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Kulturbotschafter mal anders

Worum geht’s? Sport, Kunst oder Musik? Weder noch. Es geht um Unternehmenskultur. Darum, wie wir sie nicht nur pflegen, sondern aktiv weiterentwickeln müssen. Und darum, wie sie das Business beflügelt. Als Compliance-Enthusiast mit langjähriger Erfahrung im Topmanagement und Gründer von „.LOUPE“ – einer Compliance-Software aus der Praxis, für die Praxis – sieht sich Martin Reichetseder auch in der Rolle als Kulturbotschafter.

Das Podcastmikrofon glüht. Genau wie das Feuer in Martin Reichetseder, wenn er darüber spricht, wie Compliance die Unternehmenskultur fördert. Worüber er außerdem gesprochen hat? Wie Unternehmen auch wirtschaftlich davon profitieren, wenn sie sich für mehr Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (kurz: DEI) einsetzen. Und alle, die jetzt denken: „Ach, schon wieder so ein Woke-Bullshit!“, sollten sich diese Geschichte vielleicht genau deshalb zu Gemüte führen. Denn was viele nicht wissen: Martin spricht nicht einfach nur über dieses Thema, weil es nun mal gerade „en vogue“ ist. Nein.

Nach der Begrüßung in unserem Büro gehen wir auf direktem Wege an unserem Podcaststudio vorbei. „Das kann dauern“, denkt sich womöglich selbst das Mischpult in weiser Vorahnung. Denn zuerst plaudern wir über Gott und die Welt, verkosten einen spanischen Gin und hören einander zu. Nach ungefähr einer Stunde erzählt Martin, wie sein Ehemann jedes Mal beim Kochen den Salat nach dem Waschen für mindestens drei Stunden rasten lässt. „Da gibt es keine Diskussionen, ihn vorher zu essen, ist nicht erlaubt. Burhan hat das Kochen mitunter von meiner Oma aus dem Mühlviertel gelernt und verbindet es mit den Einflüssen der türkischen Küche, mit denen er aufgewachsen ist.“

Und nachdem er ausgeholt hat, um liebevoll bis ins Detail zu beschreiben, welche kulinarischen Highlights er durch seine Ehe mit Burhan erlebt, schlägt er auch ernste Töne an: über die Diskriminierung, der er tagtäglich ausgesetzt ist.

„Na, Prinzessin?!“

„Wer ist bei euch in der Beziehung der Mann und wer die Frau?“

„So schwul siehst du gar nicht aus!“

Der Gedanke daran, dass das nur die Spitze des Eisberges ist, schlägt auf den Magen. Die Lust auf türkisch-mühlviertlerisches Essen verfliegt. Was ist der Zweck solcher Kommentare? Mal abgesehen von offensichtlicher Diskriminierung, für deren Erkenntnis es noch nicht einmal Feingefühl braucht. Warum sollte auch nur ein Mensch auf dieser Welt das verdient haben? Ein wahres Schockerlebnis – noch vor dem Interview. Deshalb widmen wir uns in diesem dem Eingemachten. Und den Mythen, die sich um Compliance, Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion ranken.

Mythos 1: Verstöße sind Einzelfälle.

„Während klassische Compliance-Themen wie Korruption oder Kartellrechtsverstöße Risiken sind, die nicht jeden Tag aufs Neue entstehen, ist das bei Mobbing, Diskriminierung und Ungleichbehandlung leider der Fall. Daher müssen wir in der Compliance Awareness dafür schaffen. Woke zu sein bedeutet im eigentlichen Sinne, wachsam zu sein – aber zuletzt hat sich dieses Bild in der gesellschaftlichen Wahrnehmung leider in eine negative Richtung entwickelt. Und zwar deshalb, weil es vielen Leuten ein Gefühl vermittelt, gar nicht mehr zu wissen, was man eigentlich sagen darf.“ An dieser Stelle sieht der Experte auch die Betroffenen in der Pflicht. „Ein derart sensibles Thema lebt davon, es mit Vernunft anzugehen und Menschen bewusst mitzunehmen.“ Nur wie? Wer betroffen ist, solle selbst einmal versuchen nachzufragen, wie ein bestimmter Kommentar oder eine diskriminierende Äußerung denn zu verstehen sei. „Ohne zu verurteilen, sondern in einer Art und Weise, die Bewusstsein schafft. Ich selbst richte mich stets nach meinem moralischen Kompass und dennoch wird es auch mir nicht gelingen, in meinem Leben niemals jemanden diskriminiert zu haben. Und genau in diesen Momenten wünsche ich mir, dass mich die betroffene Person auf meine Grenzüberschreitung aufmerksam macht und ich diese reflektieren kann.“

Nicht alle Menschen trauen sich das, dessen ist er sich bewusst. „Und selbst wenn, steht noch nicht fest, dass ihr Gegenüber es genauso reflektiert wie ich. Deshalb ist es die Aufgabe aller und insbesondere von jenen, die Compliance-Officer sind, derartige Missstände anzusprechen, dazu beizutragen, sie zu beseitigen, oder zumindest darauf hinzuweisen.“ Compliance bedeute nicht nur Regeltreue, sondern Beziehungsmanagement. „Risiken entstehen durch Menschen und diese sind wiederum auch Teil der Lösung. Während die Regeltreue lediglich das Ziel dieser Prozesse ist.“

Mythos 2: Diversität ist eine Modeerscheinung.

„Die Menschenrechte existieren nicht erst, seitdem die Themen Nachhaltigkeit und Lieferkettensorgfalt aufgekommen sind. Diese stellen die Würde des Menschen ins Zentrum und bewusst unter Schutz.“ Und darum gehe es im Kern: Die seit jeher zu akzeptierende Einzigartigkeit von Menschen zu schützen. „Überspitzt formuliert: Bei Diversity-Themen geht es nicht darum, ob sich jemand als Autotür identifiziert und ich sofort diskriminierend bin, wenn ich nicht frage, ob es sich um eine grüne oder rote Autotür handelt.“ Das gehe völlig an der Grundidee vorbei. „Es geht darum, ein gesamtgesellschaftliches Umdenken zu fördern und von der Einzigartigkeit des Menschen zu profitieren.“

Mythos 3: DEI und Compliance sind geschäftsschädigend.

Bevor sich die wirtschaftliche Frage überhaupt stellt, steht ein Aspekt gar nicht erst zur Debatte. „Unternehmen müssen verstehen, dass Grund- und Menschenrechte nicht verhandelbar sind.“ Wem also die Motivation fehlt, der sollte sich zumindest der Rechtslage bewusst werden. Eine intrinsische Motivation, dieses Thema voranzutreiben, sei aber aus mehreren Gründen wünschenswert. „Denn wer – mit Verlaub – eine Scheißkultur im Unternehmen pflegt, leidet nachweislich unter stärkerer Fluktuation. Das treibt die internen Kosten für Recruitingprozesse, Stellenausschreibungen und verlorengegangenes Know-how in die Höhe – Zeit ist Geld. Das zweite Risiko ist, dass durch Mundpropaganda und im Zeitalter von Bewertungsportalen wie Kununu die Topbewerberinnen plötzlich ausbleiben.“

Zudem seien Reputationsschäden per se nicht in Geld zu bemessen. Insbesondere dann, wenn man in den Lieferketten der eigenen Partnerunternehmen – Stichwort Lieferkettengesetz – für diese selbst plötzlich zum Risiko wird. „Kulturmanagement und Compliance verhindern solche Risiken proaktiv und schaffen Freiräume, die eine Riesenchance bieten. Und nicht zuletzt sollte es im Interesse jedes Unternehmens liegen, ein integres Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich alle ordentlich verhalten und anständig miteinander umgehen.“_

Die Verletzung von Menschenrechten kann und darf kein Business Case sein.

Martin Reichetseder CEO, .LOUPE

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