehen wirtschaftlich sinnvoll, aber: „Der hohe Grad an Effizienz in den Warenkreisläufen macht krisenanfällig. Sobald ein Glied nicht mehr produzieren kann, kommt der ganze Kreislauf zum Stehen.“
Regionale Produktion als Lösung?
Aufgrund dessen wird spekuliert, dass Produktionskreisläufe in Zukunft wieder geographisch stärker konzentriert sein werden. Laut Meyer reiche das aber nicht, um Probleme wie in der aktuellen Pandemie zu vermeiden: „Produktionsstopps gab es auch in Europa, an den Herausforderungen hätte das nicht viel geändert.“ Zudem sei es wirtschaftlich oft nicht sinnvoll, Produktionsketten für Güter aufzubauen, die bisher regional nicht hergestellt wurden – die Investitionskosten würden den Nutzen und die finanziellen Mittel vieler Unternehmen übersteigen.
Neben einer Rückbesinnung auf ein Mindestmaß der Lagerhaltung könnten Unternehmen sich besser absichern, indem sie ihr Zuliefernetz diversifizieren und Zulieferer in unterschiedlichen Regionen finden. „Alternativ sollten Betriebe im Auge behalten, woher sie Rohstoffe, Teile und Dienstleistungen beziehen könnten, um weiter handlungsfähig zu bleiben, wenn die üblichen Partner ausfallen“, so Meyer.
Insgesamt böten sich der österreichischen Wirtschaft in den kommenden Jahren auf Exportmärkten große Chancen. „Als kleine, sehr offene Volkswirtschaft ist Österreich ohnehin abhängig vom internationalen Handel. Alles national herzustellen, wäre gar nicht möglich.“ Es sei wichtig, Handel und Investitionen gegenüber aufgeschlossen zu bleiben: „Das bringt auch verstärkte Innovationstätigkeit, so kann Österreich am Weltmarkt den Anschluss halten.“
#2 KMU als globale Player
„Vor fünfzehn Jahren wurden unsere Absolventen vorranging von großen Konzernen wie der voestalpine oder Raiffeisen Bank International eingestellt. Auch heute zieht es einige Absolventen in große Unternehmen, aber immer mehr werden in klein- und mittelständischen Unternehmen gebraucht“, erklärt Christopher Schwand. Er leitet das Institut für internationalen Handel und nachhaltige Wirtschaft an der IMC Fachhochschule Krems sowie den dort angebotenen Studiengang „Exportorientiertes Management“. „In den letzten Jahren hat sich vieles verändert. Immer mehr KMU nutzen Potentiale im Export und brauchen deshalb Kompetenzen in diesem Bereich.“ Ein Großteil der österreichischen Exporttätigkeit findet in Europa statt: 80 Prozent aller Waren und 90 Prozent aller Leistungen bleiben auf dem Kontinent.
In den kommenden Jahren könnten laut Schwand auch neue Märkte interessant werden: „Wirtschaftsräume in Afrika und Asien stabilisieren sich immer weiter, dadurch werden sie auch für den Export attraktiver. Gerade innovative, grüne Technologien sind für Österreich eine große Chance, neue Märkte zu erschließen.“ Momentan verorte er noch Zögern bei vielen KMU, in weiter entfernte Vertriebsgebiete vorzustoßen: „Vielleicht schlägt da auch ein bisschen durch, dass wir ein Binnenland sind – dadurch sind weiter entfernte Vertriebsgebiete schwerer greifbar.“
Klein starten, schrittweise aufbauen
Dazu komme Sicherheitsdenken in vielen Unternehmen. „In Österreich gibt es aber eine ausgezeichnete Infrastruktur, mit der Risiken verringert werden können“, so Schwand. Zum Beispiel unterstützen die Außenwirtschaft Austria als Teil der Wirtschaftskammer und die österreichische Kontrollbank Unternehmen bei der Internationalisierung. Außerdem betreut sie im Ausland Unternehmen, wenn etwa Probleme auftauchen. „Es gibt sehr viele solche Angebote, deshalb können Unternehmen ihre Marktpräsenz im Ausland sehr einfach starten. Der Aufwand hält sich je nach gewählter Markteintrittsform in Grenzen, weil man nicht alles selber machen muss“, sagt Schwand. Dennoch sei es wichtig, im Vorfeld einige Faktoren abzuwägen.
„Die Frage ist immer: Wie stark will ich mich im Ausland engagieren? Wenn ich zum Beispiel über einen Agenten oder Distributor verkaufe, ist das finanzielle Risiko geringer als beim Aufbau eines eigenen Vertriebsbüros im Ausland“, so Schwand. Vor der Entscheidung, eine Auslandspräsenz aufzubauen, empfiehlt er Unternehmen eine Analyse von Kosten, Ressourcen und dem Mindset. Es solle klar sein, welche Kompetenzen und Ressourcen bereits vorhanden sind, danach müsse das Führungspersonal wissen, wohin es sich für mehr wenden könne – etwa an Banken oder eben an Angebote wie jene von der Außenwirtschaft Austria. Prinzipiell seien die Bedingungen für Export so gut wie noch nie: „Über Onlineplattformen kann eigentlich jeder den Einstieg schaffen, von dort kann man sich weiterentwickeln.“