„Die Ansprüche an die eigenen vier Wände sind gewachsen“
Durch die Lockdowns in der Coronakrise haben sich Prioritäten verschoben: Die eigenen vier Wände sind den Menschen wichtiger denn je. Die Art zu wohnen ist im Wandel: Bedeutsamer werden Individualität, Grünraum sowie ein nachhaltiges Gesamtkonzept. Und – kurioserweise – auch die „Instagramtauglichkeit“ des Eigenheims.
Für 45 Prozent der Befragten einer Studie im Auftrag von Engel und Völkers in Deutschland wurde das Zuhause durch die Coronapandemie wichtiger – bei den Eigentümer:innen der eigenen vier Wände sind es sogar mehr als 50 Prozent. Es wird auch mehr Geld investiert. „Das Eigenheim hat für private Investitionen deutlich an Bedeutung gewonnen, weil wesentliche Mitbewerber wie Reisen, Events und Autos massiv verloren haben“, sagt Andreas Roth, Geschäftsführer von Dostal Innenarchitektur.
Dostal bietet seit 1954 exklusive Marken und Möbel an und setzt Gesamtkonzepte um. „Wir machen Vorschläge, zeigen Alternativen auf, helfen bei der Auswahl und visualisieren“, sagt Roth. Anschließend stehen für die professionelle Umsetzung neben lokalen Tischler:innen und Manufakturen die Dostal-Eigenmarken sowie internationale Topmarken zur Verfügung. 2021 wurde der Showroom des Unternehmens auf mehr als 3.000 Quadratmeter erweitert und komplett neu gestaltet. Roth sieht wachsende Bedürfnisse der Konsument:innen. „Den eigenen Wünschen und Bedürfnissen wird mehr Augenmerk, Zeit und Budget gewidmet, auch und besonders in der Einrichtung. Die Ansprüche an die Lösungen und Konzepte wachsen“, sagt er. Für Inneneinrichter:innen ergeben sich dadurch besondere Herausforderungen. „Der Aufwand und das benötigte Know-how, oftmals hunderte Puzzlesteine zu einem stimmigen Gesamtkonzept zu kombinieren, werden meist völlig unterschätzt“, erklärt Roth.
Neben dem Wunsch nach Regionalität würde auch das Thema Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle spielen. Roth: „Besonderes Augenmerk gilt hier Lösungen und Konzepten, die sich an veränderte Anforderungen anpassen und somit längerfristig nutzen lassen.“ Er rechnet damit, dass eine der spannendsten Entwicklungen in Zukunft wohl die Optimierung und Neuadaptierung vorhandener Baukörper für Wohnzwecke wird.
Trennung von Wohn- und Arbeitsflächen
Nicht nur außerhalb, auch in den eigenen vier Wänden verändern sich die Ansprüche der Menschen. „Es wird nicht mehr nur ins Eigenheim investiert, sondern besonders auch in die umfassende Planung“, sagt Sabrina Haindl, Präsidentin des Bundes Österreichischer Innenarchitekten. Auch innen wird das Gesamtkonzept wichtiger – das betrifft besonders die Arbeitsflächen für Homeoffice. „Die Menschen wurden sich in den Lockdowns ihrer eigenen Bedürfnisse bewusst“, erklärt Haindl. Gewünscht sind flexible Lösungen und Raumtrennungen für ideale Arbeitsbedingungen – besonders wenn gleich zwei Bewohner:innen im Homeoffice arbeiten. Auch nach Corona wird der Wunsch nach Homeoffice wohl noch Auswirkungen auf die Gestaltung des eigenen Wohnraums haben: Laut einer Studie des Gallup-Instituts wünschen sich drei Viertel der Österreicher:innen, auch in Zukunft von zuhause aus arbeiten zu dürfen.
Innenarchitektonische Hotspots für Selfies
Wer schön wohnt, will das gerne herzeigen – mit kuriosen Folgen. „Ich habe von Kolleg:innen gehört, dass sie Kund:innen haben, deren Wunsch es ist, dass die eigene Wohnung möglichst instagramtauglich wird“, sagt Haindl. In diesen Fällen wird die Optik für Fotos sogar über die Wohn- und Gemütlichkeit gestellt. „Auch wenn es absurd klingt: Diese meist junge Zielgruppe will gewisse Hotspots in den eigenen Wänden, die sich besonders ideal für Selfies eignen“, erklärt Haindl. Die Digitalisierung und fortschreitenden technologischen Möglichkeiten werden in der Regel aber verwendet, um den Wohnkomfort zu erhöhen. „Heutzutage werden immer mehr Smart-Home- und unterstützende Technologien in Wohnungen und Häuser inte-
griert“, sagt Friedrich Praus, Studiengangsleitung Smart Homes und Assistive Technologien der FH Technikum Wien. „Neubauten, die nicht massiv kostenoptimiert sind, haben oft automatisierte Beleuchtung, Beschattung oder Photovoltaikanlagen am Dach“, erklärt Praus, „durch die Integration verschiedenster Technologien kann der Energieverbrauch optimiert werden.“ Auch die Bereitschaft zur Integration neuer Technologien würde steigen. Große Dienstleister hätten gemerkt, dass mit Smart-Home-Technologien zusätzliche Geschäftsfelder lukriert werden können, sie setzen sich bei den Konsument:innen durch.
Experte für Gebäudetechnik ist das Welser Unternehmen Molin. „Heute sind Gebäude intelligent, sie erkennen das Wetter und passen die Technik automatisch an, sie erkennen Störungen lange bevor es zu Ausfällen kommt, sie erkennen die Gebäudenutzer und passen die räumliche Umgebung an ihre Nutzungsweisen an“, sagt Prokurist Andreas Haider. Molin ist zwar nicht im Privatkunden– sondern nur im gewerblichen und industriellen Kundensegment tätig, die Techniklösungen des Unternehmens landen aber trotzdem auch in den eigenen vier Wänden der Endnutzer. Etwa im Danube Flats Wien, wo gerade Österreichs größter Wohnturm mit 500 Luxuswohnungen errichtet wird. „Wir kümmern uns bei diesem Vorzeigeprojekt um die Heizung, Lüftung, Klimatisierung und die Sanitärbereiche – die hochwertige Bauweise bei diesem Projekt hat ein Ausführungslevel, das hierzulande einmalig ist“, sagt Prokuristin Miriam Zauner-Brutter.
Das Eigenheim hat für private Investitionen deutlich an Bedeutung gewonnen.
Andreas Roth Geschäftsführer, Dostal