Thomas Stelzer
ÖVP Oberösterreich
9.30 Uhr. Pünktlich auf die Minute. Ein herzliches „Hallo“, ein offenes Lächeln, ein dezenter, aber guter Schmäh. Wie aus einem Lehrbuch mit dem Titel „Der musterhafte Auftritt“. Und ja, vor ein paar Jahren wurde Thomas Stelzer, damals noch Klubobmann der OÖVP, tatsächlich als „Pühringers Musterschüler“ bezeichnet. Seit April 2017 hat er Josef Pühringers Funktion als Landeshauptmann übernommen, im September 2021 stellt er sich selbst der Wahl. Den Job des Landeshauptmannes kennt er also schon über vier Jahre lang. Trotzdem oder gerade deshalb möchte er ihn für die nächsten sechs Jahre weiter übernehmen. Warum? Wir fragen ihn.
Was sind die ersten drei Aufgaben, die Sie angehen möchten, wenn Sie bei der Wahl im September wieder die Verantwortung dafür bekommen?
StelzerIch möchte erstens dafür sorgen, dass der derzeitige Aufschwung nach der Krise eine langfristige Erfolgsgeschichte für Oberösterreich bleibt. Zweitens, dass die Klimaschutzmaßnahmen konsequent weitergeführt werden. Und drittens, dass auch das politische Klima in Oberösterreich weiterhin auf Zusammenhalt und Zusammenarbeit beruht.
Was steht ganz oben am Anforderungsprofil für den Job des Landeshauptmannes?
StelzerGanz klar zu wissen, was man für dieses Land will. In meinem Fall war und ist es: ein Land der Möglichkeiten schaffen. Es soll hier besser sein als anderswo. Für diese Vision brenne ich. Eine andere, sehr wesentliche Herausforderung ist: Man muss einfach gern und ohne Vorbedingungen mit Leuten zusammenkommen wollen, und zwar immer. Denn Landeshauptmann zu sein ist eine Aufgabe, bei der man nicht sagen kann: Jetzt bin ich es mal für zwei Wochen nicht, weil ich Urlaub mache. Und: Man muss darauf achten, dass jedes Thema und jedes Anliegen seine Bedeutung hat. Es gibt keine kleinen oder großen Anliegen, man muss alles gleich wichtig nehmen. Denn für diejenigen, die es betrifft, ist es gerade das wichtigste Anliegen.
Ein Anliegen, das wohl gerade alle gleichermaßen betrifft: das Ende der Pandemie. Die Impfung wird hierzu von den meisten Experten als im Moment einzige Lösung gesehen. Nun zeigt aber eine aktuelle Umfrage des GALLUP-Instituts, dass es neben Salzburg die meisten Impfskeptiker in Oberösterreich gibt. Wie möchten Sie die Impfbereitschaft erhöhen?
StelzerIch glaube, das Wichtigste ist, das Bewusstsein zu schaffen: Wir werden das Virus nicht aussitzen, es wird nicht irgendwie vorbeigehen, es bleibt. Will man sich also selbst, seine Familie, andere Menschen schützen, dann gibt es einfach nur eine wirksame Methode, und die ist das Impfen. Und daher werden wir das immer sehr breit, sehr niederschwellig anbieten. Denn ich glaube, dass sich das nach und nach bei sehr vielen durchsetzen wird. Und was das Suchen nach Lösungen für die Herausforderungen rund um die Corona-Krise betrifft: Führen heißt für mich im Wesentlichen immer zusammenführen. Und ich glaube, in Oberösterreich kann man das ja sehen. Wir arbeiten gut miteinander, wir bringen vieles vorwärts.
Eine der großen Fragen, die im Raum stehen, ist: Wer wird die Krise bezahlen? Was ist Ihre Antwort darauf?
StelzerWir haben jetzt alle miteinander, egal ob Land, Bund oder Gemeinden, viele Schulden angehäuft, also Geld ausgegeben, das wir noch nicht haben, um gestärkt aus der Krise zu kommen, Förderungen auszuzahlen, Investitionen zu tätigen. Ich sehe einen Lichtblick, nachdem die Wirtschaft in Oberösterreich wirklich viel stärker wächst, als das irgendwer erwartet hat. Damit steigen auch die staatlichen Einnahmen schneller, als wir geglaubt haben. Das wird einen Teil der Schulden begleichen. Das andere ist, worauf man sich aber nicht ausruhen darf, dass Geld durch die Nullzinsenpolitik in Europa derzeit weniger kostet. Es ist zwar nicht optimal, wenn man Schulden macht, aber es ist aktuell nicht so dramatisch wie in anderen Situationen. Und der dritte Punkt: Sobald wir wirtschaftlich über den Berg sind und die Krise vorbei ist, werden wir versuchen, schnellstmöglich wieder zum oberösterreichischen Weg „Chancen statt Schulden“ zurückzukehren.
Was verstehen Sie unter nachhaltiger Politik?
StelzerDass bei einer Entscheidung, die heute zu fällen ist, nicht im Vordergrund steht: Wie kommen wir jetzt durch und wie läuft das dann in diesem Jahr? Sondern dass man immer mitbedenkt: Was löse ich damit in den nächsten Jahren aus? Oder: Welche anderen Themen müssen mitbedacht werden? Also ja nie mit Tunnelblick zu entscheiden, sondern immer den Blick weit zu machen. Das gilt eigentlich für die allermeisten Maßnahmen. Und das Wichtigste ist dabei, im Hinterkopf zu behalten, dass eine andere Generation mit unseren Entscheidungen weiterleben muss und daher daraus das Beste machen soll können.
Wie überzeugen Sie jene Menschen in Oberösterreich, Ihnen ihre Stimme zu geben, die vielleicht nicht selbstverständlich die ÖVP wählen, zum Beispiel …
… eine freischaffende Künstlerin?
Stelzer_Das Kulturland Oberösterreich ist immer ganz besonders von den ÖVP-Landeshauptleuten geprägt worden, von meinen Vorgängern und auch von mir. Wir haben vor allem jetzt in der schwierigen Krisenzeit die Künstlerinnen und Künstler mit ganz vielen Sondermaßnahmen unterstützt, um sie nicht nur durch die Krise zu bringen und zu erhalten, sondern ihnen auch Perspektiven zu geben. Und zwar ohne – und das ist mir ganz wichtig – Bewertungen oder inhaltliche künstlerische Voraussetzungen. Denn für mich ist klar: Kunst kann nur gut sein, wenn sie sich frei entfalten kann.
… einen Langzeitarbeitslosen?
Stelzer_Er hat es besonders schwierig – insbesondere, wenn er täglich in der Zeitung liest, dass wir Beschäftigungsrekorde haben, ihm das aber nichts nützt. Daher haben wir ganz speziell für diese Gruppe der Langzeitarbeitslosen Programme und Projekte aufgelegt, in denen wir Firmen, aber auch Gemeinden, wenn sie Langzeitarbeitslose aufnehmen, einen Großteil der Lohnkosten abnehmen, damit diese im Arbeitsprozess wieder Fuß fassen können. Dazu gibt es Begleitungen, die das Selbstwertgefühl entsprechend stärken. Und das Schöne ist, wir sehen jetzt von Monat zu Monat, dass wir auch bei den Langzeitarbeitslosen in den Zahlen wieder herunterkommen.
… eine pflegende Angehörige?
Stelzer_Pflegende Angehörige werden von uns nicht nur ganz stark im Auge behalten, sondern auch wirklich unterstützt. Weil wir die Herausforderung Pflege in unserem Land momentan gar nicht meistern könnten, wenn nicht viele im Familien- und privaten Bereich das machen würden. Darum brauchen wir auch Entlastungsmöglichkeiten – wir haben schon damit begonnen und werden noch viel stärker Kurzzeitpflegemöglichkeiten aufstocken. Wir haben auch gemeinsam mit dem Bund geplant, einen Pflege-daheim-Bonus zu schaffen, damit man auch finanziell zumindest ein wenig entlastet wird. Und wir möchten auch beim Pflegegeld als wichtige Finanzquelle in der Pflege Verbesserungen erzielen.
… einen Arbeiter (bei MAN)?
Stelzer_Der weiß, glaube ich, ganz genau, dass gerade wir und ich in der schwierigen Phase, als der Volkswagenkonzern verkündete: „Wir werden Steyr schließen“, nicht diejenigen waren, die plakative Demonstrationen gemacht haben. Sondern diejenigen, die wirklich bei Volkswagen, bei MAN, bei möglichen Investoren unterwegs waren, um alles für den Fortbetrieb zu tun. Und das ist jetzt einmal für einen Großteil der Mitarbeiter gelungen. Und im Hinblick auf das Konzept glaube ich sehr stark daran, dass schon in wenigen Jahren mehr Leute dort arbeiten werden, als momentan noch beschäftigt sind.
… eine Studentin?
Stelzer_Die brauchen wir dringend und daher ist sie auch bei uns gut aufgehoben. Denn momentan ist eine der größten Herausforderungen im Land der Mitarbeitermangel auf allen Ebenen, in allen Qualifikationen. Unsere Wirtschaft läuft in den meisten Bereichen so gut, dass ganz viele Unternehmen dringend Leute suchen, ganz besonders natürlich Uniabsolventinnen und -absolventen. Mit der neuen Technischen Uni für Digitalisierung werden wir noch stärker versuchen, dass wir schon während des Studiums ganz unkomplizierte Andockstellen zu Wirtschaft und Forschungsprojekten schaffen, weil das ein Riesenvorteil Oberösterreichs ist und noch mehr werden kann: Ich kann während des Studiums schon gewisse Dinge erproben und auch schon in ein Unternehmen oder in ein Projekt hineinwachsen.
Von 100 Österreichern: Wie viele, glauben Sie, wählen bei einer Landeswahl eine andere Partei als bei der Bundeswahl?
StelzerAbgesehen von der Wahl im Jahr 2015 war es bisher immer so, dass das Ergebnis der Landes-ÖVP deutlich über dem bundesweiten Wahlergebnis der ÖVP gelegen ist. Also ich glaube schon, dass viele Wählerinnen und Wähler ganz genau schauen, wem sie die Verantwortung in Oberösterreich zutrauen. Und darauf werde ich natürlich auch setzen.