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Es braucht mehr als Flügel zum Fliegen

Fahrzeuge, die durch die Straßenschluchten der Großstadt fliegen, untermalt vom betörenden Sound von Vangelis. Filmfans sehen Harrison Ford vor sich, der als „Blade Runner“ in einer dystopischen Welt Jagd auf Replikanten macht. Den Luftraum als nächste Dimension der Straße zu nutzen – aus dieser Utopie wird immer konkretere Realität. Über Senkrechtstarter und intelligente Batterien made in Austria, die die Flugtechnik von morgen mitbestimmen.

Der Senkrechtstarter für die Urban Mobility

Kein fliegendes Auto, sondern das Flugzeug der Stadt: Vor Kurzem hat das kalifornische Aerospace-Startup Archer Aviation sein Serienflugzeug „eVTOL Archer Midnight“ vorgestellt. Mit an Bord: ein bekannter Player aus dem Innviertel. Denn nicht nur die Rumpfelemente, sondern auch die Flügel stammen aus der Produktion des weltweit führenden Luftfahrtunternehmens FACC.

Das völlig neu konzipierte Urban-Air-Flugzeug wird bis zu vier Passagiere transportieren und kann für Trips bis zu 30 Kilometern eingesetzt werden. Es fliegt elektrisch, lautlos und sorgt mit seiner besonderen Antriebstechnik für den Einsatz in der Stadt: Es kann vertikal starten und benötigt keine klassische Start- und Landebahn. Wir haben den CEO von FACC, Robert Machtlinger, über die Zusammenarbeit mit Archer Aviation befragt.

Nach ersten Erfahrungen mit Archer, wie stellt sich die Zusammenarbeit für Sie dar?

Robert Machtlinger: Archer ist ein Hightech-Unternehmen mit klaren Zielen, ist extrem innovativ und agil. Archer und FACC verbindet eine sehr ähnliche DNA und Passion – und das macht die Zusammenarbeit besonders wertvoll. Im Silicon Valley entwickeln Spezialist:innen aus beiden Häusern die optimalen Lösungen. Bei Archer treffen verschiedene Welten aufeinander: die von Sicherheit und Prozessen getriebene Luftfahrt und die Agilität und Schnelllebigkeit von Silicon-Valley-Startups, gepaart mit Expert:innen aus der Automotive-Industrie.

Aus welchem Baustoff sind die Flugzeugteile gemacht?

Robert Machtlinger: Wir produzieren Hightech-Composite-Strukturen, die in der internationalen Luft- und Raumfahrt zum Einsatz kommen und vor allem durch ihre hervorragenden Leichtbaueigenschaften punkten. Dabei kommt je nach Verwendung ein Mix unterschiedlicher Materialien wie Karbonfasern, Titan oder hochfeste Aluminiumlegierungen zum Einsatz.

Ihr persönlicher Ausblick auf die urbane Luftfahrt. Welches Potential sehen Sie?

Robert Machtlinger: Der Urban-Air-Mobility-Bereich wächst rasant, entwickelt für sich völlig neue Technologien und Prozesse und bietet die Chance, autonome Systeme in den kommenden Jahren in den Serieneinsatz zu überführen. Gewonnene Erkenntnisse werden zeitverzögert auch in der Luftfahrt einsetzbar und dazu beitragen, das Fliegen noch sicherer und nachhaltiger zu gestalten. Die Marktprognosen für dieses neue Segment sprechen für sich – es kann ein 30-Milliarden-USD-Markt pro Jahr entstehen – und hier platzieren wir uns als technologischer Frontrunner in der Branche.

Welchen Platz wird Urban Air Mobility in Ihrem Leistungsspektrum einnehmen?

Robert Machtlinger: Wir verfolgen konsequent unsere Strategie, bis 2030 circa 30 Prozent unseres Umsatzes in den neuen Geschäftsfeldern Space und Urban Air Mobility zu erwirtschaften. Mit diesem Auftrag machen wir einen sehr wichtigen Schritt, um dieses Ziel zu erreichen.

Wir helfen in der Luft- und Raumfahrt mit, das CO-neutrale Fliegen in die Realität umzusetzen.

Robert Machtlinger CEO, FACC

Kleines Flug-Lexikon

Clean Aviation_ Programm der EU zur Entwicklung klimaneutraler Luftfahrttechnologie

Festkörperbatterie_ Lithium-Ionen-Akku mit einem Elektrolyten aus festem Material

VTOL_ Vertical Take-off and Landing

Intelligente Batterien für die Luftfahrt

„Aktuell wird in Europa viel investiert, um die Luftfahrt klimaneutral zu machen und um die europäische Batterieforschung und -produktion voranzubringen. In der Luftfahrt ist Europa Vorreiter, bei den Batterien laufen wir China, Korea oder den USA noch hinterher“, sagt Helmut Kühnelt, Senior Research Engineer am Austrian Institute of Technology (AIT) und der Koordinator jener EU-Projekte, die die Batterien der zukünftigen Luftfahrt mitentwickeln.

Bei „HighSpin“ entwickelt man die nächste Generation an Batteriezellen, die ohne kritische Rohmaterialien wie Kobalt auskommen. Und im „HELENA“-Projekt arbeitet man an einer Festkörperbatterie. Batterien für die Luftfahrt stellen eine spezielle Herausforderung dar, da sie bei möglichst geringem Gewicht möglichst viel Energie speichern, leistungsfähig, sicher und langlebig sein sollen. „Solche Zellen gibt es aktuell noch nicht, gerade wenn man größere Luftfahrzeuge damit versorgen will.“ Darüber hinaus werden am AIT in zwei EU-Projekten, „SOLIFLY“ und „MATISSE“, die Helmut Kühnelt koordiniert, sogenannte strukturelle Batterien für die Luftfahrt entwickelt – multifunktionale Bauteile, die sowohl elektrische Energie speichern als auch mechanische Lasten aufnehmen können. In welche Richtung geht die Forschung?

Die Batterie der neuen Generation ist intelligent – und vernetzt

Jede Batteriezelle wird einen Mikrochip enthalten, der den Status der Batterie und, im Falle der strukturellen Batterie, den Zustand der Struktur erfassen wird. Die Lebensdauer, den technischen Zustand, etwaige Schädigungen im Material. So lässt sich die Batterie besser in Echtzeit überwachen, was beträchtliche Optimierungen ihrer Integration und Nutzung ermöglichen wird.

Elektro versus Wasserstoff – oder geht beides zusammen?

Elektrische Antriebe haben eine hohe Effizienz, allerdings ist die Energiedichte der Batterie verhältnismäßig gering. Im Vergleich dazu schneidet hier Wasserstoff besser ab. Doch selbst in einem wasserstoffbetriebenen Flugzeug braucht man eine Batterie, um bei einem hohen Leistungsbedarf, wie etwa beim Take-off, Energie zuzuschalten. Denn die Brennstoffzellen sind auf Dauerlast, nicht auf Lastspitzen ausgelegt. Die Batterie der Zukunft wird in vielen Anwendungen zu finden sein – als Hauptantrieb bei Leichtflugzeugen, als Teil des hybridelektrischen Antriebs, als Betreiber von zusätzlichen Rotoren bis zu den vielfältigen Anwendungen im Flugzeuginneren selbst.

Der vorgelegte Zeithorizont ist sportlich

„Die Zeitvorstellung der Europäischen Kommission ist sehr sportlich, allerdings drängt es angesichts der Klimakatastrophe“, so der Wissenschaftler. So sollen laut ihrem Programm „Clean Aviation“ bis zum Jahr 2030 klimakompatible Flugzeugtechnologien demonstriert werden, um ab 2035 die ersten hybridelektrischen Regionalflugzeuge auf den Markt zu bringen. Und bis zum Jahr 2050 muss klimaneutrale Luftfahrt die neue Realität sein. „Es braucht diesen Ansporn, denn auch die Luftfahrt muss ihren Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Dazu werden Batterien ein wichtiger Puzzlestein sein.“_

Mit unserer Forschung im Bereich elektrischer Energiespeicher unterstützen wir das klimaneutrale Flugzeug der Zukunft.

Helmut Kühnelt Senior Research Engineer und Projektkoordinator, Austrian Institute of Technology

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