Dienstleistung basiert auf Menschen sowie deren Kompetenz und Expertise. Über Ökosysteme können diese international multipliziert werden.
Oliver Gassmann
Direktor, Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen
#3 Wachstumshoffnung Dienstleister
Bei Diskussionen über den Export werden Dienstleistungen oft außen vor gelassen. Und das, obwohl der Gesamtwert aller Dienstleistungsexporte Österreichs 2020 bei 57 Milliarden Euro lag. Diese Zahl könnte laut Oliver Gassmann in den kommenden Jahren erheblich steigen: „Die Dienstleistungsindustrie internationalisiert sich momentan massiv.“
Gassmann leitet das Institut für Technologiemanagement an der Universität St. Gallen, sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Innovation von Geschäftsmodellen. „Bisher standen im Dienstleistungssektor sehr stark Ruf und Expertise einzelner Personen im Mittelpunkt. Das ließ sich nicht gut über große Distanzen vermitteln“, so Gassmann. Durch die Krise und den damit einhergehenden Digitalisierungsschub sei die Welt näher zusammengerückt: „Plötzlich habe ich sozusagen alle und alles in meiner Nähe, für viele Dienstleister ist das schon fast ein Schock. Ich sehe das als riesige Chance.“
Partnerschaften als neues Modell
Um den veränderten Bedingungen in der internationalisierten Umgebung Rechnung zu tragen, brauche es frische Geschäftsmodelle. „Besonders vielversprechend sind Modelle, bei denen Dienstleister zusammenarbeiten.“
Konkretes Beispiel: Gassmann gründete vor Jahren das BMI-Lab, das führend in der Entwicklung und praktischen Anwendung innovativer Geschäftsmodelle ist. „Der Einstieg in den japanischen Markt wäre für uns sehr schwierig gewesen. Wir konnten aber ein japanisches Wirtschaftsberatungsunternehmen finden, das auf Basis unseres Know hows den japanischen Markt entwickelt. Dafür erhalten wir einen Anteil des erwirtschafteten Umsatzes bei ihren Geschäftsmodell-Projekten. Das ist eine Win-win-Situation für alle Partner.“
Es sei wichtig, Unternehmen zu finden, die von den eigenen Kompetenzen profitieren können – und umgekehrt. „So eine Partnerschaft muss natürlich gepflegt werden, aber dadurch kann ein sehr gesundes Ökosystem entstehen, das allen Beteiligten nutzt.“
#4 Grüne Innovationen als Chance
Der Kunststoffhersteller Greiner aus Kremsmünster hat den Sprung auf internationale Märkte schon lange geschafft. Durch Innovationskraft erarbeitete sich das Unternehmen mit Verpackungen, Medizinprodukten und Schaumstoffen Weltruf. Heute liegt besonders die Nachhaltigkeit der Produkte im Fokus der Entwicklung – und der Kunden. „Die Kombination aus Nachhaltigkeit und Innovation ist sicher ein Hauptargument für Greiner, aber auch für viele andere österreichische Unternehmen, wenn es um die internationale Positionierung geht“, sagt CEO Axel Kühner. 70 Prozent der Produkte von Greiner bleiben in Europa, danach sind die wichtigsten Märkte Nordamerika und Südostasien.
„Europäische Unternehmen sind bei der Verpackungstechnologie sehr fortschrittlich. Mittlerweile werden hochwertige Lösungen auch in den USA und Asien immer stärker nachgefragt.“ Beste Werbung für Greiner seien dabei die Produkte selbst. Zu Beginn der Krise entwickelte Greiner beispielsweise Röhrchen, die den Abstrich für einen Coronatest möglichst lange stabilisieren. „Wir haben schnell erkannt, dass da ein Bedarf besteht. Dadurch konnten wir zeigen: Wir sind kompetent und erkennen, was auf den Märkten gebraucht wird. Das macht natürlich einen guten Eindruck auf potentielle Kunden“, so Kühner.
Weltweite Bemühungen
Die Zukunft von Kunststoff sieht Kühner nicht in Frage gestellt: „In meinen Augen geht es vor allem darum, das beste Material für einen bestimmten Anwendungsbereich zu finden, und das ist eben sehr oft Kunststoff. Gerade dort, wo das Gewicht eine Rolle spielt, kann Kunststoff einen ganz erheblichen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.“
Um Kunststoffe umweltfreundlicher zu machen, sei die Standardisierung der Materialien wesentlich. Je homogener die Stoffe sind, desto besser können sie recycelt werden. „Mit Verzicht allein werden wir bei der Bekämpfung der momentanen Umweltherausforderungen meiner Meinung nach nicht weit kommen. Es geht darum, neue Lösungen zu finden, die den Planeten weniger belasten.“
Der Wandel sei in allen Märkten von Greiner zu spüren: „Die USA verstärken ihre Bemühungen jetzt ja wieder, und auch die EU zieht nach. Aber wir spüren auf jeden Fall auch in Asien, dass die Nachhaltigkeit der Produkte eine größere Rolle spielt. Das Thema ist jetzt global endgültig angekommen.“_
Mit Verzicht allein werden wir bei der Bekämpfung der momentanen Umweltherausforderungen meiner Meinung nach nicht weit kommen.
Axel Kühner
CEO, Greiner