Ein altes chinesisches Sprichwort besagt: „Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen.“ Baut Oberösterreich Mauern oder Windmühlen?
STELZERWir haben in Oberösterreich vor allem Windmühlenbauer – weil sie nach vorne schauen und sich fragen, wie sie am besten durchkommen und danach wieder stark werden. Darauf können wir sehr stolz sein.
Abwarten, bis die Krise vorbei ist, und dann weitermachen wie vorher, das funktioniere nicht, sind sich alle Interviewpartner unserer Coverstory zum Thema Innovation einig. Wie sehen Sie das?
STELZERDas stimmt sicher. Wir waren ständiges Wachstum und Sicherheit gewöhnt, das wurde durch die Krise radikal durchbrochen. Daher kann es nicht so weitergehen, wie wir es gewohnt waren. Man muss festlegen, was man braucht, was regional vorhanden ist und wie der internationale Austausch funktioniert.
„Jetzt werden die Karten neu gemischt. Der Wettbewerb der besten Ideen beginnt“, sagt Innovationsexperte Hans Lercher. Wie kann Oberösterreich da mitmischen? Ideen kann man ja nicht verordnen, aber man kann den Rahmen dazu schaffen …
STELZERDas ist ein wichtiger Punkt. Da geht es um das Klima, wo die Leute Freude daran entwickeln, etwas Neues zu erfinden und auszuprobieren. Der Innovationsgeist war bereits sehr groß. Und er muss gerade jetzt gefördert werden, weil sich alle bemühen werden, aus der Krise bestmöglich herauszukommen.
Was braucht es, damit der Innovationsgeist wachsen kann?
STELZEREine bunte und breit gefächerte Bildungslandschaft, Unterstützung für Forschung und Innovationsentwicklung und vieles mehr. Dazu braucht es aber auch das kulturelle Angebot, weil die Kultur ganz andere Seiten zum Klingen bringt und sich auf die Lebensentwicklung und Ideen positiv auswirkt.
Die Kultur ist aber ganz besonders hart getroffen von der Krise. Wie unterstützen Sie den Kunst- und Kulturbereich?
STELZERWir unternehmen als Land in dieser Krise alles, was möglich ist, um Kultur- und Kunstschaffende unbürokratisch zu unterstützen und die Zukunft der Kultureinrichtungen zu sichern. Im Rahmen des Oberösterreich-Plans werden dreizehn Millionen zusätzlich zum regulären Budget in den Kulturbereich investiert. Fakt ist, Oberösterreich ist ein starkes Kulturland und das soll auch weiterhin gesichert sein. Wir wollen dabei auch lokale Kulturhäuser bei der Digitalisierung unterstützen. Digital fit zu werden, braucht Anschübe. Und dafür ist die Politik auch da.
Digitalisierungsexperte Michael Zettel schreibt in seinem neuen Buch „Das digitale Wirtschaftswunder“, die Digitalisierung sei der Impfstoff gegen die Corona-Wirtschaftskrise. Wie viel von diesem Impfstoff ist in Oberösterreich bereits lagernd?
STELZERIch glaube, dass – im positiven Sinne – bereits viel geimpft wurde, dass wir aber noch vieles zu tun haben. Wir sind bei der Infrastruktur noch nicht weit genug, da braucht es einen kräftigen Schub. Und den haben wir uns für den Oberösterreich-Plan auch vorgenommen. Die Digitalisierung greift in unser tägliches Leben ein, sie ist eine Kulturform und somit viel breiter aufgestellt als rein technologische Entwicklungen. Darum ist sie für uns auch ein Bildungs- und Forschungsthema. Die Entscheidung, die Technische Universität hier zu bauen, ist enorm wichtig. Aus einem europäischen Gedanken heraus akzeptiere ich es nur ungern, dass die großen Würfe der Digitalisierung anderswo auf der Welt gemacht werden und wir in Europa reine Anwender sind. Wir müssen sicherstellen, dass wir auch bei Erneuerungen vorne dabei sind.
Die öffentliche Verwaltung könnte ja den Weg in die digitale Weltklasse aufzeigen – mit Finanzonline, einem Meilenstein in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, ist das schon gelungen. Sind weitere Vorreiterprojekte geplant?
STELZERJa, wir brauchen noch weitere solche Meilensteine! Wir sind auf dem Weg zu einem papierlosen Amt, um Verfahren digital und rasch abwickeln zu können – wenn man will. Wie man auch jetzt bei den Coronatests sieht: Für viele ist die Möglichkeit, sich digital anzumelden, eine Erleichterung. Man muss aber immer darauf achtgeben, dass es von der Breite der Bevölkerung angenommen wird.
Die Coronakrise hat jedenfalls viele Bereiche digitalisiert, die zuvor komplett analog waren. Zum Beispiel die Schule. Wie gelingt es nun, dass dieser Fortschritt nachhaltig ist und man nicht wieder in die Kreidezeit zurückfällt?
STELZERIch glaube, dass die Entwicklung unumkehrbar ist, weil wir uns alle an die Vorteile gewöhnt haben – ob im Bildungsbereich oder bei den vielen Möglichkeiten im Homeoffice. Wir versuchen gerade, die Schulen mit digitaler Infrastruktur auszustatten, um damit zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen. Ich bin natürlich dafür, dass der direkte soziale Austausch bald wieder möglich ist. Parallel dazu sollen aber die digitalen Entwicklungen stattfinden.
Was bedeutet Innovation für Sie?
STELZERInnovation ist sehr breit. Der innere Antrieb für Innovation ist die Frage: „Wie kann man Dinge verbessern?“ Erneuerung der Erneuerung wegen ist aber zu schmal. Innovation muss auch immer Verbesserung bedeuten. Dazu braucht es Ideenreichtum und Neugierde. Wichtig ist dann, dass es nicht bei der Idee bleibt, sondern der Schritt folgt, mit dem man die Idee ausprobiert und umsetzt.